Auch im diplomatischen Corps:
Anarchie in der Palästinensischen Autonomiebehörde
Die Anarchie, die die Palästinensischen Autonomiegebiete
belastet, - so berichtete die arabische Tageszeitung "Al-Quds Al-Arabi" –
ist auch zu einer Herausforderung für das palästinensische diplomatische
Corps im Ausland geworden. Botschafter, die in Pension geschickt werden
sollten, weigern sich, ihren Platz zu räumen. Ein Botschafter der
Palästinensischen Autonomiebehörde in den Vereinigten Arabischen Emiraten
verwandelte die Botschaft in ein privates Büro. Ein anderer Botschafter bat
das Gastland, in dem er die Autonomiebehörde vertrat, sich dafür
einzusetzen, ihn als Botschafter im Amt zu lassen.
Sechs Botschafter und Leiter von Vertretungen in mehreren Staaten weigerten
sich, die Außenministerien vor Ort über ihre Nachfolger zu unterrichten und
um ein Agrément zu bitten. So waren der palästinensische Außenminister
Alqadwa und der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde Abu Mazen
gezwungen, sich persönlich einzumischen, um die Staaten auch ohne die gemäß
dem Protokoll erforderlichen Zustimmung zu der neuen Ernennungen zu bewegen.
Ein Teil der Nachfolger, über die Minister Alqadwa entschieden hatte, traten
jedoch ohne Krisen ihr Amt an, insbesondere in einigen europäischen Staaten
und trotz der Distanzierung Alkadumis. Doch in einem Teil der Vertretungen
gab es Probleme. Einige alteingesessene Diplomaten weigerten sich, ihre
Ämter zu verlassen oder auch nur ihre Fahrzeuge abzugeben bzw. den Stuhl für
den Nachfolger freizumachen.
Der diplomatische Vertreter der Palästinenser in den Emiraten Khaled Malek
bekam eine neue Aufgabe und dient als Berater in Angelegenheiten der
Golfregion im palästinensischen Außenministerium. Er traf die Entscheidung,
alle Mittel der palästinensischen Botschaft „auszuleihen“. Er hielt sich
weiter in der Botschaft auf und nutzte die diplomatische Vertretung für
seine neue Aufgabe. Die Regierungsvertreter, die in der Botschaft arbeiten,
waren sehr verwundert und baten die Palästinensische Autonomiebehörde um
Erklärung. Es wurde berichtet, dass der neue Berater die Kontrolle über den
Stab der Botschaft und ihre Arbeiter an sich riss, ohne dass dies weder mit
Außenminister Nasser Alqadwa vereinbart noch mit ihm darüber beraten worden
war. Botschafter Malek hisste über dem Stab die palästinensische Flagge und
beschloss eigenwillig, auch deren Mitarbeiter für sich arbeiten zu lassen.
Der neue Botschafter (der zuvor als Botschafter in Moskau diente) hat noch
nicht offiziell sein Amt in den Emiraten aufgenommen, aus Furcht vor
Auseinandersetzungen mit Khaled Malek.
In einem weiteren Fall mischte sich Abu Mazen persönlich in eine Krise ein,
für die Botschafter Tahsin Mikati gesorgt hatte. Aus Protest gegen die
Ernennung seines Nachfolgers in Katar weigerte er sich, die Bitte um ein
Agrément für den neuen Botschafter Manir Aanam einzureichen, trotz des
Drucks, dem er sich seitens der Palästinensischen Autonomiebehörde
ausgesetzt sah. Erst nach der Einmischung Abu Mazens und nachdem er sich
während seines Besuchs in Doha direkt an die Regierung von Katar gewandt
hatte, stimmten die Katarer der neuen Ernennung zu.
Der Botschafter in Rom, Namar Hamad, weigerte sich, ein Agrément für seinen
Nachfolger Tsabari Atia einzuholen, der von Alqadwa ernannt wurde.
Einer der Botschafter in einem arabischen Staat in Afrika bat das Land, in
das er entsandt war, sich einzumischen, um im Amt bleiben zu können. Ein
anderer Botschafter in einem osteuropäischen Staat weigerte sich, sein Amt
niederzulegen und begründete dies damit, dass er persönlich die Botschaft
mit seinem eigenen Geld errichtet habe.
Die Botschafter im Ausland stehen noch immer einer schweren finanziellen
Krise gegenüber und fordern eine Aufstockung der Budgets. Einige neue
Botschafter fordern sehr große Budgets als Bedingung für die Erfüllung ihres
Auftrags. Aus einem der ärmeren Staaten wurde berichtet, dass der neue
palästinensische Botschafter mindestens eine Viertel Million Dollar
forderte, damit er seine Verpflichtungen als Vertreter der Palästinensischen
Autonomiebehörde aufnimmt.
Die oben genannten Vorkommnisse spiegeln den Machtkampf zwischen dem
palästinensischen Außenminister Nasser Alqadwa und dem Leiter der
politischen Abteilung der PLO Farouk Alkadumi wider. Obwohl diese Ereignisse
anekdotischen Wert haben, verkörpern sie den Überlebenskampf Kadumis und
sein Ringen um Verantwortungsbereiche. Angesichts der seit langem sichtbaren
Tendenz, die Palästinensische Autonomiebehörde auf Kosten der PLO zu
stärken, berichtete die "Al-Quds Al-Arabi", dass im Laufe der letzten Wochen
einige Staaten im Golf (die Emirate, Katar, Bahrain) mitgeteilt haben, dass
keine weiteren finanziellen Hilfszahlungen mehr direkt an die Einrichtungen,
die der PLO angehören, gehen werden und sie statt dessen beabsichtigen, die
Gelder direkt an die Palästinensische Autonomiebehörde zu leiten. Außerdem
wurde mitgeteilt, dass dieser Schritt mit dem Vorsitzenden der
Palästinensischen Autonomiebehörde Abu Mazen vereinbart wurde.
Al-Quds Al-Arabi, 12.1.,
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