Mahleriana:
Vom Werden einer Ikone
Unter diesem Titel würdigt das Jüdische
Museum Wien von 21. September 2005 bis 8. Jänner 2006 die Arbeit einer
wissenschaftlichen Forschungsgesellschaft, die wesentlich dazu beigetragen
hat, dass Gustav Mahler heute die internationale Anerkennung und
Aufmerksamkeit auch einer breiteren Öffentlichkeit zuteil wird, die seiner
Bedeutung für das Musikleben entspricht: Vor fünfzig Jahren wurde die
Internationale Gustav Mahler Gesellschaft (IGMG) gegründet, zu einer Zeit,
als der Antisemitismus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts noch
weiterhin wirksam und die Akzeptanz von Mahlers Musik auch aus ästhetischem
Unverständnis sehr schwierig war.
Goldene Gustav-Mahler-Medaille; wird von der IGMG für
Verdienste um das Werk Gustav Mahlers verliehen |
Ziel der Mahler-Gesellschaft war der Kampf für
die Anerkennung und Verbreitung der Musik Gustav Mahlers, u. a. auch durch
eine Kritische Gesamtausgabe seiner Werke. Mit viel Mühe und Aufwand gelang
es ihr, Mahlers drei Komponierhäuschen am Attersee, am Wörthersee und in
Südtirol zu retten und als Gedenkstätten zugänglich zu machen. Heute ist die
IGMG die weltweit führende Forschungsstelle zu Leben und Werk Mahlers.
Die Ausstellung "Mahleriana –Vom Werden einer
Ikone" im Jüdischen Museum dokumentiert aber nicht nur das Engagement der
IGMG für die Anerkennung von Mahlers Musik, sie zeichnet auch anhand
ausgewählter, großteils noch nie gezeigter Dokumente aus ihrem Archiv die
wichtigsten Momente aus dem Leben Mahlers nach. Ein Audioguide macht sein
Schaffen nachvollziehbar und lässt auch Familienangehörige zu Wort kommen.
Wie sehr Mahler heute als Ikone wahrgenommen wird, verdeutlichen neben der
künstlerischen Auseinandersetzung eines Anton Hanak oder Fritz Wotruba vor
allem die Büsten von Auguste Rodin, von denen Studien in Gips und Terrakotta
und die Marmorbüste Mozart, Porträt Gustav Mahler erstmals in Wien gezeigt
werden. Die vielschichtige Präsentation wird von einem umfangreichen Katalog
(Mandelbaum Verlag) mit zwei CDs zum Preis von 29,90 Euro begleitet.
"Mahleriana – Vom Werden einer Ikone" ist von
21. September 2005 bis 8. Jänner 2006 im Palais Eskeles zu sehen. Das
Jüdische Museum Wien (1., Dorotheergasse 11) ist Sonntag bis Freitag von 10
bis 18 Uhr, an Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt: 5,- Euro/
2,90 Euro ermäßigt. Schulklassen in Begleitung eines Lehrers haben freien
Eintritt und eine kostenlose Führung. Weitere Informationen:
www.jmw.at
Daten zu Gustav Mahlers Leben und Werk
Auguste Rodin, Porträtbüste Gustav Mahler,
Terrakottastudie, 1909 |
1860
Geboren in Kalischt (Kalište) in Böhmen am 7. Juli; im Oktober Übersiedlung
nach Iglau
1866
Einschulung, Musikunterricht, erste Kompositionen (Polka mit Trauermarsch,
verloren)
1871
Gescheiterter Besuch des Neustädter Gymnasiums in Prag
1875
Tod des Bruders Ernst am 13. April; Sommeraufenthalt auf dem Landgut Caslau,
dessen Gutsverwalter Gustav Schwarz den Besuch des Wiener Konservatoriums
empfiehlt
1875 – 1880
Studium in Wien
1876
Erster Satz eines Klavierquartetts in a-Moll (frühestes erhaltenes Werk)
1878
Dichtet den Text für Das klagende Lied; Abschluss der
Konservatoriums-Studien
1879
Arbeit an der Oper Rübezahl (nur Libretto erhalten); Liebe zu Josephine
Poisl
1880
