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Middle East Roundtable / Edition 4

Mehrfache Belagerungen:
Interview mit Hanan Ashrawi

[ENGLISH]

bitterlemons: Wie schwer ist es auf praktischer Ebene, in Jerusalem den Wahlkampf zu führen?

Ashrawi: Ich kandidiere für die nationale "Liste des Dritten Weges" und das nicht nur für den Bezirk Jerusalem. Aber wir haben drei Leute auf der Wahlliste, die in Jerusalem kandidieren, und es ist extrem schwierig, dort den Wahlkampf zu führen.

Wir haben als Trotzhandlung und als Zeichen unserer Entschlossenheit beschlossen, unseren Wahlkampf in Jerusalem zu eröffnen. Jerusalem ist die Hauptstadt und sie muss im Mittelpunkt eines jeden demokratischen oder politischen Prozesses stehen. Das war ein politischer Akt, um diese Tatsache zu bekräftigen. Aber wir wurden mit der israelischen Polizei und der Grenzpolizei konfrontiert, sie schritten mit Gewalt ein, um uns am Wahlkampf zu hindern.

Wir setzten den Wahlkampf trotzdem fort und trafen uns weiterhin mit Organisationen und Institutionen in Jerusalem, und wir werden so weitermachen. Ich habe das Gefühl, dass Israel wirklich böses Blut zeigt in Bezug auf Jerusalem, auf unsere politische Beteilung in Jerusalem, und dass von israelischer Seite die Absicht besteht, palästinensische Wahlen in Jerusalem zu unterminieren.

bitterlemons: Das, trotz der Erklärung von letzter Woche, dass Israel die Fortführung der Wahlen in der Stadt genehmigen wird?

Ashrawi: Vor allem gefällt mir nicht, dass die Polizei die Befugnis bekommen hat, Kandidaten sagen zu können, wohin und wann sie kommen dürfen. Dies ist keine polizeiliche Angelegenheit, es geht nicht um öffentliche Anordnungen, das ist in erster Linie ein politisches Thema und kann nicht nur als eine organisatorische oder die Sicherheit betreffende Angelegenheit gehandhabt werden.

Wir sind nicht bereit, das Thema Jerusalem zu fragmentieren und uns dann um jeden Teilaspekt einzeln zu kümmern, z.B. zuerst den Wahlkampf führen, uns dann darum kümmern, wie es mit dem Wählen, mit der Bewegungsfreiheit und mit der generellen Belagerung der Stadt aussieht. Alle diese Punkte müssen als Ganzes behandelt werden. Das ist nicht etwas, womit sich die Polizei beschäftigen sollte, sondern die israelische Regierung zusammen mit der palästinensische Nationalbehörde auf eine offizielle und verbindliche Weise, um z.B. den Palästinensern zu erlauben, sich insgesamt an freien und fairen Wahlen in der Altstadt, in der Stadt selbst, in der Umgebung der Stadt, in den Vororten und den Dörfern zu beteiligen, so, dass die Integrität der Wahlen nicht angefochten werden kann.

bitterlemons: Glauben Sie, dass es - auf praktischer Ebene – den Einwohnern von Jerusalem wichtig ist, wählen zu gehen und glauben die Jerusalemer, dass sie dadurch Praktisches beeinflussen?

Aschrawi: Leider glaube ich, dass es unter Palästinensern in Jerusalem ein Gefühl der Resignation gibt und wahrscheinlich Ärger, sogar Verzweiflung. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie glauben, das sei eher etwas Sinnloses, als dass es mit Demokratie zu tun hätte.

Aber da gibt es auch noch eine andere Dimension, nämlich die Gerüchte-Kampagne, eine Kampagne der Einschüchterung und Angst, indem den Leuten gesagt wird [wenn sie wählen], sie würden ihr Aufenthaltsrecht verlieren, ihre Personalausweise und ihre sozialen Rechte, dadurch werden wir Jerusalem verlieren.

Wir müssen vielfältige Belagerungen durchbrechen. Da ist eine territoriale Belagerung durch die Siedlungen, eine Belagerung der Sicherheit an den Checkpoints, eine physische Belagerung durch die Mauer, eine politische Belagerung mit den Wahlen jetzt und eine psychologische Belagerung, z.B. diese Angst und Einschüchterung. Wir müssen sie alle durchbrechen um den Palästinenser in Jerusalem einen Antrieb zu geben und um sie wiederzubeleben. Ich spreche natürlich nicht von allen von ihnen, aber von einer beträchtlichen Minorität, die entweder Angst hat oder sich eingeschüchtert fühlt oder die Situation als hoffnungslos empfindet. Also müssen wir ihnen Hoffnung und Kraft bringen.

Zur selben Zeit haben viele Leute die Leistungen der palästinensischen Autonomiebehörde eingeschätzt und meinen, dass die PA nichts oder nur sehr wenig für Jerusalem getan hat. Und es gibt Unklarheit über die Pflichten des legislativen und des exekutiven Zweiges. Einige meinen, die Legislative hätte mehr aus dem exekutiven Bereich übernehmen müssen. Wir versuchen während des Wahlkampfes zu erklären, welche Befugnisse und Verantwortungen beide von ihnen haben, und wir werden uns mit Jerusalem beschäftigen.

bitterlemons: Die Jerusalem-Frage hat den gesamten Wahlprozess bedroht und tut es immer noch. Wie wichtig ist es, dass Wahlen in Jerusalem Teil des Prozesses sind? Oder sind die Wahlen an sich zu wichtig und sollten auf jeden Fall durchgeführt werden?

