19. Jüdische Kulturtage München:
Sepharad 2005
19. bis 29. November, Vorverkauf der
Veranstaltungen läuft
Das Jahr 1492 bescherte Spanien zwei Ereignisse, die
von nachhaltiger Bedeutung für die Weltgeschichte wurden. Neben der
Entdeckung Amerikas fand eine Jahrhunderte währende, friedliche Koexistenz
dreier Kulturen ihr Ende als Folge der Eroberung des Königreichs Granada
durch die Katholischen Könige und ihre Entscheidung, die Juden des Landes zu
verweisen, falls sie nicht den katholischen Glauben annehmen wollten.
Es ist wohl bekannt, dass während einiger Jahrhunderte die
damals weltweit wichtigste jüdische Ansiedlung in Sepharad, der Iberischen
Halbinsel, eine Blütezeit hatte. Sie war beispielgebend für ihr Konzept der
Selbstverwaltung, die Interpretation talmudischer Gesetze und andere
wichtige Aspekte jüdischen Glaubens. Die jüdischen Gemeinden erfreuten sich
verdientermaßen eines hohen Ansehens, wie der Beiname der Stadt Toledo
beweist, die auch als "Jerusalem von Sepharad" bezeichnet wurde. Barcelona,
Gerona, Zaragoza, Tudela, Sevilla, Cordoba und Lucena waren andere Städte,
deren Namen für immer mit der Geschichte der spanischen Juden verbunden
blieben.
In diesen Städten lebten und arbeiteten Dichter, Denker,
Talmudisten und Wissenschaftler, die durch ihr Werk die universelle Kultur
ihrer Zeit bereicherten. Einige der berühmtesten jüdischen Dichter wie Judah
Ha-levi, Samuel Ibn Nagrela, Salomon Ibn Gabirol und Moses Ibn Eszra
entstammten dem spanischen Judentum und ebenso bedeutsame Philosophen wie
Maimonides, Nachmanides und Crescas.
Nicht zu vergessen sind im Kontext der spanischen und
europäischen Kultur die Beiträge spanischer Juden an der Übersetzerschule
von Toledo und ihre wissenschaftlichen Leistungen in Astronomie,
Kartographie, Medizin, Mathematik und anderen Gebieten.
Bemerkenswert war auch die Beraterrolle, die Juden bei
Hofe, als Politiker, Finanziers und Gemeindeführer spielten. Viele Juden
waren Minister an muslimischen und christlichen Höfen zu einer Zeit, zu der
dies in anderen Ländern Europas nicht denkbar gewesen wäre. Die Führer der
jüdischen Gemeinden schufen Gesetze und Richtlinien, die das Leben
sephardischer Gemeinden auf der ganzen Welt bis zum heutigen Tage
beeinflussen.
Die Vertreibung der Juden aus Spanien führte zur
Verbreitung des judeo-spanischen Erbes bis in die entferntesten Ecken der
Welt. Von den Spanien benachbarten Ländern aus wie Nordafrika, Frankreich,
Italien und Portugal bis Nordeuropa (Amsterdam, Hamburg, London) und den
Ländern des Mittelmeeres, allen voran dem Osmanischen Reich, verbreiteten
die spanischen Juden ihre Religion und Sprache.
Saloniki, Konstantinopel, Belgrad, Sofia, Alexandria,
Jerusalem und andere Zentren im östlichen Mittelmeer bildeten eine Art
"Magna Sepharad", wo sephardische Literatur entstand und sich verbreitete.
Auf diese Weise haben die Nachfahren der spanischen Juden des Mittelalters
im Mittelmeerraum und in Europa ihre Sprache, das Ladino, als Ausdruck ihrer
spezifischen Kultur, zum einen jüdisch, zum anderen spanisch, erhalten. Auch
wenn heute die enge Bindung an diese Sprache und Kultur geschwunden ist,
bleibt ihre Lebensführung geprägt von ihrem spanischen Ursprung.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass von 1943 – 1945 eine
Vielzahl von sephardischen Juden in die Hände der nationalsozialistischen
Gewaltverbrecher fiel, vor allem in Jugoslawien, Albanien und Griechenland.
Mindestens 140.000 Sepharden fanden den Tod. Die Bevölkerung von Saloniki
zum Beispiel bestand zu diesem Zeitpunkt überwiegend aus Juden. Der neue
"Bestimmungsort" hieß Auschwitz.
Mit der Staatsgründung Israels konnte die Mehrzahl der
nordafrikanischen Juden, die in ihren Heimatländern durch zunehmenden
islamischen Religionsfanatismus bedroht wurden, nach Israel auswandern. Die
einst blühenden jüdischen Gemeinden in den Mittelmeerländern sind heute
kleine Minderheiten. In alle Welt verstreut versuchen die einstigen
Sepharden jedoch ihr Erbe, geprägt von den Ländern, in denen sie
Jahrhunderte lang Exil fanden, zu bewahren.
Die 19. Jüdischen Kulturtage fokussieren dieses Erbe.
Zahlreiche Veranstaltungen wie das Eröffnungskonzert, ausgeführt von der
Musikgruppe "Aman, Aman" aus Valencia (19.11.) sowie der Auftritt der Gruppe
"Los Desterrados" aus London (20.11.) vermitteln einen Eindruck, wie heute
sephardische Musik interpretiert wird. Sephardische Musik aus Nordafrika
bringt die aus Tunesien stammende Sandra Bessis & Ensemble zum Erklingen
(22.11.) Der Historiker Eli Bar-Chen (LMU München) wird in seinen Vorträgen
über "Die Juden in der islamischen Welt" (21.11.) und "Die Juden des
Maghreb" (Marokko, Tunesien, Algerien) (22.11.) ihre hier weniger bekannte
Geschichte näher bringen.