Drei frühe Lieder, Das klagende Lied; im Sommer Kurkapellmeister in Bad Hall
(OÖ)
1881
Erster Dirigent am Landschaftlichen Theater Laibach; am 16. Dezember: Das
klagende Lied von der Jury des Beethoven-Preises abgelehnt
1882
Erster Dirigent am Stadttheater Olmütz, das nach drei Monaten geschlossen
wird; März – Mai Chordirektor der italienischen Stagione am Wiener
Carltheater; Musik- und Chordirektor in
1884
Musik zu "lebenden Bildern" nach Scheffels Der Trompeter von Säkkingen
(verloren); Liebesgedichte für Johanna Richter, vier davon vertont als
Lieder eines fahrenden Gesellen
1885
Erhält Vertrag mit dem Leipziger Stadttheater ab Juli 1886, als Überbrückung
nach
Juli 1885 – Juli 1886
Prag, Deutsches Theater, dirigiert 69 Vorstellungen, erstmals Beethovens
Neunte, eigene Lieder
Juli 1886 – Mai 1888
Leipzig, Neues Stadttheater
1887
Bekanntschaft mit der Familie Weber, vollendet Carl Maria von Webers
Fragment Die drei Pintos, Liebesbeziehung zu Marion von Weber; entdeckt Des
Knaben Wunderhorn
1888
Beginn der Komposition der I. Symphonie und einiger Wunderhorn-Lieder; im
Sommer komponiert er in Iglau die Todtenfeier; Aufführung der Pintos in
Leipzig und Prag
Oktober 1888 – März 1891
Budapest, Königliches Opernhaus als Direktor Reorganisation des Hauses,
lässt Operntexte ins Ungarische übersetzen
1889
Todesfälle: Vater (Februar), Schwester Leopoldine (September), Mutter
(Oktober), Mahler ist plötzlich Vormund einer großen Familie; im November
Uraufführung der I. Symphonie.
1890
Italienreise mit Justine; beendet die frühen Wunderhornlieder; Beginn der
Freundschaft mit Natalie Bauer-Lechner; Johannes Brahms kommt nach
Budapest; Verhandlungen mit Hamburg
März 1891 – April 1897
Hamburg, Stadttheater
1891
versucht Werke beim Verlag Schott unterzubringen
1892
fünf neue Wunderhornlieder; Schott veröffentlicht 14 Lieder; Begegnung mit
Tschaikowsky; leitet Mai bis Juli die deutsche Opernsaison in London; Urlaub
in Berchtesgaden; Cholera in Hamburg, ersetzt Hans von Bülow als Dirigent
der Hamburger Subskriptionskonzerte
1893
revidiert frühere Werke; Sommer in Steinbach am Attersee – komponiert vier
weitere Wunderhornlieder und Teile der II. Symphonie; besucht Brahms zum
ersten Mal in Ischl
1894
Tod Bülows; Mahler beendet die II. Symphonie
1895
Selbstmord des Bruders Otto; Aufführung von drei Sätzen der II. Symphonie in
Berlin; Uraufführung der ganzen Symphonie im Dezember; Steinbach: Sätze 2-6
der III. Symphonie; Anna von Mildenburg im Hamburger Ensemble, Beziehung bis
zum Wechsel nach Wien
Gustav Mahler, III. Symphonie, Partitur mit autographen
Eintragungen
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1896
Steinbach: 1. Satz der III. Symphonie; Spannungen mit Operndirektor Pollini,
erste Kontaktaufnahmen wegen eines Engagements in Wien
1897
konvertiert zum katholischen Glauben; drei Sätze der III. Symphonie in
Berlin uraufgeführt: Konzertreisen (Moskau, München, Budapest); 4. April:
Mahler unterzeichnet den Vorvertrag als Kapellmeister an der Wiener Hofoper;
am 6. April Begräbnis von Brahms
Mai 1897 – Dezember 1907
Hofoper, Wien - 13. Juli: stellvertretender, ab 8. Oktober artistischer
Direktor, dirigiert 109 Vorstellungen
1898
zieht in die Wohnung Auenbruggergasse ein; Sommer in Vahrn (Südtirol),
komponiert zwei weitere Wunderhornlieder; Schwester Emma heiratet den
