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Berliner Rap - für Allah und Bin Laden:
Hart wie Nutella

Frauen und Schwule verachtet er immer noch. Dafür mag der Rapper Bushido seit neustem den lieben Gott und Bin Laden.

von markus ströhlein, jungle world

Bushido war an unserer Schule? Kein Wunder, dass es hier so scheiße ist.« Gelächter bricht aus. Es ist halb zwei. Der Unterricht an der Eckener Oberschule in Berlin-Tempelhof ist vorbei. Es herrscht lockere Feierabendstimmung bei den Schülern, die aus dem großen, alten Gebäude kommen. Durch die rustikalen Türen muss Bushido ziemlich oft gegangen sein. Allerdings hieß er damals noch Anis Ferchichi. Als Leistungskurs hat er Deutsch belegt, das Abitur hat er hier gemacht.

Präsent ist Bushido immer noch. Denn er ist neben Sido der bekannteste Rapper aus Berlin. Man kennt ihn, wenn man in einem bestimmten Alter ist, erst recht, wenn man aus demselben Bezirk kommt und noch dazu in dieselbe Schule geht. Das heißt nicht, dass man ihn mögen muss. »Bushido ist doch lächerlich. Man muss sich nur umsehen. Er macht krass auf Ghetto. Aber hier ist kein Ghetto.« Ein Mädchen, das in die zwölfte Klasse geht, macht sich Luft. Bei den Schülerinnen kommt der Rapper nicht gut an. »Nee, er ist nicht mein Fall. Ich fühle mich zwar von diesen Beschimpfungen wie ›Nutte‹ oder ›Schlampe‹ nicht angesprochen. Aber seine Texte sind echt zum Kotzen.« Mit ihrer Meinung steht die Schülerin nicht alleine da, ihre Freundin schließt sich an.

Doch man trifft auch Fans. »Er kommt von hier und macht gute Musik. Ich mag die Art, wie er sein Ding macht. Bushido ist cool, weil er halt cool ist.« Die Gruppe Jungs nickt dem argumentativen Zirkelschluss ihres Wortführers zu und geht zur Bushaltestelle. Ein Schüler aus der zwölften Klasse kann sogar mit persönlichen Verbindungen aufwarten: »Mein Bruder war mit Bushido in einer Klasse. Ich finde ihn cool. Er weiß, wovon er spricht. Er hat erlebt, was er erzählt. Das mit den Frauen?« Er grinst verschmitzt hinüber zu dem Mädchen, mit dem er sich vorher unterhalten hat. »Man darf eben nicht alles so ernst nehmen. Er hat auch ein paar romantische Songs.« Das Mädchen verdreht genervt die Augen. Er verteidigt sich: »Ich würde nie so etwas wie Bushido sagen. Ich bin ein guter Junge.«

Beide lachen und schließen sich dem langen Zug der Schülerinnen und Schüler an, die zum nahe gelegenen U-Bahnhof gehen, vorbei an der katholischen Kirche mit dem ausladenden Garten davor und den Mietshäusern, an denen nur wenige Graffiti zu sehen sind. Brennende Mülltonnen sucht man vergeblich. Man hört weder Polizeisirenen noch die Schüsse, die als Samples auf Bushidos Platten ein häufiges Stilmittel sind.

Das vermeintliche Ghetto, von dem Bushido so gern und oft rappt, hat er hinter sich gelassen. Kommerziell läuft es gut für ihn. Mit den Alben »Electro Ghetto« und »Carlo Cokxxx Nutten 2« hat er es in die Top Ten geschafft. Nun fühlt er sich zu Höherem berufen. Seine aktuelle Platte heißt »Staatsfeind Nr.1«.

