Europäische Berichterstattung:
Auf den Kopf gestellte Drohungen
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Hasstiraden und Drohungen des iranischen
Staatspräsidenten Ahmadi-Nidschad gegen Israel sind so ungeheuerlich, dass
sich da eigentlich schon jeglicher Kommentar erübrigt. Seine Aufrufe sind im
Klartext ein Ruf nach Massenmord und Massenvertreibung. Anders kann man
dessen Aufforderung nach der Tilgung eines Staates von der Landkarte oder
gar die Verlegung Israels nach Deutschland, Österreich oder Alaska nicht
werten.
Ob die Reaktionen vieler Länder der Welt angemessen sind, ist
Geschmacksache. Sie reichen von verbaler Verurteilung über die Einberufung
iranischer Botschafter in die Außenministerien bis hin zu Vorschlägen,
diplomatische Beziehungen und Wirtschaftskontakte abzubrechen oder Iran aus
der Fußball-Weltmeisterschaft auszuschließen.
Noch empörender ist allerdings die Art und Weise, wie in europäischen Medien
mit der israelischen Reaktion auf die unzweideutige Kriegserklärung des Iran
gegen den jüdischen Staat und die Verleugnung des schon begangenen
Völkermordes an den Juden umgegangen wird.
Die Sunday Times veröffentlichte gemäß Aussagen namentlich nicht genannter
"Geheimdienstquellen", dass Scharon die Vorbereitungen zu einem
Militärschlag gegen Iran befohlen habe. Mehrere Sprecher in Jerusalem wiesen
diesen Bericht mit klaren Worten zurück, etwa mit der zynischen Behauptung:
"Jene Zeitung weiß wohl mehr als Scharon selber." Doch in Agenturberichten
hieß es, dass das Dementi "zweideutig" gewesen sei.
Inzwischen hat Scharons Sprecher erklärt, dass Israel sich verteidige, falls
es angegriffen werde, dass es keine erneute "Endlösung" geben werde, und
dass es die Fähigkeit habe, eine Vernichtung Israels zu verhindern.
Aus diesen selbstverständlichen Reaktionen, wurde sogleich eine militärische
Aggression Israels gedreht: "Scharon droht Iran mit militärischen Mitteln".
Scharons Sprecher dementiert, militärische Mittel überhaupt erwähnt zu
haben.
Mit solchen Überschriften wird in unverantwortlicher Weise das Opfer in den
Täter umgewandelt. Schlimmer noch. Sollte Iran seine Drohungen wahr machen,
könnte Ahmadi-Nidschad mit Beifall rechnen. Denn Scharons Dementi zu
Vorbereitungen eines Angriffs auf Iran war doch "zweideutig". Und wenn
Israel verkündet, sich nicht vernichten lassen, sondern verteidigen zu
wollen, dann wird daraus schon eine "militärische Drohung" gemacht. Sollte
Iran tatsächlich eines Tages eine Atombombe auf Tel Aviv werfen, würde es
heißen: "Das haben sich die Juden selber eingebrockt, denn Scharon hat Iran
mit Krieg gedroht." © Ulrich W. Sahm
/ haGalil.com
hagalil.com 15-12-2005 |