Cellisten Eduard Rosé; September: Ernennung zum Leiter der Wiener
Philharmonischen Konzerte (bis Februar 1901)
1899
Aufführung der II. Symphonie in Wien; Sommer in Alt-Aussee, Teile der
IV. Symphonie
1900
Beziehung zur Sängerin Selma Kurz, leitet fünf Konzerte der Wiener
Philharmoniker in Paris; Aufführung der I. Symphonie in Wien; Fertigstellung
der IV. Symphonie
1901
Uraufführung der zweisätzigen Fassung von Das klagende Lied in Wien; erster
Sommer in Maiernigg am Wörthersee, komponiert drei Kindertotenlieder,
4 Rückertlieder, den Tamboursg´sell und das Scherzo der V. Symphonie; am
7. November Begegnung mit Alma Schindler, Verlobung im Dezember;
Uraufführung der IV. Symphonie in München
1902
heiratet Alma am 9. März, am folgenden Tag heiraten Justine und Arnold Rosé,
Hochzeitsreise nach Petersburg; Uraufführung der III. Symphonie beim
Tonkünstlerfest in Krefeld; lernt Alfred Roller und Willem Mengelberg
kennen; im Sommer in Maiernigg, Beendigung der V. Symphonie; 3. November:
Geburt der Tochter Maria Anna („Putzi“)
1903
Roller wird Vorstand des Ausstattungswesens an der Hofoper; Aufführung der
II. Symphonie im Basler Münster; in Maiernigg Komposition der VI. Symphonie;
Tieferlegung des Orchestergrabens der Hofoper; erste Konzerte mit dem
Concertgebouw Orkest (I. und III. Symphonie).
1904
am 15. Juni Geburt der Tochter Anna Justine („Gucki“), in Maiernigg
Beendigung der VI. Symphonie, zwei Kindertotenlieder, beginnt mit der
VII. Symphonie; Uraufführung der V. Symphonie in Köln, Aufführungen in
Amsterdam (II. und IV. Symphonie) und Wien (III. Symphonie)
1905
Liederabende in Wien (Uraufführung einiger Orchesterlieder) und Graz; in
Maiernigg Vollendung der VII. Symphonie; Strassburger Musikfest
(V. Symphonie, IX. Beethoven); Aufnahmen am Welte-Klavier in Leipzig.
1906
erneut Konzerte in Amsterdam (V. Symphonie,Klagendes Lied); Uraufführung der
VI. Symphonie beim Tonkünstlerfest in Essen; in Maiernigg: in nur sechs
Wochen die VIII. Symphonie
1907
Pressekampagne gegen Mahler, Verhandlungen mit New York, Demission als
Operndirektor; Tochter Putzi stirbt am 12. Juli in Maiernigg; 15. Oktober
letzte Vorstellung, 24. November letztes Konzert (II. Symphonie);
9. Dezember Abreise nach Amerika
1908-1911
Metropolitan Opera, New York Philharmonic Orchestra in Wien
1908
27 Vorstellungen an der Met; Sommer in Toblach, beginnt Das Lied von der
Erde; Uraufführung der VII. Symphonie in Prag ab Herbst: 23 Vorstellungen an
der Met
1909
erste Konzerte mit den New Yorker Philharmonikern, deren Chefdirigent im
April; in Toblach Vollendung von Das Lied von der Erde, IX. Symphonie;
letztes Mal beim Concertgebouw (VII. Symphonie); ab Herbst 46 Konzerte in
Amerika
1910
Aufführung der II. Symphonie in Paris, Uraufführung der VIII. Symphonie in
München; in Toblach X. Symphonie; Almas Affäre mit Walter Gropius; besucht
Siegmund Freud in Leiden; Vertrag mit der Universal Edition; Grundstück am
Semmering; Herbst: 49 Konzerte in Amerika
1911
21. Februar: dirigiert das letzte Konzert seines Lebens; 24. Februar:
schwere Erkrankung; 8. April: Überfahrt nach Europa; 17. April in Paris:
vergebliche Behandlung; 11. Mai: Abreise nach Wien, Einlieferung in das
Sanatorium Löw, wo Mahler am 18. Mai um 23.05 Uhr stirbt, 22. Mai: Begräbnis
auf dem Grinzinger Friedhof
hagalil.com 14-10-2005 |