Von Alexander Lozze
"antifa" - Magazin für
antifaschistische Politik und Kultur
Georg verschlägt es von Frankfurt am Main nach Frankfurt (Oder). Der
Grund für diesen weiten Weg: Der Vater soll in der Grenzstadt ein
deutsch-polnisches Einkaufscenter bauen.
Der 16-Jährige wird von seinem allein erziehenden Vater vor vollendete
Tatsachen gestellt: getrennt von seiner Freundin Jasmin, abgemeldet aus dem
Taekwondo-Verein. Besonders hart für den ambitionierten Kampfsportler: Die
hessischen Landesmeisterschaften finden ohne ihn statt. Von nun an beginnen
die Probleme eines Teenagers, der eine fremde Welt betritt. Jene, in der
Georg aufwuchs, war geprägt von sozialem Wohlstand, antiautoritärer und
liberaler Geisteshaltung. All dies gibt es so in Frankfurt (Oder) nicht
mehr. Hier fehlt es an sinnvollen Freizeitbeschäftigungen. Es ist eine Welt
zwischen desolatem Selbstwertgefühl und empfundener Wehrlosigkeit.
In der neuen Schule wird Georg von den anderen als "Wessi" beschimpft. Ihren
rechtsradikalen Phrasen hat er nichts entgegenzusetzen. Bis es zu einer
Schlägerei mit dem rechten Wortführer der Klasse kommt. Georgs
Taekwondo-Techniken beeindrucken Thomas, der den Neuling in seine Clique
aufnehmen will. Der Gegner begeistert sich für den asiatischen Kampfsport.
So entwickelt sich zwischen Georg und Thomas eine Freundschaft. Dabei wird
gezeigt: Thomas ist nicht nur der kalte Neonazi und berechnende
Cliquenführer, sondern ein Teenager, der emotionale Zuwendung statt
Kameradschaft braucht. Ein mit asiatischen Lebensweisheiten durchsetzter,
diffuser Schicksalsglaube zeichnet sich bei beiden Jugendlichen ab. Sie
prägt tiefer Hass auf ihre Väter - Gefühle, die von Nazis allzu gern
angesprochen werden.
Auf diese Art versucht der Film, alltägliche Probleme von Teenagern und
deren Hinwendung zu rechtsradikalen Gruppen zu erklären. Fehlende
Orientierung, klischeehafter, grauer ostdeutscher Alltag, Ablehnung und Hass
- mehr bleibt nicht. Ein finaler Gewaltexzess, in dem Georg in den Rand
eines Springbrunnens beißen muss und Thomas ihm auf den Kopf springen soll,
erinnert an den Mord an Marius Schöberl im uckermärkischen Potzlow. Im Film
wird er jedoch in letzter Sekunde verhindert. Georg und Thomas treffen sich
nach einem Krankenhausaufenthalt beim Taekwondo-Training wieder. Beide sind
nun aus der Szene ausgestiegen. Da wirkt selbst der Gastauftritt von
Matthias Schweighöfer als Nazikader Daniel nur wie der - vergebliche -
Versuch, ein schwaches Drehbuch durch Filmstars aufzuwerten.
Regisseur Borscht wirft in seinem Streifen zwar Probleme auf, zeigt die
Hilflosigkeit gegenüber der Wirklichkeit. Statt eine Lösung anzubieten,
lässt er einfach den Vorhang fallen - wie bei einem Theaterstück. Der
Zuschauer bleibt mit unbeantworteten Fragen zurück. Zur Musik der Band
"Böhse Onkelz", die in rechten Kreisen Kultstatus genießt, läuft der
Abspann.