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Komplimente und Tumulte:
Merkel in Jerusalem und Ramallah

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Für die Presse begann der Merkelbesuch in Israel mit einer halbstündigen präzedenzlosen Körperdurchsuchung im Keller des King David Hotels. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Gespräch mit dem amtierenden Premierminister Ehud Olmert führte, mussten die Journalisten sich Hände, Handy und sogar das durchsichtige Feuerzeug aus Plastik auf Sprengstoff abtasten und durchleuchten lassen.

Im großen Festsaal waren fünfzehn Fernsehkameras aufgebaut, um den "ersten Besuch einer deutschen Kanzlerin, der vorzüglichen Vertreterin eines großen Freundes des Staates Israel" in alle Welt zu übertragen. Olmert überschüttete Merkel mit Komplimenten und überschwänglicher Freundlichkeit. Pflichtgemäß schnitten beide Politiker das "schmerzhafte Thema Vergangenheit" an. Olmert wiederholte die schon abgedroschene Formel: "Die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland können niemals normal sein. Sie werden immer spezifisch sein." Merkel machte darauf ihre wohl überraschendste Äußerung: "Ich habe fünfunddreißig Jahre lang in einem Deutschland gelebt, das Israel nicht anerkannt hat und nicht auf vierzig Jahre diplomatischer Beziehungen zurückblicken konnte. Mein Land tat genau das Gegenteil von dem, was es als Lehre aus der Singularität des Holocaust hätte ziehen müssen."

Mit diesen persönlichen Worten hatte Merkel ihren israelischen Gastgebern ein Zeichen gesetzt, wie ernst sie es mit den "lebendigen Beziehungen" zwischen beiden Ländern meinte. Dieses aufrichtige Bekenntnis gab auch ihren Erklärungen zu der höchst komplizierten aktuellen Lage ein besonderes Gewicht. Ariel Scharons Abtritt von der politischen Bühne und der überraschende Wahlsieg der Hamas hatte Merkel angeblich in letzter Minute zögern lassen, ob dieser Zeitpunkt der richtige für einen Besuch in Jerusalem und Ramallah war. "Sie hatte vor ihrer Wahl erklärt, wie wichtig ihr, die in der DDR mit Hasspropaganda gegen Israel aufgewachsen ist, ein baldiger Besuch in Jerusalem war", sagte der ehemalige Botschafter Avi Primor.

In Anwesenheit von Olmert, beim Staatspräsidenten und den Oppositionsführern wiederholte Merkel drei klare Bedingungen an die islamistische Hamas-Partei. Im palästinensischen Parlament hatte die Hamas auf demokratischem Wege die absolute Mehrheit erlangt. Eine Regierungsbeteiligung steht außer Frage. Eine Absage an den Terror, eine Anerkennung des Existenzrechts Israels und die Akzeptanz der bisher abgeschlossenen Verträge seien Bedingungen, ohne deren Erfüllung Deutschland und die EU keinen Kontakt mit der Hamas aufnehmen würden. Abhängig davon sei auch die weitere Finanzierung der Autonomiebehörde. "Deutschland muss seiner Verantwortung Rechnung tragen. Wir müssen zeigen, dass wir an unsere Werte gebunden sind", sagte sie in einer kurzen Abschlusserklärung, ehe gepanzerte Jeeps der deutschen Repräsentanz sie durch den Sperrwall nach Ramallah brachten. Merkel versprach, ihre Bedingungen genau so klar nach Ramallah zu tragen, wo sie am Nachmittag mit Präsidenten und Vorsitzenden der abgeschlagenen Fatah-Partei, Mahmoud Abbas, zusammentreffen wollte.

"Abbas ist uns natürlich sehr wichtig. Ein Chaos in den Palästinensergebieten wäre fatal. Aber wir können auch keine Gelder an eine Terrororganisation überweisen, wie es die Hamas nun einmal ist", meinte im Privatgespräch ein sehr hoher israelischer Beamter und fügte verbittert hinzu: "Mit schwach, schwach, schwach, wie es Abbas immer wieder sagt, kann man ein Land nicht in den Griff bekommen." Ein ebenso hoher deutscher Beamte machte sich Sorgen aus Ratlosigkeit: "Wird es etwa zum Putsch der Fatah-Polizisten kommen, sowie die Hamas ihr Befehle erteilt? Hat Merkel nicht zu viele Bedingungen gestellt, die am Ende nicht eingelöst werden können? Was würden Sie Frau Merkel raten?"

In Arafats teilweise wiedererrichteten Hauptquartier in Ramallah, der Mukata, ließ Merkel das Grab des verstorbenen Präsidenten links liegen. Es ist heute von einem tiefen Graben umgehen und hinter einem hölzernen Bauzaun versteckt. Ein Schild weist darauf hin, dass die mit europäischen Geldern ausgestattete Aufbaugesellschaft Pecdar die Errichtung eines pompösen Mausoleums mit Moschee und Versammlungssaal durchführt.

Die gemeinsame Pressekonferenz war wie ein Dialog der Tauben. Der in Moskau studierte Abbas las auf arabisch vom Blatt alle klassischen Formeln der Verpflichtungen zum Friedensprozess ab. "Die Palästinenser haben ihren Willen zu einem demokratischen Staat bewiesen." Die Hamas wurde mit keinem Wort erwähnt. Merkel wiederholte in einem scharfen, schon fast unhöflichen Ton ihre drei Bedingungen an die Hamas im Falle ihrer Regierungsbeteiligung. "Wir brauchen schnelle Klarheit" sagte sie und "glaubte" bei Abbas "auf ein offenes Ohr gestoßen zu sein". Als die Delegationen den Saal verließen, wo ein fernsehgerechter, aus Deutschland mitgebrachter, blauer Vorhang die identische Kulisse bot, wie am Vorabend für die Pressekonferenz mit Olmert, kam es zu Tumulten: "Frau Merkel", schrie ein aufgebrachter Palästinenser, "wollen Sie etwa das palästinensische Volk verhungern lassen?"

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 30-01-2006

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