Konservatives Judentum:
Visionen und Pläne für ein starkes europäisches Masorti
Von
Chana Karmann-Lente,
JK/JKV
Ende Mai trafen sich in Berlin VertreterInnen
europäischer Masorti-Gemeinden. Gut vierzig TeilnehmerInnen waren aus 11
Ländern (Frankreich, Israel, Polen, Portugal, Spanien, Tschechien, Ungarn,
UK, USA, Rußland und Deutschland) angereist. Das Forum bot allen die
Möglichkeit, über den eigenen regionalen Horizont hinauszusehen und
gemeinsam Visionen und Pläne für ein starkes Masorti Europa zu entwickeln.
Schon bevor das Forum durch Rabbi Joe Wernik, Executive
Vice-President Masorti Olami und Mercaz Olami, eröffnet wurde, herrschte
eine gute und erwartungsvolle Stimmung. Nach einer weiteren Begrüßung durch
Gabriele Brenner
aus Weiden, der 2. Vorsitzenden von Masorti Deutschland, und einem
Dvar Tora von
Rabbinerin Gesa
Ederberg begann die große Vorstellungsrunde.
Moderiert wurde dieser Teil von Rabbi Chaim Weiner, dem
Direktor des Beit Din für Masorti Europa, einer wichtigen Einrichtung für
die gemeinsame Arbeit auf europäischer Ebene. Auch die kleinen Gemeinden,
die sich keinen eigenen Rabbiner oder eine Rabbinerin leisten können, können
nun jederzeit auf rabbinischen Rat zurückgreifen und die Dienste des Beit
Din in Anspruch nehmen. Das Beit Din spielte darum eine Hauptrolle in der
Vision, die Rabbi Chaim Weiner anschließend unter der Überschrift »Masorti
Movement in Europe - Who Are We?« vorstellte.
Nach einem hervorragenden israelischen Buffet
beschäftigten wir uns am Nachmittag weiter mit der bisherigen Entwicklung.
Unter der Gesprächsführung von Tomasz Majewski aus Polen wurden verschiedene
Förderungsmöglichkeiten und Programme vorgestellt: Conny Rieger,
Mitarbeiterin im deutschen Masorti-Verein, vermittelte einen Einblick in von
der EU geförderte Maßnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen auch für
Masorti in Frage kommen könnten. Sie erklärte sich bereit, den Gemeinden in
allen Fragen zu solchen Programmen der Europäischen Union beizustehen.
Udi Givon, Masorti Olami Jerusalem, berichtete vom
»Hemshech«-Programm, das verschiedene Möglichkeiten für einen einjährigen
Aufenthalt in Israel bietet – der Schwerpunkt kann wahlweise auf einem
Studium an der Conservative Yeshiva oder an der Rothberg International
School der Hebräischen Universtität oder auf einem Praktikum in einem
israelischen Unternehmen oder einer Institution liegen. In allen Fällen gibt
es ein Rahmenprogramm von Masorti.
Dr. David Breakstone, Leiter des Department of Zionist
Activities der World Zionist Organization, stellte den »L.A.Pincus Fund for
Jewish Education in the Diaspora« vor. Ein kompliziertes Antragsverfahren
geht der finanziellen Unterstützung voraus, die auch von Masorti Gemeinden
gut genützt werden kann. Zum Beispiel hat Gesa Ederberg vom Pincus Fund eine
Zusage zur Unterstützung des Masorti Gan in Berlin erhalten – geknüpft an
die Bedingung einer bestimmten Anzahl von Kindern, die nun im Herbst
erreicht sein wird.
Rabbi Joe Wernik versicherte, daß Masorti Olami sich
verstärkt um Lay Leadership Training bemühen wird, damit auch kleine
Gemeinden ohne Rabbiner oder Rabbinerin in die Lage versetzt werden können,
eigenständig zu arbeiten. Als ersten Schritt in hoffentlich naher Zukunft
schlug er ein Seminar für VorbeterInnen vor. Damit hat er ein großes
Bedürfnis in den Gemeinden angesprochen. Neben der Vorstellung des
Europäischen Beit Din war diese Aussicht sicherlich ein motivierender
Höhepunkt.
Später am Nachmittag ging es um Mercaz Olami, die
Zionistischen Organisationen in Europa und um den World Zionist Congress
2006. Mercaz Olami ist die zionistische Organisation der weltweiten Masorti
/ Conservative Bewegung, die zionistische Erziehung und Bildung,
Israel-Programme und die Aliya fördert. Mercaz repräsentiert die Interessen
von Masorti in der World Zionist Organization (WZO) und in der Jewish Agency
for Israel (JAFI) - dadurch trägt Mercaz wesentlich zur Entwicklung von
Masorti bei. Je stärker Mercaz dort auftritt, desto größer wird der Einfluß
von Masorti auf die Agenda dieser Organisationen, aber auch auf die
Verteilung der Ressourcen! Mit diesen Mitteln kann Masorti Seminare
finanzieren, (Lehr-)Materialien erstellen, israelische Rabbis und
ErzieherInnen entsenden, um die Gemeinden in der Diaspora aufzubauen und zu
unterstützen. David Breakstone nannte Beispiele und Zahlen, die die
Dringlichkeit eines verstärkten Mercaz-Engagements und die dadurch zu
erwartende Unterstützung verdeutlichte.
Zum Abschluß wurden Rabbi Chaim Weiner und Rabbinerin Gesa
Ederberg noch einmal gebeten, ihre Vision für Masorti Europa zu formulieren.
Während Rabbi Weiner ausgehend vom Beit Din den Schwerpunkt auf die
praktische gemeinsame Arbeit legte, stellte Rabbinerin Ederberg ihre Vision
von Masorti als lebendigem Begegnungspunkt von Tradition und heutigen
Fragestellungen dar. Ausgehend von Pirkei Avot: »Auf drei Dingen gründet die
Welt, auf Tora, Gottesdienst und Sozialarbeit« betonte sie die Mündigkeit
und Selbstverantwortlichkeit der Einzelnen und der Gemeinden als
entscheidendem Element für eine jüdische Zukunft in Europa.
Die Vorträge und Diskussionen des Nachmittags mündeten in
einer Yom Yerushalayim Feier. Beschlossen wurde das Forum mit dem
gemeinsamen Mincha-Gebet. Es dauerte noch eine Weile, bis auch die letzten
Gespräche verebbten, die letzten Informationen ausgetauscht, die letzten
Verabredungen getroffen waren, die letzten TeilnehmerInnen sich auf den
Heimweg machten. Alle werden gerne wieder zu einem Europäischen Masorti /
Mercaz Forum zusammenkommen!
Den von uns leicht gekürzten Text stellte uns Rabbinerin
Gesa Ederberg (Telefon: Berlin 21016551, E-Mail:info@masorti.de) zur
Verfügung. Masorti entspricht der in den USA konservativ genannten jüdischen
Richtung. In Berlin gibt es einen Masorti- Kindergarten und zahlreiche
Bildungsangebote. Mehr unter
http://de.groups.yahoo.com/group/Masortideutsch.
hagalil.com 04-07-2005 |