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    Gebirgsjäger: Unbelehrbare gedenken noch heute auch der Massenmörder
    
    
    Alle Jahre wieder, in Mittenwald trifft sich der 
	Kameradenkreis der Gebirgsjäger zum gedenken. Inzwischen ist bekannt, auch 
	die Elitetruppe der Gebirgsjäger hat im zweiten Weltkrieg Verbrechen 
	begangen, sie hat sogar Judendeportationen bewacht. Doch von den 
	geschichtlichen Tatsachen, den Gegendemonstranten und den KZ-Überlebenden, 
	die zum Protest gekommen sind, wollen sich die alten Kameraden und viele aus 
	Mittenwald die Gedenkfeier nicht verderben lassen. Hanno Christ, Alexander 
	Kobylinski und Caroline Walter waren vor Ort.
 
    
    
     Rundfunk 
	Berlin Brandenburg, Kontraste [VIDEO] Alle Jahre wieder zum Pfingstfest gedenken sie der 
	gefallenen Kameraden: die Gebirgsjäger. An die Opfer der Kriegsverbrechen, 
	die auch die Gebirgsjäger der Wehrmacht begangen haben, an die erinnern sie 
	nicht. Was haben Historiker in den letzten Jahrzehnten doch gefunden, 
	gesammelt, belegt, beschrieben. Dieser Krieg war ein Verbrechen gegen die 
	Menschlichkeit, auch wenn es schmerzt, das Zugeben. Viele Gebirgsjäger 
	scheinen immer noch immun gegen das Erinnern. Und die Bundeswehr? Tut wenig. 
	Alexander Kobylinski, Caroline Walter und Hanno Christ waren beim 
	Pfingsttreffen in Mittenwald. 
 Pfingsten im bayerischen Städtchen Mittenwald. Das Wichtigste ist, dass die 
	Touristen kommen. Doch es kommen Hunderte von Demonstranten aus ganz 
	Deutschland und ein riesiges Polizeiaufgebot. In den Straßen herrscht 
	Ausnahmezustand.
 
 Der Protest richtet sich gegen diese Veranstaltung hoch oben auf dem Berg – 
	das Pfingsttreffen von Gebirgsjägern der Wehrmacht und der Bundeswehr.
 
 Sie sind vereint im sogenannten "Kameradenkreis der Gebirgstruppe". Sie 
	gedenken ihrer Gefallenen.
 
 Die Demonstranten dagegen wollen aufklären über die Kriegsverbrechen von 
	Gebirgsjägern der Wehrmacht. Auch Peter Gingold demonstriert – er war im 
	Widerstand, wurde von der SS gefoltert, war zum Tode verurteilt, konnte 
	entkommen.
 
 KONTRASTE
 "Was sagen Sie denn, dass die Bundeswehr jedes Jahr mit dabei ist und mit 
	feiert mit dem Kameradenkreis?"
 Peter Gingold, ehemaliger Widerstandskämpfer
 "Ja, da sehe ich ja die Hauptgefahr. Die Hauptgefahr ist ja nicht diese 
	Veteranen, die kommen oder ihre Angehörigen oder einige Teile, sondern dass 
	sie auf diese Weise staatlich sozusagen unterstützt werden."
 
 Eine Wand der Erinnerung haben sie zum Protest aufgebaut. Auf jeder Kiste 
	steht ein Verbrechen von Hitlers Gebirgstruppe - Mord an wehrlosen 
	Zivilisten. Die Gebirgsjäger galten als eine Elite der Wehrmacht. In ganz 
	Europa haben sie eine Blutspur hinterlassen, vor allem in Griechenland. Zum 
	Beispiel in dem Dorf Kommeno: 317 Einwohner, darunter Frauen und Kinder, 
	wurden brutal ermordet. Ein Gebirgsjäger berichtete später:
 Zitat:
 "So habe ich selbst gesehen, wie einige Soldaten den weiblichen
 Leichen Bierflaschen in den Geschlechtsteil einführten...ich habe auch 
	Leichen gesehen, denen die Augen ausgestochen waren."
 
 Peter Gingold und die anderen Demonstranten gedenken der Opfer der 
	Gebirgsjäger und fordern Strafen für die Täter. Wütende Reaktionen der 
	Mittenwalder.
 
 
  [VIDEO] 
 Mittenwalder Bürger
 "Die sollen mal für die jungen Leute den Arbeitsdienst einführen, dass 
	sie das Arbeiten lernen und nicht da mit der Streikerei hochgepeppelt 
	werden."
 "Wenn ich das schon höre, Kriegsverbrechen. Die haben ja gehen müssen, die 
	haben ja nicht, die sind ja nicht freiwillig gegangen. Das waren ja 
	Soldaten, oder?
 "Ich kann nicht lesen. Bin taubstumm, wir sind taubstumm."
 "Wir sind schon das Melkvolk, oder was meinen Sie, was wir schon den 
	Israelis gezahlt haben, ha den Juden. Pah."
 
 Auch von einem der schwersten Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger wollen sie 
	nichts wissen: Diese italienischen Soldaten wurden von Gebirgsjägern auf der 
	Insel Kephalonia erschossen - über 4.000 entwaffnete, wehrlose 
	Kriegsgefangene.
 
