Antisemitismus und Karikatur:
Neues aus Deutschland?
Auf nebenstehende Karikatur der deutschen
Tageszeitung "Neues Deutschland", Berlin, reagierte heute (19-08-2005) der
Jüdische Kulturverein, Berlin, mit einem offenen Brief.
An die Chefredaktion "Neues Deutschland"
Berlin, 19. August 2005
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wenn wir diese widerliche Karikatur richtig
deuten, die Sie - fast wie im Rückgriff auf frühere Zeiten - ihrer gestrigen
Ausgabe beigefügt haben, so soll wohl das im Wüstensand bodenständig
verankerte Magn David die jüdischen Siedler im Gazastreifen verkörP€ffi, die
sich mit ihren schwachen Kräften gegen die anrückenden Panzer und Bagger und
die Abrissbimen der israelischen Armee wehren? Verteidigen sie sich mit
bloßen Händen und Füßen, mit der Flamme (gemeint sind wohl die brennenden
Barrikaden) und mit dem Schild "Stop!"? Wer ist hier Freund, wer Feind?
Unserer Einstellung entspricht eine solche
Interpretation des Abzugs aus Gaza übrigens nicht, denn wir sind mit der
Mehrheit unserer Brüder und Schwestern im heiligen Land durchaus der
Meinung, dass die Entscheidung überfällig war. Anders Sie? Dass es tragische
Verkettungen geben muss, liegt in der Natur der Sache. Nichts aber
rechtfertigt den erneuten Missbrauch eines jüdischen Symbols - in Gelb als
deutsches Zeichen der Vernichtung unseres Volkes weltweit gefürchtet.
Uns erinnert Ihre Zeichnung übrigens nicht nur an den "Stürmer", sondem
leider auch an das "ND" oder die "Junge Welt" in jenen sozialistischen
Zeiten, die von aggressiver Nahost-Deutung strotzten. Wir haben schon
seinerzeit dagegen Protest vorgetragen. Unsere Deutung ist also vermutlich
eine Fehlinterpretation Ihrer Message.
Das: "ND" können wir uns nicht auf der Seite der orthodoxen und
nationalistischen Extremisten gegen einen legitimen Einsatz israelischer
Soldaten denken. Wir meinen, wer "die Linke unter den Großen" in Deutschland
sein will, darf sich nicht wundern, wenn Empörung wie die unsere daran
erhebliche Zweifel aufkommen lassen.
Dies ist unser offener Brief an Sie in einer
Zeit, in der auch bei Ihnen oft gegen Antisemitismus geschrieben worden ist.
Solche Karikaturen hingegen lassen die Rückkehr primitiver rassistischer
Mentalitäten nicht ausschließen.
Wir erwarten, dass Sie sich von jener Zeichnung distanzieren, damit wir
nicht eine weitere Debatte um Populismus und das Wühlen am rechten Rande
dumpfer Gefühle vermuten müssen.
Mit freundlichem Gruß
Für den Vorstand des Jüdischen Kulturvereins
Dr. Irene Runge und Ralf Bachmann
Jüdischer Kulturverein Berlin e.V.
Oranienburger Straße 26, 10117 Berlin
e-mail:
JKV.Berlin@t-online.de
Antwort der
Chefredaktion des "Neuen Deutschland" vom 23.08.2005
hagalil.com 16-08-2005 |