Die Umfragen nach dem Schlaganfall Ariel Sharons weisen darauf hin,
dass sich Kadima auch unter der Führung von Ehud Olmert großer Unterstützung
erfreut. Das ist eine gute Nachricht für ihn und die Partei, aber in den
drei Monaten bis zu den Wahlen kann noch sehr viel passieren.
Olmert beeindruckte als Partner Sharons und als Minister in zwei
Regierungen. Nicht nur hat er gemeinsam mit Sharon die Linien in Richtung
Mitte überquert, er tat dies auch offen und entschlossen, was auf
politischen Mut hindeutet. Sein Erfolg bei der Erweiterung der
Handelsbeziehungen Israels mit Ländern in aller Welt weist darauf hin, dass
er von der internationalen Staatengemeinschaft akzeptiert wird. Olmert fehlt
jedoch das Ansehen, das Ariel Sharon bei den israelischen Bürgern, seinen
Gegnern und seinen Befürwortern, für seine Leistungen sowohl auf dem
Schlachtfeld, als auch auf der politischen Plattform genossen hat.
Sharon hatte sich dieses Ansehen in jahrzehntelanger Arbeit verschafft.
Wenn Olmert die Hoffnung auf eine Änderung bewahren will, die die
Befürworter Kadima motiviert, dann muss er ihr Vertrauen gewinnen und
beweisen, dass auch er zu großen Taten fähig ist. Das Problem ist, dass er
dafür nur sehr wenig Zeit hat. An Gelegenheiten mangelt es jedoch nicht. Auf
dem militärischen Bereich kann er weitgehende Maßnahmen zur Fertigstellung
des Trennzauns ergreifen. Sollten die Terrorakte in Gaza und der Westbank
anhalten, kann er mit harter Faust gegen sie vorgehen.
Er kann die Vorwürfe zurückweisen, Israel sei an dem Chaos in der PA
schuld, indem er beschließt, die palästinensischen Wahlen in keiner Form zu
stören, auch wenn Hamas teilnimmt. Dies würde auf politische Schlauheit und
Mut hinweisen und es ihm ermöglichen, in der Zukunft Entschlossenheit zu
demonstrieren, wenn ersieh weigert, Kontakte mit einer PA zu unterhalten,
der die Hamas angehört, falls diese sich nicht ausdrücklich für das
Existenzrecht Israels ausspricht und ihren militärischen Arm auflöst.
Olmert kann in den kommenden Monaten weitere Themen der Tagesordnung
Sharons vorantreiben. Zum Beispiel erwarten es die Kadima-Wähler von ihm,
nachdrücklich gegen die Siedler in Hebron vorzugehen, oder gegen Siedler,
die illegale Outposts gründen oder die Olivenbäume der Palästinenser
entwurzeln. Sollte er dabei zögern, würde er damit die Gelegenheit verpassen
zu beweisen, dass auch er zur entschlossenen Führung in der Lage ist, der
den Herausforderungen der Rechten gewachsen ist und auch in Zukunft
Siedlungen räumen wird, wie Sharon es geplant hatte.