WADI entsendet Wahlbeobachter/innen:
Verfassungsreferendum im Irak
Thomas Uwer, Wadi
Am 15. Oktober entscheiden die Bürger des Irak in einem
landesweiten Referendum über den vorgelegten Entwurf einer Verfassung.
Erstmals werden die Bürger des Landes in den verfassungsgebenden Prozess
eingebunden, sie können dem Entwurf zustimmen oder ihn ablehnen. Sollte der
Verfassungsentwurf angenommen werden, so erhielte das Land erstmals eine in
weiten Teilen liberale Verfassung, die von einem aus freien Wahlen
hervorgegangenen Gremium verfasst wurde.
Die Hilfsorganisation WADI wird das Referendum als
Wahlbeobachterin begleiten. Wie bereits anlässlich der Parlamentswahlen im
Januar diesen Jahres wird ein Team von Wahlbeobachter/innen in verschiedenen
Ortschaften überprüfen, ob eine ungehinderte Stimmabgabe ohne Manipulation
gewährleistet ist. Ein besonderes Augenmerk wird das Beobachtungsteam auf
die Wahlmöglichkeiten von Frauen legen. Bereits im Vorfeld hat WADI an
gezielten Aufklärungskampagnen beteiligt, in denen Frauen über Bedeutung und
Inhalt des Verfassungsentwurfs informiert werden.
Der vorliegende Verfassungsentwurf ist von irakischen
Frauenorganisationen u.a. dafür kritisiert worden, dass der Islam als "eine
Grundlage" irakischen Rechts gekennzeichnet wird. Islamische Einflüsse bspw.
im Familienrecht werden als geschlechterdiskriminierend gefürchtet.
Schiitische Frauenorganisationen hatten demgegenüber eine stärkere Betonung
islamischen Rechts gefordert. Islamische Organisationen und Parteien hatten
gefordert, dass der Islam als "die Grundlage" gekennzeichnet und zur
wichtigsten Gesetzesquelle wird, sich damit aber nicht durchsetzen können.
Auch um andere Fragen, wie der angestrebten föderalen Struktur des Landes
und der Definition des Irak als "multi-ethnisch" und "multi-religiös" hatte
es Auseinandersetzungen gegeben.
Arabisch-nationalistische und islamistische Terrorgruppen
haben erneut mit Gewalttaten am Referendumstag gedroht. Ihr Ziel ist, die
Durchführung des Referendums zu verhindern und den Übergang zu einer zivilen
und demokratisch legitimierten Regierungsform im Irak zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund ist die Präsenz internationaler
Beobachter am Referendumstag von großer Bedeutung. Die Hilfsorganisation
WADI, die seit 1993 im Nordirak tätig ist und im Land zwei Büros unterhält,
ist hierzu bei der Unabhängigen Wahlkommission offiziell akkreditiert. Die
Wahlbeobachter/innen können zum Referendum vor Ort erreicht werden und
stehen für Interviews zur Verfügung.
Der Verfassungsentwurf gilt als angenommen, wenn am 15.
Oktober die Mehrheit der Wähler ihn mit "Ja" bestätigt. Als abgelehnt gilt
der Entwurf, wenn diese Mehrheit nicht zustande kommt oder er in mindestens
drei von 18 Provinzen von 2/3 der Wähler/innen abgelehnt wird.
Zu WADI: WADI unterstützt im Irak vor allem Programme für
Frauen und Mädchen. Entgegen der verbreiteten Vorstellung von einem zwar
diktatorischen, aber dennoch laizistischen und Teilbereichen der
Gesellschaft modernen Staates hat das im April 2003 gestürzte Regime
gegenüber Frauen eine Art "Geschlechterapartheid" errichtet und sich
vermeintlich traditionaler und islamischer Formen der
Geschlechterunterdrückung bedient. Frauen und Mädchen wurden zunehmend aus
dem öffentlichen Leben verdrängt und vom Zugang zu Bildung und Arbeit
abgeschnitten. Die Legalisierung familiärer Gewalt gegen Frauen bis hin zum
Mord – aus Gründen der "Ehre" – unter dem Regime Saddam Husseins hat zu
einem dramatischen Anstieg von Gewalttaten gegen Frauen geführt. Die
Vereinten Nationen schätzen, dass mehr als 4.000 Frauen und Mädchen in den
Neunziger Jahren legal von männlichen Angehörigen ermordet wurden.
Neben Frauenprogrammen unterstützt WADI im Irak
unterschiedliche Initiativen zur Demokratisierung des Irak.
http://www.wadinet.de
hagalil.com 30-09-2005 |