Gesungen und Ungesungen:
Leise flehen meine Tauben
Rezension
von Karl Pfeifer
Dank dem rührigen Fischer Verlag sind Georg Kreislers Lyrik und Kurzprosa
in einem preiswerten 329 Seiten umfassenden Taschenbuch zu haben. Darin
findet man Blitzgescheites, das man gerne auf den Nachttisch legt, um immer
wieder darin zu blättern. Anfang
der sechziger Jahre gab es wieder ein Kabarett in Wien, das bissig, lebendig
und ein klein wenig politisch war. Damals hörte ich Georg Kreisler zum
erstenmal. Irgendwie war es, als ob man von einem Lichtstrahl getroffen
wurde. Ein Zurückgekehrter sang an gegen die unglaubliche Verlogenheit, die
hier herrschte, gegen das Wegschieben jeder Verantwortung für das was hier
geschehen ist.
Dem 1922 in Wien geborenen gelang 1938 die Flucht nach Amerika. Siebzehn
Jahre später kehrte er zurück in seine Heimatstadt. Was er fühlte, beschrieb
er meisterlich in den Strophen:
So kam ich voller Unglück und voll
Glück in mein geliebtes Städtel hier zurück. Der Umgang mit mir
ist zwar sehr verpönt, man hat sich an mein Wegsein schon gewöhnt.
Jetzt heißt es: Tiefgeduckt und missgetraut! Und wer nicht
mitmacht, der macht mit. Jetzt werd ich von der Seite angeschaut
und krieg symbolisch einen Tritt.
Jetzt fühl ich mich zu Hause, zu Hause, zu Hause. Im Ausland nur
zu sitzen,
war auf die Dauer ungesund. Denn hier bin ich zu Hause, zu Hause,
zu Hause. Hier kann man mich benützen, und hier geh ich zugrund.
Georg Kreisler ist vor allem als Komponist
und Interpret seiner Lieder bekannt geworden. Man liest alle seine Texte mit
Genuss. Das Buch beinhaltet:
I.
Die alten bösen Lieder
II. Die alten unbequemen Lieder
III. Die alten Wiener Lieder
IV. Die alten Liebeslieder
V. Die alten jüdischen Lieder
VI. Die alten ungesungenen Lieder Georg
Kreisler,
Leise flehen meine Tauben
Gesungenes und Ungesungenes
Fischer Taschenbuchverlag Frankfurt am Main, September
2005
ISBN 3-596-16946-1
Euro 8,95 (D)
hagalil.com 21-10-2005 |