Am Rande:
Israels Medien über Katzav in Berlin
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Zeitung "Jedijot Achronot" beschäftigte am Dienstag
Gewalt unter Jugendlichen und der Skandal um Industriespionage mit
"trojanischen Pferden" bei dutzenden Großfirmen. Der dreitägige Staatsbesuch
von Präsident Mosche Katzav in Berlin, dessen Ankunft und die ersten
politischen Gespräche wurden nicht einmal als Kleinstmeldung vermerkt.
Die angesehene Zeitung Haaretz druckte am Dienstag auf
Seite 12 ein Foto von Katzav und Köhler beim Abschreiten der Ehrengarde in
Berlin. In der dreizeiligen Bildunterschrift wird Katzav, während seines
Gesprächs mit Köhler, zitiert. "Die Schoah kann nicht als Kapitel der
Geschichte betrachtet werden, solange noch Menschen mit eintätowierten
Nummern leben".
Während Katzav auf Hebräisch im Reichstagsgebäude seine
Rede hielt, lief im ersten Kanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens eine
Telenovelle, während im zweiten Kanal "Märchenerzähler" zu Wort kamen. Der
Rundfunk hatte eigene Reporter nach Berlin geschickt. Einer verlas Auszüge
aus der Rede, noch ehe sie gehalten worden war. Der aus Ägypten stammende
Korrespondent Daniel Dagan hob hervor, dass der im Iran geborene
Staatspräsident Katzav den Deutschen die Herkunft vieler Israelis aus
arabischen oder muslimischen Ländern ins Bewusstsein bringen werde. Mangels
hebräischem O-Ton aus dem Reichstag, sendete der israelische Rundfunk kurze
Auszüge aus der Rede mitsamt der deutschen Simultanübersetzung. Das
Reichstagsgebäude, so einer der Reporter, habe zwar "einen sehr schlechten
geschichtlichen Ruf", aber es sei "sehr schön und würdevoll" wieder
aufgebaut worden.
Die Reporter konzentrierten sich vor allem auf die
Erwähnung der Schoah in der Rede von Katzav. Doch beiläufig wurde erwähnt,
dass Katzav sich nach seiner Ankunft auch schon mit der "künftigen
Kanzlerin" Merkel getroffen habe. Ihr Vorname wurde "Anschela"
ausgesprochen. Joschka Fischer soll Katzav gesagt haben: "Wir sind doch
keine Kinder mehr. Wir wissen genau Bescheid über die Gefahr, die von Iran
ausgeht."
Am Montag Abend, nachdem in den Hauptnachrichten des
Fernsehens über den Staatsbesuch in Berlin berichtet wurde, lief der zweite
Teil einer britischen Hitler-Serie "über das Ende der deutschen Demokratie,
über den Verrückten, der die Weltgeschichte veränderte".
[FORUM]
© Ulrich Sahm/haGalil.com
Die Rede des Präsidenten des Staates Israel:
Moscheh Kazaw vor dem
Bundestag
..."Wir werden heute Zeugen einer Welle des wiederauflebenden
Antisemitismus, wie wir sie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht gekannt
haben, einer Welle, begleitet von aggressiver Hetzpropaganda. Die
Antisemiten nutzen die moderne Technologie, die Massenmedien, die
Globalisierung und die Demokratie dazu aus, um die Thesen des Antisemitismus
in nie dagewesener Stärke und Form zu verbreiten...
Die bisherigen Gegenmaßnahmen reichen noch nicht aus. Unerlässlich sind
Gesetzgebung und –ausführung, Erziehung und Aufklärung der Öffentlichkeit...
Die wachsende Legitimation neonazistischer Kräfte und ihre zunehmende
Verankerung in der deutschen Öffentlichkeit bereiten uns Sorgen... Man muss
jeden Ausdruck der neonazistischen Lehren schon in den Anfangsstadien
bekämpfen, bevor sie sich ausbreiten und einnisten können...
Die junge Generation muss davor bewahrt werden, von Hasspropaganda und
Indoktrinierung verführt zu werden... Wir haben in der Vergangenheit erlebt,
wie undemokratische Kräfte die demokratischen Einrichtungen ausnutzten, um
an die Macht zu gelangen. Die menschliche Naivität unterliegt im Kampf gegen
die Demagogie und die Böswilligkeit. Es besteht die Gefahr, dass das Böse,
die Abartigkeit und negative Kräfte den Glauben und die menschlichen Werte
bezwingen"...
Das Trauma verwandeln:
Katzav nimmt Muslime in Schutz
Zum zweiten Mal spricht ein israelischer Präsident vor
dem Bundestag. "Im Sinne des Humanismus" warnt Mosche Katzav nicht nur vor
Antisemitismus, sondern auch vor einer "antimuslimischen Welle" - um den
Nahost-Friedensprozess nicht zu gefährden...
Unvollständige Übersetzung:
Katzav im Bundestag
Die Rede des israelischen Präsident Mosche Katzav ist
bei einem entscheidenden Satz unvollständig übersetzt worden. "Für die
Schoah kann es weder Vergeben noch Verzeihen geben" hieß es in der
Simultanübersetzung...
hagalil.com 01-06-2005 |