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Vorweihnachtszeit:
Bethlehem in Lethargie

Von Ulrich W. Sahm, Bethlehem

Nur nach Einbruch der Dunkelheit ist in Bethlehem der Dezember zu spüren und das bevorstehende Weihnachten. Auf dem Krippenplatz, wo einst Touristenbusse standen und die Luft verpesteten, leuchten winzige Lämpchen in den Bäumen. Auf der Hauptstraße hängte die Stadtverwaltung zwischen den von Japan gestifteten Straßenlampen gelb, rot grün oder blau leuchtende Sterne mit und ohne Schweif.

Am Tag sitzt Josef Giacaman im kurzärmeligen Hemd im Schatten vor seinem mit Olivenkrippen prall gefüllten Laden. "Bald wird die Sonne regnen", jammert er über die sommerliche Hitze mitten im Winter und den ausbleibenden Regen. "Bethlehem ist vertrocknet." Er meint nicht nur das für nahöstliche Verhältnisse katastrophal schlechte Wetter. Denn ohne Regen gibt es kein Wasser und ohne Wasser keine Ernte. Strahlende Sonne gibt es im Heiligen Land mehr als genug. Giacaman meint auch die ausbleibenden Touristen.

Seit fünf Jahren herrscht Krieg. Nur wenige Touristen verirren sich in die Geburtsstadt Jesu. So wenige, dass Polizisten vor der Geburtskirche jede Minigruppe gewissenhaft zählen und notieren. Erscheint eine Gruppe ohne palästinensischen Guide, wird sie gezwungen, einen zu mieten. Doch diese deftige Methode der Arbeitsbeschaffung vermehrt nicht die Zahl der Pilger und Touristen. In der Milchgrottenstraße hinter der Geburtskirche zeugen verschlossene, einheitlich türkis-grün gestrichene Eisentore davon, dass dies einst ein blühender Touristenbasar war. Jetzt herrscht bis zu Giacamans Krippenfabrik gähnende Leere. "Mein Bruder Josef ist nach Leipzig zum Christmarkt gefahren, um unsere Krippen zu verkaufen. Es ist unsere einzige Chance zu überleben und die letzten drei Arbeiter wenigstens halbtags produzieren zu lassen."

Das eigentliche Leben in Bethlehem spielt sich anderswo ab, jenseits der Touristenwege, in Gassen zwischen der evangelischen Weihnachtskirche und dem Gemüsemarkt. Hier drängen sich die Menschen zwischen Kochtöpfen aus Aluminium, Plastikschuhen, billiger Kleidung und buntem Frischgemüse in herrlichen Farben. Es mangelt nicht an Nahrungsmitteln. Die Kartons der lila Auberginen, grünen Äpfel, brauen Kiwis und knallroten Tomaten tragen hebräische Aufschriften. Am Boden sitzen Beduinenfrauen in ihren Trachten und bieten wunderbar duftenden Salbei, Petersilie, frischen Koriander und Frühlingszwiebeln aus ihren Gärten feil. "In Bethlehem hungert niemand, aber die Kühlschränke sind selbst bei manchen christlichen Familien ziemlich leer", sagt Burghardt Schunkert von der Hilfsorganisation "Lifegate". Schunkert kümmert sich um Schwerstbehinderte, viele im Rollstuhl. Zweimal die Woche bringt er die Kinder in israelische Kliniken zur Behandlung. "Der neue Grenzterminal soll die Kontrollen flüssiger gestalten, aber niemand dachte an Rollstuhlfahrer", klagt Schunkert.

Kein Palästinenser schimpft mehr von sich aus auf die Israelis oder klagt über die "Mauer", von Israel einige hundert Meter lang im Süden entlang der Stadtgrenze zu Jerusalem errichtet. "Ich kann ohnehin nicht nach Jerusalem reisen, weil ich einen palästinensischen Ausweis habe", sagt flüsternd die junge Frau an der Rezeption des vornehmen Jacir-Hotels. Die Luxusherberge mit 250 delux Räumen und fünf Suiten im üppigen Palast des Salomon Jacir von 1910, steht nur wenige Meter von dem zur Festung ausgebauten Grab der Rachel entfernt. Während der Intifada wurde der Jacir Palast immer wieder von israelischen Soldaten "besucht". Laut EU Report richteten die Soldaten Schaden in Höhe von 900.000 Euro an. Palästinensische Geschosse verursachten an der Fassade Schaden für 50.000 Euro. Das Hotel wurde frisch renoviert. Drei Zimmer seien belegt. Ein schmucker Weihnachtsbaum steht in der Lobby. Wie viele Reservierungen für Heilig Abend vorliegen, wollte die junge Frau nicht verraten.

Als im Herbst 2000 von Bethlehem aus Viertel im Süden Jerusalems beschossen wurden, setzten die Israelis vor die Häuser des Viertels Gilo Mauern als Schutz vor Kugeln. Künstler malten die dahinter "versteckte" Landschaft auf den Beton. Diese Mauern sind inzwischen demontiert. Statt dessen hat Israel nun den Palästinensern in Bethlehem eine 10 Meter hohe "Sichtblende" aus Beton vor die Nase gesetzt, damit sie nicht mehr auf Jerusalem zielen können. Im Westen und Süden sind derweil Erdhügel von jahrelang gesperrten Straßen weggeräumt worden. Beim Verbindungsbüro in Beth Dschala flattern israelische Flaggen, aber kein Soldat stoppt mehr die Autos. Die allgemeine "Beruhigung" brachte den Menschen mehr Freizügigkeit, aber keine Bewegungsfreiheit.

Das könnte sich jederzeit wieder ändern. Wegen einer Internetveröffentlichung geht Angst um, dass El Qaeda an Weihnachten einen Anschlag in Bethlehem plane. "Das ist gelbe Propaganda", meint wütend Salah Taamri, der neue Gouverneur von Bethlehem, ein Beduine aus der Gegend des Herodion, verheiratet mit Dina, einer Ex-Frau des jordanischen Königs Hussein. "Das sind Gerüchte. Sie wollen nur einschüchtern", sagt Raed Othman, Betreiber einer palästinensischen Nachrichtenagentur. "Die palästinensische Polizei überlegt sich, an Heilig Abend rund um die Geburtskirche Sicherheitskontrollen im israelischen Stil einzurichten", erfuhr der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation. "Eltern zögern, ihre Kinder zu den feierlichen Prozessionen auf den Krippenplatz zu schicken."

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 15-12-2005

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