Am 25.11. wird die sechsköpfige, israelische Musikgruppe
"Eyal Sela & Darma" ihr Münchner Debüt geben. Aschkenasische und
sephardische Instrumentalisten bringen Musik zu Gehör, die von der Mystik
des Berges Meron durchdrungen ist. Ihr Programm "Call of the Mountain" hat
bereits weltweit Festivalpublikum fasziniert.
Wer israelische Tänze lernen möchte, ist bei Matti
Goldschmidt am 24.11. in der Seidlvilla an der richtigen Adresse.
Klezmermelodien, die auf Jüdischen Kulturtagen in München nicht fehlen
dürfen, präsentiert am 23.11. die niederländische Gruppe "Nikitov", und am
27.11. ist das neue Programm des Duos Lerner & Moguilevsky "Klezmer en
Buenos Aires" zu hören.
Zwei Abende sind der Literatur gewidmet: Am 21.11. das
literarisch-musikalische Programm "Rote Tropfen streut der Mohn" nach Texten
des österreichischen Lyrikers Theodor Kramer, dessen Gedichte in den 20er
und 30er Jahren zu den meistgedruckten im deutschsprachigen Raum gehörten,
und am 29.11. eine Lesung des kolumbianischen Schriftstellers José Guillermo
Memo Ánjel aus seinem Roman "Das meschuggene Jahr" (Spanisch/Deutsch) im
Instituto Cervantes (Spanisches Kulturinstitut).
Zum Abschluss der 19. Jüdischen Kulturtage lädt
"jourfixe-muenchen.de" zu einem charismatischen Abend "Echos aus Sepharad",
unter anderem mit der in München bekannten und beliebten Sängerin Andrea
Gianni, ein (28.11., Künstlerhaus am Lenbachplatz) ein.
In Zeiten sinkender Fördermaßnahmen ist die Gesellschaft
zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V. froh, dem interessierten
Publikum wieder ein so umfangreiches und qualitätvolles Festivalprogramm
präsentieren zu können. Dies wurde ermöglicht durch die Unterstützung des
Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, des Kulturreferats
der LH München sowie der Niederländischen und Österreichischen
Generalkonsulate.
Das Programm:
Sa 19.11. 19.00 Uhr, Gasteig, Carl-Orff-Saal
Eröffnungskonzert Aman Aman, Valencia
Sephardische Lieder aus Orient und Okzident
So 20.11. 19.30 Uhr Gasteig, Carl-Orff-Saal
Los Desterrados, London
Sephardic Flamenco Folk Music
Mo 21.11. 18.30 Uhr Gasteig, Kleiner Konzertsaal
Juden in der islamischen Welt
Vortrag Dr. Eli Bar Chen
Mo 21.11. 20.00 Uhr Gasteig, Kleiner Konzertsaal
Rote Tropfen streut der Mohn
Literarisch-musikalische Hommage an Theodor Kramer
Di 22.11. 18.30 Uhr Gasteig, Black Box
Juden im Maghreb
Vortrag Dr. Eli Bar Chen
Di 22.11. 20.00 Uhr Gasteig, Black Box
Sandra Bessis & Ensemble
Bodas - i otras kantigas
Sephardische Lieder aus dem Mittelmeerraum
Mi 23.11. 20.00 Uhr Gasteig, Black Box
NIKITOV, Amsterdam
Yiddish Songs meet Gypsy Jazz
Do 24.11. 19.00 Uhr Seidlvilla
Israelischer Tanzworkshop
Einführungskurs mit Matti Goldschmidt
Sa 26.11. 20.00 Uhr Gasteig, Carl-Orff-Saal
Eyal Sela & Darma, Israel
The mysterious Dances of Mount Meron
So 27.11. 11.00 Uhr Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek
Filmmatinee: Israel Close Up
Deutsch-israelische Dokumentarkurzfilme
So 27.11. 19.30 Uhr Gasteig, Kleiner Konzertsaal
Klezmer en Buenos Aires
Lerner & Moguilevski Duo mit neuem Programm
endlich wieder in München
Mo 28.11. 20.00 Uhr Allotria/Künstlerhaus am Lenbachplatz
Echos aus Sepharad
Musik und Rezitation mit Andrea Giani u.a.
Di 29.11. 19.30 Uhr Instituto Cervantes
José Guillermo Memo Ánjel: Das meschuggene Jahr
Lesung (Spanisch/Deutsch)
Karten ab 27. September bei allen bekannten
Vorverkaufstellen
wie München Ticket 089/54 81 81 81, Kiosk-Marienplatz UG 089/29 25 40,
Literaturhandlung 089/280 01 35
für Seidlvilla Reservierungen unter 089/22 12 53
für Allotria/Künstlerhaus Reservierungen unter 089/44 40 92 06
für Instituto Cervantes Reservierungen unter 089/29 07 18 13
Veranstalter: Gesellschaft zur Förderung
jüdischer Kultur und Tradition e.V., München gefördert vom Bayerischen
Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Kulturreferat der LH
München.
Die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur
und Tradition e.V., München dankt folgenden Einrichtungen für die
freundliche Unterstützung der 19. Jüdischen Kulturtage München: dem
Österreichischen Generalkonsulat, dem Niederländischen Generalkonsulat, der
Messe München International, dem Hotel City Hilton und der Münchner
Stadtbibliothek am Gasteig.
Infos unter: 089/22 12 53,
www.juedischekulturmuenchen.de
Email:
juedischekulturmuenchen@t-online.de
hagalil.com 10-10-2005 |