Die bei den Linken beliebteste konservative Politikerin:
Die neue Außenministerin Zipi Livni
Seit
beinahe sieben Jahren befindet sich Zipi Livni auf der politischen Bühne,
zunächst als einfache Knessetabgeordnete, später als Ministerin mit den
unterschiedlichsten Aufgaben. Doch als Justizministerin wuchs ihre
Popularität in der Öffentlichkeit. Im vergangenen Jahr verbesserte sich ihr
Image als professionelle und verlässliche politische Persönlichkeit. Durch
ihre völlige Verpflichtung zur Abkopplung wurde Livni zu einer der
politischen Persönlichkeiten, die Sharon am nächsten standen, und so wurde
sie Mitglied der kleinen Gruppe, welche die "Kadima" heute anführt.
Livni, 47 Jahre alt, kommt aus einer Familie, die voll in der Tradition der
Betar-Bewegung stand ("Brit Yosef Trumpeldor", Jugend-Bewegung, 1923 von
Zeev Jabotinsky in Riga gegründet). Ihr Vater, Eitan Livni, war zentrales
Mitglied von Betar und gehörte zur Etzel-Organisation. Später war er dreimal
Knessetabgeordneter des Likud. Nach ihrer Entlassung aus der Armee mit dem
Rang eines Oberstleutnant arbeitete Livni vier Jahre lang beim Mossad. Nach
Beendigung ihres Jurastudiums an der Universität Bar Ilan und einer
Spezialisierung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht arbeitete sie zehn Jahre in
einer Rechtsanwaltskanzlei. 1996 trat sie zum ersten Mal bei den Primaries
im Likud an, schaffte es jedoch nicht, in die Knesset gewählt zu werden und
amtierte als Generaldirektorin der Behörde für staatliche Betriebe.
1999 trat sie wieder für den Likud an. Obwohl die Partei nur 19 Mandate
erhielt, erreichte Livni einen Sitz im Parlament. Nach zwei Jahren, als
Sharon an die Spitze der Regierung gewählt wurde, begann auch die
ministeriale Karriere Livnis. Zunächst als Ministerin für regionale
Zusammenarbeit und später in der großen Koalition als Ministerin ohne
Geschäftsbereich und als Landwirtschaftsministerin. Nach den Wahlen von 2003
wurde sie zur Ministerin für Immigration und Integration ernannt, im
Anschluss auch zur Wohnungsbauministerin.
Im Dezember 2004, nach der Amtsniederlegung von Josef Lapid, wurde Livni
stellvertretende Justizministerin, da sich Sharon wegen Gerichtsverfahren,
die gegen ihn liefen, keine andere Regelung erlauben konnte. Etwa einen
Monat später erhielt sie die Ernennung zur Justizministerin, ein Amt, das
sie als für sich "ideal" und ihren "Traumjob" bezeichnete. Bis heute galt
sie als außergewöhnliche Justizministerin, als professionell, resolut und
aufgeschlossen für Reformen in einem konservativen Ministerium. Von den
Brennpunkten der Macht im juristischen Forum ließ sie sich nicht
abschrecken. Zwar fehlte es in der Vergangenheit nicht an Justizministern
mit diesen Eigenschaften, aber anders als sie schreckte Livni nicht vor
öffentlichen Machtkämpfen zurück und gab sich nicht mit
Meinungsverschiedenheiten zufrieden.
Die größte Schlacht, in die sie zog, und die wohl für ihre gesamte Amtszeit
bezeichnend ist, drehte sich um ihre nicht geringe Unterstützung der
Berufung von Prof. Ruth Gabison zum Obersten Gerichtshof. Die Initiative
wurde zu einem persönlichen Kampf gegen den Präsidenten des Obersten
Gerichtshofs Aharon Barak und umfasste eine Pressekampagne beider Seiten.
Letztendlich gelang es Livni nicht, eine Mehrheit für Gabison zu erzielen.
Als sie schließlich eine Kommission einberufen wollte, nachdem sie dies
während fast ihrer gesamten Amtszeit hinausgezögert hatte, erkannte sie,
dass in dieser Amtszeit nichts mehr zu machen ist.
Im Laufe der Sommermonate während der Abkopplung vom Gazastreifen und der
nördlichen Westbank spannte Livni das gesamte Justizministerium zur
Bearbeitung der endgültigen Ergebnisse des Programms ein. Damit begann sie
ihr sauberes Image zu festigen und wurde zur beliebtesten konservativen
Politikerin bei den Unterstützern der Linken. Livni wurde eingeladen, auf
einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 10. Jahrestages der Ermordung von
Ministerpräsident Yitzhak Rabin eine Rede zu halten. Außerdem erhielt sie
die Auszeichnung für ihr vorbildliches politisches Engagement. Neben der
Initiierung neuer Projekte wie des Plans zur Bekämpfung der organisierten
Kriminalität oder der Initiative zum Aufbau eines Zentrums für Opfer
krimineller Gewalt, konnten im Laufe ihrer Amtszeit als Justizministerin
kaum herausragende Erfolge verzeichnet werden.
Neben ihrem Streben nach dem Amt der Justizministerin wird Livni von
weiteren Ambitionen auf politischer Ebene geleitet. Sie will Einfluss nehmen
auf den Friedensprozess. Nachdem sie gemeinsam mit Sharon den Likud
verlassen und der "Kadima" beigetreten war, verfasste Livni das politische
Parteiprogramm für die neue Partei. E ist ihre erklärte Meinung, dass der
Staat Israel auf Teile von Erez Israel verzichten müsse, um Israel als
demokratischen Staat mit einer jüdischen Mehrheit zu erhalten. Das Problem
der palästinensischen Flüchtlinge sollte im Rahmen der Errichtung eines
palästinensischen Staates gelöst werden. Ihre Erfahrung im internationalen
Bereich umfasst nach eigenen Angaben drei Treffen mit US-Außenministerin
Condoleezza Rice.
Yuval Yoaz, Haaretz, 15.1.,
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