Dokumentation zur Ausstellung:
"Post für Dachau"
Schloss Dachau, 02.10. – 23.10.2005
Veranstalter: Künstlervereinigung Dachau e.V.
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-18Uhr,
Sa+So 11-18
Die Künstlervereinigung Dachau hat sich im Rahmen der
1200-Jahr-Feier Dachaus ein, wie die KVD findet, wichtiges Thema
vorgenommen: die Auseinandersetzung mit all den möglichen Bildern, die sich
Menschen, Künstler von unserer Stadt, ihrer Vergangenheit, ihrer Gegenwart
und ihrer Zukunft machen.
Wolfgang Z. Keller: "... der werfe den ersten Stein."
– Ein Glashaus für Europa |
Wer über Dachau redet, muss sich zunächst eine gewisse
Ratlosigkeit eingestehen. Wie kann eine solche Stadt dieses Jubiläum
begehen? Der Name Dachau weckt weltweit Assoziationen. Er steht für den
NS-Terror. Denn in dieser Stadt hatten die Nationalsozialisten das erste
Konzentrationslager errichtet. Allein der Hinweis, dass Dachau nicht nur ein
Synonym für die Schrecken des Nationalsozialismus ist, klingt wie eine
Beschwichtigung. Aber Dachau ist auch eine Stadt mit 40 000 Einwohnern und
Teil eines Landkreises mit 150 000 Einwohnern, der zu den wirtschaftlichen
Boom-Regionen der Bundesrepublik Deutschland zählt. Aktuelle seriöse
Rankings platzieren die Stadt und den gleichnamigen Landkreis auf Rang sechs
bis zehn. Dachau war auch Teil eines Netzwerks europäischer Künstlerkolonien
im ausgehenden 19. Jahrhundert.
Dachau im Jubiläumsjahr - die Künstlervereinigung Dachau
mit ihrer einhundertjährigen Geschichte in dieser Stadt will einen Beitrag
leisten, in dem nicht gefeiert wird, sondern reflektiert. Die politischen
Diskussionen der Nachkriegszeit bis zum heutigen Tag sind Ausdruck einer
Spannung zwischen den beiden Polen dieser Stadt und des gescheiterten
Versuches, das "andere", "das künstlerische Dachau" gegen die Zeitgeschichte
auszuspielen. Der Gegenentwurf sieht Dachau als Lernort vor, der sich der
Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte und mit der regionalen Geschichte
stellt, das ehemalige Konzentrationslager als historischen Auftrag annimmt.
Vielleicht ist Dachau so voller innerer Spannungen und möglicherweise
unlösbarer Konflikte, weil die Menschen sie in sich tragen.
Der Historiker Peter Reichel schreibt in seinem Buch,
"Politik mit der Erinnerung, Gedächtnisorte im Streit um die
nationalsozialistische Vergangenheit" (Frankfurt 1999), dass die
Auseinandersetzung mit den Orten des Gedenkens oder Mahnmalen wichtiger ist
als diese Mahnmale und Gedenkorte, welche diese Diskussionen auslösen. Kunst
wäre dann auch Medium einer Bewusstseinsforschung, in der Dachau wie ein
Brennpunkt deutscher Geschichte anmutet.
Beitrag von Wolfram P. Kastner: Das Schiff
In einer Anwaltskanzlei in München steht ein Segelschiff. Es wurde von
Häftlingen im Konzentrationslager Dachau heimlich gebaut.
Karl Frey (geb. 1900, gest. 1974), der als Kommunist 12 Jahre in Dachau
und Mauthausen inhaftiert war, erhielt es von Häftlingen aus Dankbarkeit
geschenkt. Das Schiff, sowie einige Schriftstücke, evtl. die
Häftlingsjacke mit rotem Dreieck und der Nummer 67 werde ich zusammen
mit dem Sohn von Karl Frey nach Dachau in die Ausstellung bringen.
Dokumente wie eine Beschreibung der erlittenen Qualen und Folterungen
sowie Briefe von inhaftierten Priestern, die Karl Frey für die Rettung
ihres Lebens danken, werde ich per Post nach Dachau schicken und an
einer Wand präsentieren. |
Dachau im Jubiläumsjahr - die Künstlervereinigung Dachau
zeigt eine Ausstellung zum Thema "POST für DACHAU". Künstler aus aller Welt
sollen Gelegenheit bekommen, eine Botschaft, einen Gruß an die Stadt zu
richten, ihre Gedanken zu Dachau mitzuteilen oder einfach nur ihr "Bild von
Dachau" zu vergegenwärtigen.
Beitrag von Heinz Daniels
Der zweite Teil der Ausstellung will diese eher zufälligen
Zusendungen durch ausgewählte künstlerische Beiträge vertiefen. Folgende
Künstler konnten gewonnen werden: Anna Adam, Klaus Auderer, Gunter Demnig,
Otto Dressler, Horst Hoheisel, Wolfram Kastner, Wolfgang Z. Keller, Alfred
Kerger, Zoran Music, Marcia Parahyba, Regina Pemsl, Volker Wohlfahrt, Guido
Zingerl. Außerdem wird das Gedächtnisbuch, ein Erinnerungszeichen an die
Häftlinge des KZ Dachau, gezeigt.
Zur Dokumentation der Ausstellung
(PDF)
Nachtrag: Die Installation "Das Glashaus.... der werfe
den ersten Stein" wurde mittlerweile doch noch genehmigt und ist im
Ausstellungszeitraum im Vestibül von Schloss Dachau zu sehen.
hagalil.com 02-10-2005 |