In den Charts hat es für den ersten Platz nicht gereicht. Und auch auf den Fahndungslisten des Bundeskriminalamts sucht man Bushidos Gesicht vergeblich. Das ist nicht weiter verwunderlich. Denn der Staat und der Rapper sind eigentlich »cool miteinander«, wie er in einem Interview bekennt: »Ich habe nichts gegen den Staat, im Gegenteil. Ich bin jemand, der seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachkommt. Ich zahle meine Steuern, gehe wählen, halte mich ans Gesetz und versuche, meiner Umgebung kein Dorn im Auge zu sein.«

Es ist also alles Image und Show, hier der böse Gangster-Rapper, dort der brave Bürger. Gut so, denkt man, denn hätte Bushido wirklich so viele Menschen aus dem Weg geräumt, wie er es in seinen Texten herbeifantasiert, wären ganze Straßenzüge in Berlin entvölkert. Dumm nur, dass er und die Posse des Labels Aggro Berlin angetreten sind, um HipHop wieder auf die Straße zu holen, um Rap wieder »real« zu machen. Wer echter als echt und härter als hart sein möchte, verpasst sich mit dem Outing als netter Nachbar selbst einen Beinschuss, um in der Bildersprache der Berliner Rapper zu bleiben.

Gut für Bushidos Image war daher die zweiwöchige Untersuchungshaft im österreichischen Linz, wo er nach einer Schlägerei vor einer Diskothek einsitzen musste. Knast bedeutet schließlich Street Credibility. Zu einem textlichen Erguss auf seiner neuen Platte hat ihn das Erlebnis ebenfalls inspiriert. So heißt es dann im Titelsong: »Hier drin wirst du hart und clever. Hier tauschst du deine Bravo gegen ein Glas Nutella.«

Das klingt wie eine Parodie auf Gangster-Rap, ist aber ernst gemeint. Genauso ernst ist es Bushido immer noch mit seinem Verhältnis zu Frauen, die er wie gehabt »Schlampen«, »Nutten« oder »Bitches« nennt, eine ausgenommen, seine »Mama«. Dass das Vokabular durchaus seiner realen Sicht der Dinge entspricht, bestätigt Bushido gern in jedem Interview: »Natürlich kann ich auch kochen, aber wenn eine Frau im Haushalt ist, dann sollte sie es übernehmen, weil es eine Tätigkeit ist, die ihr näher liegt.« Den Ehrenmord an Hatun Sürücü, die von ihren Brüdern Anfang des Jahres in Tempelhof umgebracht wurde, weil sie nicht nach den Vorstellungen ihrer streng muslimischen Familie leben wollte, findet der Rapper zwar »absolut nicht vertretbar«. Aber hätte er eine Schwester, wäre es ihm keinesfalls recht, wenn sie in die Disko ginge.

Kopfschuss nein, Diskoverbot ja. Sich im Einzelfall zu distanzieren, um nicht von Grundsätzlichem abrücken zu müssen, diese Methode beherrscht Bushido mittlerweile. Eine Zeile auf seiner neuen Platte sollte eigentlich lauten: »Ihr Tunten werdet vergast.« Davon bekam jedoch der Lesben- und Schwulenverband Deutschland vorab Wind. Die Protestkampagne und die Drohung mit rechtlichen Schritten brachte die Plattenfirma zum Einlenken. Nun lautet der Text: »Ihr Tunten werdet verarscht.« Aber dennoch weiß jeder, was gemeint ist.

Nach vier Alben, auf denen Bushido sein Weltbild in lediglich minimalen Variationen heruntergerattert hat, erregt sein neues Werk vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bei Jugendschützern und Pädagogen. Dabei gibt es durchaus Neues. Bushido hat seinen Glauben entdeckt, auffällig oft wird vom »lieben Gott« geredet. Erstmals gibt er Auskunft über seine Nahrungsgewohnheiten: »Ich hasse euer Essen, euer Schweinefleisch.« Ebenfalls neu entdeckt hat er seine Herkunft: »Ich bin Araber. Wir sind voller Ehre und Tat.« Voller Tatendrang steckt auch er: »Ich möchte nach Mekka reisen.« Und neue Vorbilder hat er gefunden: »Siehe Bin Laden, ich denke, ich hätte es ähnlich getan.«

Wenn Bushido den eingeschlagenen Weg beibehält, wird man sich vielleicht eines Tages den koksenden und klauenden Gangster-Rapper zurückwünschen.

Bushido: Staatsfeind Nr.1.(Urban/Universal)

hagalil.com 01-12-2005

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