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Wahlnahkampf:
Großwildjagd in Israel

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

In Israel ist Großwildjagd angesagt. Jeder will sich mit den schönsten Geweihen schmücken. Ein Schuss ins Blatt gelang Amir Peretz, dem neuen schnurrbärtigen Chef der Arbeitspartei. Mindestens fünf Mal herzte er Scheli Jechimowitsch, eine höchst prominente sozialkritische Fernsehmoderatorin. Ungeschminkt, mit ganz vielen Falten im Gesicht, gestand sie vor den Kameras: "Ich habe immer wieder unjournalistisch gehandelt, als ich hinter den Kulissen Fäden für Amir gezogen habe."

Einen wahren Sechzehnender, in der Jägersprache ein besonders herrschaftlicher Hirsch, schoss Peretz mit dem weltweit verehrten Wirtschaftsfachmann Avischai Bravermann, Präsident der Ben Gurion Universität. Der wohlerzogene und auf dem internationalen Parkett gewandte Akademiker habe "immer schon davon geträumt, die Straße in Israel umzupflügen". Er versprach, den Elfenbeinturm zu verlassen, um sich jetzt in den Niederungen der orientalischen Gemüsemärkte Stimmen zu fangen. Bravermann will die Arbeiterparolen des ehemaligen Gewerkschaftsführers und heutigen Parteichefs der Sozialisten in ein Wirtschaftsprogramm mit Chancengleichheit für Alle umformulieren.

Weniger dramatisch gestaltete sich der Wechsel der aufstrebenden und ebenso prominenten Sozialistin Daliah Itzik. Sie hatte ihren Ziehvater Schimon Peres vor einer "feindlichen Übernahme" der traditionsreichen Arbeitspartei gewarnt. "Aber Schimon wollte nichts sehen und nichts hören." Nun fand Itzik den Weg zum neuen "Flüchtlingslager für alle Gemäßigten", der "Kadima" (Vorwärts) Partei des ach-so-gemäßigten und seit Ausbruch des Wahlkampfes überraschend sozialliberalen Ministerpräsidenten Ariel Scharon.

Noch kickt der Friedensnobelpreisträger Schimon Peres in Barcelona neben Sean Connery mit einem 007 Hemd ein Fußballspiel für den Frieden an. Aber nach seiner Rückkehr scheint auch Peres den schwergewichtigen Scharon dem sportlichen Jungspund Peretz vorzuziehen. Sogar Jossi Beilin, Chef der ultralinksgerichteten Meretz-Partei und Erfinder der "Genfer-Friedensinitiative" ist inzwischen davon überzeugt, dass allein Scharon "der Mann des Friedens" ist: "Er hat doch unsere Friedenspolitik übernommen und sie durchgesetzt."

Einen Gnadenschuss versetzte Uriel Reichmann der nur noch röchelnden Schinui-Partei, derzeit mit 14 Abgeordneten die drittgrößte Kraft im Parlament. Reichmann hatte das Lager der Weltlichen gegründet, um den Frommen Stirn zu bieten. Jetzt sieht der konservative Wirtschaftsexperte in Scharon die große Hoffnung und nicht mehr im polternden Tommy Lapid. Josef Paritzky, wegen einer Korruptionsaffäre aus der Schinui-Saubermann-Partei ausgestoßen, nutzte in der Knesset genüsslich die Gelegenheit, mit der Bibel in der Hand und frommen Versen der weltlichen Schinui-Partei eine Grabrede zu halten.

Während sich die altehrwürdige Arbeitspartei mit Peretz einen jugendlich-frischen Anstrich verpasst und verknöcherte Funktionäre in die Flucht schlägt, herrscht düstere Untergangsstimmung im traditionellen "Heim" der alten "Kämpfer" des Likud. Manche fühlen sich dort schon in der dritten Generation "zuhause". Mit dem Weggang Scharons sind die Grundfesten des stabilen Hauses der israelischen Rechten erschüttert worden. Die Parolen des Zusammenhalts bekamen einen hohlen Klang, als mindestens sechs Veteranen zum Kampf um die Parteispitze antraten, darunter der gescheiterte Benjamin Netanjahu, Außenminister Silvan Schalom und Verteidigungsminister Schaul Mofaz. Im Falle seines Scheiterns im Likud könnte Mofaz noch den Absprung in Scharons Lager erwägen. Ein garantierter Sitz im Parlament verlockt heute mehr als ideologische Linientreue.

Die Aufbruchstimmung, bei der alle Klischees von rechts und links, konservativ und fortschrittlich über den Haufen geworfen sind, erwischte auch das fromme Lager. Die noch vom 18. Jahrhundert aus Polen und Russland mitgebrachten Feindseligkeiten zwischen orthodoxen "Litauern" und mystischen "Chassiden" könnten überwunden werden. Die "Toraflagge" verhandelt schon mit der "Israel-Vereinigung". Die bärtigen Herren mit Kaftan und schwarzen Kappen auf dem Kopf erwägen in ihrer Not sogar einen Zugang für "gestickte Käppchen", dem zionistisch national-religiösen Lager.

"Professoren für ein starkes Israel", stramm rechtsnationale Kämpfer für die Siedlungspolitik und Getreue Scharons, durch den Rückzug aus Gaza bitter enttäuscht, suchen ebenfalls ein neues Heim. Der verwaiste Likud ist ihnen nicht mehr rechts genug. So veröffentlichten sie einen Aufruf an die National-Religiösen, auch "Barhäuptige" aufzunehmen. Um bei dem Bild der Großwildjagd zu bleiben, wären in Israel bald alle Tabus gebrochen, wenn die Frommen nun noch unkoschere Wildschweine jagen, um sich in der umgestülpten innenpolitischen Landschaft zu behaupten.

Gemäß jüngsten Umfragen wird Scharons Sammelbecken etwa 40 Sitze von 120 im Parlament ergattern. Weit abgeschlagen werden sich Likud und Arbeitspartei mit jeweils 18 Sitzen auf den zweiten Platz tummeln. Der Rest wird sich auf Miniparteien verteilen.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 01-12-2005

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