Zum Start der Aktion "Sage Nein!":
Eine Chance für Dialog und Verständigung
Grußwort von Eva Ehrlich, 1.
Vorsitzende
haGalil e.V.
Es wird seit Mitte der 90er Jahre tatsächlich immer
deutlicher, dass antisemitische Propaganda im Internet viel gefährlicher
ist, als die bisher üblichen Propagandamittel. Die Erklärung dafür ist
einfach: Über relevante Stichworte ist es im Internet möglich, völlig
"unbedarfte Leser" zu erreichen, zum Beispiel einen Schüler, der ein Referat
zum Thema "jüdische Feiertage" schreiben muss.
Trotzdem sollten wir das Internet nicht in erster Linie als Bedrohung,
sondern viel mehr als eine Chance für Dialog und Verständigung in einer
vielfältigen Gesellschaft begreifen. Es ist nämlich die Tatsache, dass die
meisten Menschen, zumindest in Deutschland, sowenig über jüdisches Leben und
Judentum wissen, die es den Antisemiten so einfach macht, ihre Botschaft des
Hasses zu verbreiten.
Die Bedrohung durch antisemitische Hetzer unterschiedlichster Couleur wird
noch immer viel zu wenig ernst genommen. Noch viel weniger wahr genommen
wird aber, dass wir nicht hilflos, ahnungslos und fassungslos dastehen,
sondern sehr viel tun können.
Antisemitismus, Antizionismus, Hass und Demokratiefeindlichkeit im Internet
müssen im Internet und mit den Möglichkeiten des Internets bekämpft werden.
Hierzu gehören die Schaffung eines massiven Gegengewichts durch aufklärende
Inhalte und die Nutzung der kommunikativen Möglichkeiten eines lebendigen
Onlinedienstes, denn eine Vorraussetzung für Verständigung ist Begegnung.
Neue Gesetze sind nicht notwendig, die bestehenden müssen aber angewandt
werden.
Wenn wir uns heute anschauen, welche Effektivität haGalil onLine mit
vergleichbar sehr geringen Mitteln erreicht hat, dann besteht durchaus
Hoffnung, dass die Verbreitung fundamentalistisch-nationalistischer Hetze
ganz entscheidend behindert werden kann. Die Diskussion sollte endlich
einmal darüber hinauskommen, was wünschenswert wäre und sich stattdessen
darauf konzentrieren, was getan werden kann, bzw. schon längst getan wird
und mit entsprechender Unterstützung noch viel besser getan werden könnte.
Die Hoffnung, dass diese Erkenntnis irgendwann zu den zuständigen
"Entscheidungsträgern" durchdringen wird, sollte man nie aufgeben. Verlassen
darf man sich darauf aber nicht, denn viel zu oft scheiterte der "Aufstand
der Anständigen" am "Zustand der Zuständigen" oder wurde zum "Auftritt der
Umständlichen".
Die Bedrohung ist aber viel zu groß, als dass man sich von Parteien und der
Konjunktur der Betroffenheit abhängig machen sollte. Die Wichtigkeit und
Unverzichtbarkeit von Aktionen wie "Sage Nein!" kann deshalb garnicht
überbetont werden.
Hans-Jochen Vogel sagte einmal: "Für mich gehört zum Anstand, dass man
Minderheiten nicht verteufelt, und sie im politischen Kampf und Wettbewerb
nicht instrumentalisiert"...
Ein Bildungsangebot wie haGalil muss dementsprechend unabhängig bleiben.
Auch dafür steht "Sage Nein!" und auch deshalb unser herzlicher Dank an die
Organisatoren, die Künstler und die Unterstützer.
Eva Ehrlich
1. Vorsitzende haGalil e.V.
Siehe auch:
http://www.sage-nein.de |