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Bethlehem:
Kein leichter Eintritt in die Herberge

Von Ulrich W. Sahm, Bethlehem

Der israelische Colonel ist voll des Lobes über seine Bethlehemer Kollegen der palästinensischen Polizei. Seit drei Tagen stand da herrenlos ein verbeultes Auto, dessen Kühlhaube im Zaun oberhalb der "Tunnelstraße" von Jerusalem stecken geblieben war. Sie führt unter Teilen Bethlehems hinweg, zu den Siedlungen in der Provinz Judäa. Vor Allem Siedler benutzen diese Straße und umgehen so die für sie gesperrten palästinensischen Autonomiegebiete. Mit einer großen Explosion, die in ganz Jerusalem zu hören war, wurde das mit Butangasflaschen gefüllte Auto von israelischen Feuerwerkern kontrolliert gesprengt. Offenbar hatten palästinensische Extremisten versucht, das Auto den Hügel hinab auf die Siedler-Umgehungsstraße zu stürzen und israelische Autofahrern zu töten. Seit Ausbruch der Intifada gab es fast ein Dutzend Tote auf dieser Straße.

Obgleich die palästinensische Polizei in Bethlehem mit einem Hinweis auf die Autobombe nicht nur Kooperationswillen gezeigt und einen möglicherweise tödlichen Anschlag verhindert hatte, verkündete der israelische Militärsprecher mal wieder eine hermetische Sperrung aller palästinensischen Gebiete. Als Begründung wurde der Beschuss Israels mit Kassamraketen vom 200 Kilometer entfernten Gazastreifen aus genannt. Die fliegen allerdings nur ein paar Kilometer weit und können bestenfalls den Rand eines Industriezentrums südlich von Aschdod treffen. Nicht ganz einleuchtend ist deshalb, wieso neben dem Gazastreifen gleichzeitig das Westjordanland gesperrt wurde.

In einer offiziellen Mitteilung des Militärsprechers wurde für Bethlehem jedoch gleichzeitig eine "Erleichterung" mitgeteilt: Priester und Kirchenleute dürfen zwecks Vorbereitung des Weihnachtsfestes von Bethlehem nach Jerusalem wechseln und umgekehrt.

So lag nahe, dem Militärsprecher eine offizielle Journalistenfrage einzureichen, wie es denn mit einfachen Pilgern stehe, die zu Advent und Weihnachten die Geburtskirche in Bethlehem besuchen wollten.

Nach eingehender Prüfung fand die Militärsprecherin heraus, dass der Besuch in Bethlehem "ganz einfach" sei. Pilger sollten unter der Jerusalemer Telefonnummer 5305398 den verantwortlichen Offizier der militärischen Zivilverwaltung kontaktierten. "In der kommenden Woche werden dann hohe Gremien einen Beschluss fassen und Bescheid geben, ob der Pilger Bethlehem besuchen könne." Vermutlich wegen Freitag, an dem in Israel nicht gearbeitet wird, meldete sich unter der genannten Telefonnummer nur eine Damenstimme, die automatisch die Richtigkeit dieser Telefonnummer bestätigte. Nach diesem gescheiterten ersten Anlauf riet die Militärsprecherin, das Tourismusministerium anzurufen. Die Sprecherin Limor wollte zwecks Nachfragen am Wochenende ihre Privatnummer nicht preisgeben: "Ich bin fromm und beantworte am Sabbat keine Telefone."

Doch zur Sache: sie begann, wie ein Wasserfall, über das neue Verbindungsbüro ihres Ministeriums am Checkpoint zu schwärmen. Es sorge für Koordination mit den Palästinensern und garantiere einen "glatten Übergang".  Am Besten wäre es, so Limor, wenn die Gruppenleiter im Voraus Namenslisten ihrer Gruppen einreichten. Doch auf die naheliegende Frage, was denn ein einzelner koreanischer Pilger zu tun habe, der kein Wort Hebräisch spreche und Bethlehem am Freitag besuchen wolle, hatte Limor keine Antwort: "Am Freitag und Samstag ist unser Verbindungsbüro geschlossen." Etwas verdutzt reagierte sie auf den Hinweis, dass in diesem Jahr Heilig Abend auf einen Sabbat falle. Sie riet, den Polizeisprecher anzurufen und mit ihm den Übergang des Pilgers zu "koordinieren". Doch auch der Polizeisprecher scheint am Freitag Morgen schon Sabbat zu feiern. So blieb nur eine Erkundung vor Ort.

Da kam gerade ein Bus einer arabischen Busgesellschaft aus Nazareth mit israelischem Kennzeichen und israelisch-arabischem Fahrer. Ohne jede Kontrolle winkte der Soldat im Wachhäuschen aus Panzerstahl den Bus mit einer Gruppe Koreaner durch. Der Befehlshaber des Grenzpostens wurde per Militärfunk gerufen, um die Journalistenfragen zu beantworten. Nach wenigen Minuten erschien ein schwerbewaffneter Soldat mit umgehängtem Schnellfeuergewehr, griffbereitem Bajonett im Schultergurt, Kugelschreiber und Fernglas, Funkgerät, schusssicherer Jacke, Helm, und unzähligen Taschen. "Haben Sie ein Papier unterschrieben, das den Staat Israel von jeglicher Verantwortung für Sie erlöst und auch jeglichen Versicherungsschutz für Sie aufhebt?" fragte der Soldat auf Hebräisch. "Ach, Sie sind Deutscher?" meinte er dann erfreut in bestem Deutsch. "Dann brauchen Sie natürlich kein solches Papier unterschreiben. Übrigens bin ich ein waschechter Berliner und diene beim Grenzschutz", sagte er und stellte sich als Joav vor. Um ihn zu fotografieren, bedürfe es allerdings einer Genehmigung des "Sprechers der Grenzübergänge in der Sperrwallzone".

Was einen Besuch von Ausländern, Pilgern, Touristen und Journalisten während der Sperre anginge, so der Berliner Grenzschützer: "Kein Problem. Die lassen wir alle durch." Über ihm schmückt ein neues Schild den gerade erst fertig errichteten Grenzübergang von Jerusalem nach Bethlehem. In Schnörkelschrift steht da auf Hebräisch unter dem Titel "Rachel Übergang": "Jerusalems Polizei, bereit zu verteidigen, stolz zu dienen." Der "waschechte Berliner" verbietet noch schnell, zu fotografieren, weil "dies ein militärischer Sperrbezirk" sei, verabschiedet sich dann aber doch mit: "Fröhliches Weihnachten".

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 20-12-2005

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