Juden in Deutschland:
Eine Brücke zwischen Deutschland und Israel?
http://www.zentralratdjuden.de
Zentralrat der Juden und die Heinrich Böll Stiftung luden
zur Tagung über die Brückenfunktion der deutsch-jüdischen Gemeinden im
israelisch-deutschen Dialog.
In diesem Jahr wurde das 40-jährige Bestehen der
diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel gefeiert. Anlass
genug für den Zentralrat der Juden in Deutschland und die
Heinrich-Böll-Stiftung nach der nie ganz deutlich definierten Rolle der
jüdischen Gemeinden in Deutschland im deutsch-israelischen Verhältnis zu
fragen.
Kontrovers diskutieren und analysieren der Ex-„Haaretz“-Journalist Elon
Amos, der bekannte und stets pointiert redenden Professor Micha Brumlik, die
Vizepräsidentin des Zentralrates der Juden, Charlotte Knobloch, der
Botschafter des Staates Israel, Shimon Stein, und Hermann Simon, Direktor
der Stiftung Neue Synagogen Berlin - nur fünf der 14 Referenten - über die
Frage, inwieweit die deutschen Juden in den vergangenen vier Jahrzehnten vor
dem Hintergrund der stark belasteten deutschen Geschichte überhaupt eine
„Brückenfunktion“ hatten.
Lothar Mertens, Privatdozent an der Ruhr-Universität Bochum, erläutert zum
Beispiel in einem kurzen Abriss die Rolle der Juden für die Beziehungen der
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zum Staat Israel. Im
Anschluss entbrennt eine offene Diskussion mit dem aufmerksamen Publikum -
wissenschaftlicher Vortrag und persönliche Erinnerungen der anwesenden
Zeitzeugen prallen aufeinander: „Es gab in der DDR eine Ministerin für
Justiz, die hieß Benjamin – war das eine Jüdin?“ Eine Frage, die dem
Fragesteller offensichtlich seit Jahren auf dem Herzen brennt. Heute bekommt
er endlich eine Antwort: „Nein, war sie nicht.“
Persönliche Erfahrungen spielen an diesem Tag im Berliner Centrum Judaicum
mindestens eine so große Rolle, wie wissenschaftliche Fakten. Es sind
Erfahrungen, von denen die Zuhörer vieles lernen können. Charlotte Knobloch
erzählt gleich zu Beginn, wie sie vor kurzer Zeit eingeladen wurde, einen
Vortrag über „ihr Heimatland Israel“ zu halten. Berliner-Gemeindemitglied
Sergey Lagodinsky entlarvt mit Hilfe seiner eigenen Biographie den oft
gehörten Vorwurf, russische Juden hätten keine enge Bindung an Israel als
Lüge: „Die Gemeinde in Russland, in der ich meine Kindheit verbracht habe,
ist nahezu geschlossen nach Israel ausgewandert. Wer also glaubt, dass
russische Juden keine enge Bindung an Israel haben, täuscht sich.“
Nur selten verstricken sich die Diskutanten in Detailfragen. Angenehm
deutlich bleibt das Thema des Tages in jedem Vortrag präsent, auch weil der
erste Redner, Micha Brumlik, gleich am Anfang für genügend Zündstoff gesorgt
hat: „Die Brückenfunktion, liebe Veranstalter, die gibt es gar nicht.“ Nur
sehr wenige Juden fallen ihm ein, die sich bislang in Deutschland dergestalt
verhalten hätten – von einer ganzen Brücke sei man bislang also weit
entfernt.
Zum Schluss atmet das Publikum auf, als der israelische Botschafter in
Deutschland, Shimon Stein, die Aussage Brumliks relativiert: Die Gemeinden
seien bislang aus vielfältigen Gründen einfach nicht in der Lage, die
Aufgabe des Brückenbauens zu erfüllen. Eine Schuldzuweisung findet sich in
den Worten des Botschafters nicht.
Zustimmung findet das Fazit des langen Tages, Charlotte Knobloch spricht es
aus: egal, ob es eine Brücke gibt oder nicht – „Israel ist und bleibt unsere
religiöse und geistige Heimat.“
Mit der Kamera unterwegs:
Fotografische
Impressionen aus Berlin
Fotos von Margrit Schmidt von einer Tagung im Centrum
Judaicum zur Brückenfunktion der Juden in Deutschland in den
Deutsch-Israelischen Beziehungen - Selbstverständnis und öffentliche
Wahrnehmung... |