 Bis heute haben viele Veteranen kein Unrechtsbewusstsein, rechtfertigen gar 
	die Verbrechen:
 
 KONTRASTE
 "Was sagen Sie denn, dass auch Verbrechen von den Gebirgsjägereinheiten 
	begangen wurden?"
 Veteran
 "Das waren in den meisten Fällen Partisanen. Darüber sollte man 
	berichten."
 KONTRASTE
 "Da waren aber auch viele Frauen, Kinder, wehrlose Zivilisten?"
 Veteran
 "Auch die Frauen waren Partisanen und die Kinder, die Kinder dazu."
 Veteran
 "Wir haben ja auch nicht geschossen. Die Anderen haben zuerst geschossen, 
	also verteidigt man sich. Ganz logisch, oder?"
 Veteran
 "Wenn Sie sich hier die alten Herren anschauen, ich weiß nicht, ob Sie 
	einem zutrauen, dass er derartige Verbrechen hätte begehen können."
 
 Sie legen Kränze für ihre gefallenen Kameraden nieder. Einen für die Opfer 
	der Verbrechen gibt es nicht. Neben dem Kranz von Hitlers einstiger 
	Führungselite, den Ritterkreuzträgern, liegt der von Verteidigungsminister 
	Struck. Hier lebt der Mythos der sauberen Wehrmacht weiter. Obwohl die 
	Staatsanwaltschaft inzwischen wegen des Mordes an den italienischen 
	Kriegsgefangenen ermittelt. Der Kameradenkreis muss öffentlich reagieren.
 
 Manfred Benkel, Präsident "Kameradenkreis der Gebirgstruppe e.V."
 "Dort wo das Individuum versagt hat, bitte ich im Namen aller Mitglieder 
	des Kameradenkreises die Opfer um Vergebung. Und wo dem Einzelnen Schuld 
	nachgewiesen wird, muss er sich verantworten, in letzter Instanz vor Gott."
 
 Diese Entschuldigung ist geheuchelt – denn im Kameradenkreis sind bis heute 
	Mitglieder von Kompanien, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Auch 
	SS-Einheiten. Wir finden im Kameradenkreis auch ehemalige Angehörige des
 Polizeigebirgsjägerregiments 18. Die Einheit war der SS unterstellt. Aus 
	Ermittlungsakten der Sechziger Jahre geht hervor: Die Polizeigebirgsjäger 
	waren an der Deportation griechischer Juden nach Auschwitz beteiligt. 
	Gestört hat das den Kameradenkreis nie.
 
 Maurice Cling aus Paris ist zum Demonstrieren hier. Er hat den Holocaust 
	überlebt und ist empört, dass SS-Veteranen im Kameradenkreis sind. Als Kind 
	war er in Auschwitz. In den letzten Kriegstagen trieben ihn SS-Männer auf 
	einem Todesmarsch nach Mittenwald.
 
 Maurice Cling, Holocaust-Überlebender
 "Ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Ort nach 60 Jahren noch mal 
	sehen würde. Ich stelle mir hier nur vor, dass ich auf diesem Weg nur wenige 
	Meter von hier entfernt wie einige meiner Kameraden auf dem Gewaltmarsch 
	gestorben wäre - von den Soldaten am Ende der Kolonne umgebracht, weil die 
	Todesmaschine immer weiter lief bis zur letzten Minute."
 
 Maurice Cling kann nicht verstehen, dass bis heute Mitglieder von 
	SS-Einheiten im Kameradenkreis sogar geehrt werden. So finden wir in der 
	aktuellen Vereinspostille einen Geburtstagsgruß für Karl Staudacher, 
	Kameradschaft Polizeigebirgsjägerregiment.
 
 Den Zusatz SS lässt man heute lieber weg.
 
 Die Bundeswehr überraschte den Veteranen mit 15 Mann, die ihm zu Ehren 
	schneidige Märsche spielten.
 
 Wir konfrontieren die Bundeswehr mit dieser Art von Traditionspflege bei den 
	Gebirgsjägern.
 
 KONTRASTE
 "Wie erklären Sie so eine Ehrenformation für einen ehemaligen 
	SS-Polizeigebirgsjäger?"
 Manfred Engelhardt, Generalmajor der Bundeswehr
 "Das kann ich zur Zeit nicht bewerten, weil mir dazu keine Informationen 
	vorliegen.”
 KONTRASTE
 "Warum hat man nie den Kameradenkreis und von sich aus mal die Einheiten 
	und die Zugehörigkeiten überprüft?"
 Manfred Engelhardt, Generalmajor der Bundeswehr
 "Das entzieht sich jetzt meiner Kenntnis. Ich kann nicht im einzelnen 
	sagen, zu welchen Einheiten und Verbänden der Gebirgstruppe der ehemaligen 
	Deutschen Wehrmacht Forschungsergebnisse vorliegen."
 
 Keine Kenntnisse – die Bundeswehr sollte aber wissen, mit wem sie in einem 
	Verein ist. Es stört sie auch nicht, dass beim gemeinsamen Pfingsttreffen, 
	"Ein kleines Edelweiß" gespielt wird - ein Marschlied der Wehrmacht.
 
 Während oben auf dem Berg Feierstimmung herrscht, halten die Demonstranten 
	unten in der Stadt einen Gottesdienst ab. Mit einem Lied, das damals 
	KZ-Häftlinge gesungen haben, endet der Protest gegen die Gebirgsjäger.
 
 "Das haben wir nicht gewusst", damit kann sich die Bundeswehr heute 
	nicht mehr verteidigen. Den Mut, die furchtbare Geschichte der Wehrmacht zu 
	kennen und zuzugeben, den sollten wir von unseren führenden Offizieren schon 
	erwarten dürfen.
 Beitrag von Hanno Christ, Alexander Kobylinski und 
	Caroline Walter26.05.2005
 [VIDEO]
 
    hagalil.com 23-08-2005 |  | 
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