Ashrawi: In Bezug auf Wahlen ist Jerusalem eine nicht-verhandelbare Frage. Es gibt nicht so etwas wie partielle oder selektive Wahlen. Jerusalem ist mehr als nur ein Hindernis oder ein Thema bei Wahlen oder eine technische, die Sicherheit betreffende oder eine polizeiliche Angelegenheit. Jerusalem ist an erster Stelle ein politisches, juristisches und Rechte betreffendes Thema. Aus diesem Grund hätten Wahlen überhaupt keine Legitimität oder Glaubwürdigkeit oder wären ernsthaft demokratisch oder repräsentativ, würde Jerusalem ausgeschlossen werden oder würden die Wahlen dort auf irgend eine Weise unterminiert werden.

Jerusalem ist nicht ein Thema, das umgangen werden könnte, und ich war recht überrascht als ich hörte, dass Hamas und andere gesagt hätten, sie würden Wege finden, käme es dort zu einem Verbot der Wahlen. Man darf sich nicht dem israelischen Diktat beugen. Das ist nicht akzeptabel.

bitterlemons: Aber eine Zeit lang sah es so aus, als wären einige Parteien an einer Verschiebung der Wahlen interessiert und benutzten dafür Jerusalem als Ausrede?

Ashrawi: Einige Leute haben das getan, ja, und sie sahen Jerusalem als einen Vorwand, um die Wahlen zu verschieben. Und da waren andere, die meinten, wir sollten trotz allem die Wahlen durchführen. Unser Standpunkt ist der, dass Jerusalem weder ein Vorwand noch ein Hindernis ist. Es handelt sich um eine Kernfrage. Wir müssen effektiv einschreiten um sicherzustellen, dass Jerusalem Teil der Wahlen ist.

bitterlemons: Sind Sie davon überzeugt, dass Wahlen in Jerusalem stattfinden werden?

Ashrawi: Aus Erfahrung weiß ich, dass es Hindernisse geben wird. Die Gerüchte-Kampagne wird in vollen Touren laufen. Die Präsenz der Polizei und Grenzpolizei wird Aktivisten einschüchtern. So war es das vorige Mal, als sie Leute in der Nähe von Wahlurnen in den Postämtern verhafteten. Auch wird es eine Belagerung rund um Jerusalem geben, die die Bewegungsfreiheit sehr einschränken wird. Wir haben das beim letzten Mal erlebt.

Wir brauchen eine Aufhebung der Einschränkung von Freiheit und Bewegung, wir brauchen eine Nichteinmischung der israelischen Polizei, wir müssen mehr Orte einrichten, wo Einwohner von Jerusalem wählen gehen können, wir brauchen mehr Wahllokale, nicht weniger, und wir brauchen eine Kampagne, um Palästinenser zu ermutigen, sich zu beteiligen.

bitterlemons: Mit all diesen Einschränkungen in Jerusalem, inwieweit können wir da von freien und fairen Wahlen sprechen?

Ashrawi: Wir können nirgendwo von freien und fairen Wahlen sprechen, weil wir die Wahlen unter Besatzung abhalten und wirklich als eine Trotzhandlung. Wir wissen, die Wahlen und ihr Ausgang werden weit davon entfernt sein, perfekt zu sein. Aber fehlerhafte Wahlen sind, glaube ich, besser als gar keine. Und diese Wahlen sollen Palästinenser wiederbeleben, die Bevölkerung als auch die Kandidaten, und alle Gruppen müssen sich positiv und bestimmt verhalten, um sicherzustellen, dass die Wahlen so repräsentativ, frei und fair wie möglich ablaufen. Wir müssen allen möglichen Einschränkungen standhalten, Hindernisse überwinden und weitermachen, damit ihre Integrität so gut wie möglich beibehalten wird.

Aber wir behaupten nicht, perfekte Wahlen zu haben, und ich glaube nicht, dass sie es sein werden. Die Belagerung Jerusalems ist nachteilig, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist nachteilig und Menschen, die in Angst vor Intervention und Gewalt und unter Besatzung wählen, verhalten sich anders als freie Menschen. Die Ergebnisse werden nicht gut sein, doch hoffentlich nicht so schlecht, dass dadurch die Legitimität der Wahlen unterminiert sein wird.

Hanan Ashrawi ist Mitglied des Palästinensischen Legislativrates für Jerusalem und kandidiert für ihre Wiederwahl mit der "Liste des Dritten Weges".

Übersetzung: K. Badr

[ENGLISH]

Bitterlemons-international.org is an internet forum for an array of world perspectives on the Middle East and its specific concerns. It aspires to engender greater understanding about the Middle East region and open a new common space for world thinkers and political leaders to present their viewpoints and initiatives on the region. Editors Ghassan Khatib and Yossi Alpher can be reached at ghassan@bitterlemons-international.org and yossi@bitterlemons-international.org, respectively.

hagalil.com 25-01-2006

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