Privater Rahmen:
Gipfeltreffen Scharon-Abbas
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Das Gipfeltreffen von Ministerpräsident Ariel Scharon
mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas findet heute (Dienstag) im
"privaten" Rahmen statt, im offiziellen Amtssitz Scharons im Jerusalemer
Viertel Rehavia.
Auf der Tagesordnung stehen brennende Probleme, die
umgehend einer Lösung bedürfen. Die amerikanische Außenministerin hatte sie
während ihres Besuchs am Sonntag teilweise aufgezählt. Es geht um eine
Koordinierung des israelischen Rückzugs aus dem Gazastreifen und dem Norden
des Westjordanlandes. Nachdem sich beide Seiten mit amerikanischer
Vermittlung schon geeinigt haben, die Siedlerhäuser zu zerstören, muss jetzt
besprochen werden, wie das geschehen soll, wer den Schutt wegräumt und wie
das finanziert wird. Scharon wird erneut auf einer energischen Bekämpfung
und Entwaffnung der Terrororganisationen pochen, während Abbas die weitere
Freilassung von palästinensischen Gefangenen fordern will, die Räumung der
Straßensperren und ein Ende der Bautätigkeit in den Siedlungen.
Zwischen beiden Politikern herrscht ein persönliches
Vertrauensverhältnis, aber beiden sind wegen innenpolitischer Zwänge die
Hände gebunden. Scharon ist nicht Herr jener radikalen Siedler, die gegen
Palästinenser vorgehen und israelische Autobahnen sperren, um den Rückzug zu
erschweren oder ganz zu verhindern. Abbas hat keine Gewalt über die eigenen
radikalen Gruppen, die in den letzten Tagen ihre Attacken auf Israelis
verschärft haben.
Während einer langen Periode vermeintlicher Ruhe,
verhinderten die Israelis fast täglich Selbstmordattentate oder
Bombenattacken. Am Sonntag wurde ein israelischer Soldat im Grenzstreifen
zwischen Gaza und Ägypten erschossen. Ein Palästinenser wurde erschossen,
als er sich dem Grenzzaun zu Israel "in verdächtiger Weise näherte". Beim
Hawarra Checkpoint nahe Nablus im Westjordanland wurde ein 15-jähriger
Palästinenser verhaftet, nachdem Soldaten den Inhalt einer schweren Kiste
geprüft hatten, die er durch die israelische Sperre schmuggeln wollte. Sie
enthielt fünf Rohrbomben für einen Anschlag in Jerusalem. Und wenige Stunden
nachdem die Israelis als Geste gegenüber den Amerikanern und zwecks
Stimmungsmache vor dem Gipfel weitere "Einreiseerleichterungen" für
palästinensische Gastarbeiter und Geschäftsleute verkündet hatten, wurde der
zentrale Erez-Übergang zwischen Israel und dem Gazastreifen erst einmal
geschlossen.
Während die israelischen Medien noch mit dem Feuerüberfall
auf ein israelisches Fahrzeug im Norden des Westjordanlandes bei Baka el
Scharkija beschäftigt waren, wobei vier Palästinenser einen dreißigjährigen
Israeli in seinem Auto erschossen und einen 16-Jährigen durch eine Kugel in
den Kopf schwer verletzten, wurde vom Grenzübergang Erez die Festnahme der
20-jährigen Wafa Samir Ibrahim Bas aus Dschabalije gemeldet. Sie hatte sich
vor einem Jahr schwere Brandverletzungen bei der Explosion einer
Butangasflasche zugezogen. Die junge Frau begab sich mit einer Vorladung zur
Nachuntersuchung ins Soroka-Hospital in Beerschewa. Sie glaubte deshalb
wohl, ohne Kontrolle den Grenzübergang Erez passieren zu können. Unter ihrer
Kleidung hatte sie eine Sprengstoffjacke versteckt, mit der sie sich in dem
israelischen Hospital in die Luft sprengen wollte. Diese und weitere
Zwischenfälle, allein der letzten zwei Tage, überschatten das Gipfeltreffen.
Abbas wird bei Scharon wohl kaum eine Aufhebung der
scharfen israelischen Kontrollen durchzusetzen. Und Scharon wird bei Abbas
kein energisches Vorgehen gegen die "Kämpfer" erreichen können, solange die
israelischen Sicherheitsmaßnahmen von den Palästinensern als Schikane
empfunden werden.
© Ulrich Sahm/haGalil.com
hagalil.com 20-06-2005 |