Von Alexander Lozze
"antifa" - Magazin für
antifaschistische Politik und Kultur
In der Hand ein Molotowcocktail, und eine brennende Deutschlandfahne
als schmückender Zünder. Unter dem Slogan "Am 1. Mai wird zurückgeschossen!"
präsentierte der Berliner Hip-Hop- Zögling Fler sein neues Album in
einschlägigen Hip-Hop Musikmagazinen. Dass der neudeutsche Rapper ein
abgewandeltes Hitlerzitat als Aufhänger nutzt, passt stilsicher zur
Gesamtsymbolik und ist Teil der Marketinstrategie. Flers Logo nutzt nicht
nur die hart anmutende Frakturschrift, sondern auch noch einen etwas
verfremdeten Reichsadler.
In der aktuellen Single "NDW 2005" (Neue Deutsche Welle) reimt Fler nun
selbstbewusst "Das ist Schwarz- Rot- Gold, hart und stolz..." Unterlegt mit
dem "Rock Me Amadeus"-Sample von Falco und dem Refrain "Hier kommt die Neue
Deutsche Welle..." mauserte sich die Single als höchster deutscher
Neueinsteiger in den Charts. Im dazugehörigen Videoclip posiert Fler mit
wehenden Deutschlandfahnen und steht mit einem Adler auf dem Arm in der
Mitte der deutschen Hauptstadt: Der Potsdamer Platz musste auch hier als
Wahrzeichen herhalten.
Die Sprache der Bilder ist eindeutig und das deutsche Feuilleton hat den
rechten Hip-Hop als neues Genre ausgemacht. Flers Selbstinszenierung ist
aufgegangen in dem um Aufmerksamkeit buhlenden deutschen Musikbusiness.
Je kontroverser die Sprache und Bilder zu sein scheinen, um so mehr
Aufmerksamkeit ist dem Künstler garantiert. Auch eine Indizierung der
Bundesprüfstelle ist schon ein Teil der Werbekampagne, welche auch für die
Popularität von Aggro Berlin sorgte. Flers Plattenlabel hat den jungen
Rapper als Opfer einer Integrationsgesellschaft in Szene setzten können. Ein
deutscher Außenseiter unter nichtdeutschen Szenekönigen. Zwischen den
Fronten stehend und vom Rest der Berliner Rap-Szene als "fette Kartoffel"
beschimpft, stählt er sich nun zu einem "stolzen Deutschen".
Das wahre Leben ist hart, der Kampf um die meisten Verkaufszahlen jedoch
härter. Fler weiss das, und ist bereit, die "Millionen" zu teilen. Auch mit
"...Tussis wie Juli oder Silbermond", sind ja schließlich deutsche Bands. In
einem Interview mit dem Hip-Hop Magazin "Backspin" gibt der Rapper zu,
aufpassen zu müssen, dass sein Image nicht zu kontrovers wird, da er sonst
keine Auftritte mehr bekommt. Es ist genau kalkuliert, wie weit das neue
Image gehen darf, dass die Einnahmen trotzdem stimmen. Mit radikalen
Deutschtum lässt sich derzeit prima Kasse machen.
Das neue Selbstbewusstsein unter Verwendung einer stumpfen nationalen
Identität gerät außer Kontrolle. Den gefährlichen Zünder bilden Bild und
Sprache, die sich in der Hip-Hop-Jugendkultur sowie in den Alltag
integrieren. Mittlerweile erreichen die Texte der neuen Generation von
Rappern fast jeden Jugendlichen und die Hemmschwelle für Neonazis in der
Szene aktiv zu werden, war noch nie so gering wie heute.