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haGalil - Leserstimmen

Meine erste Gedenkfeier zum Tag der Befreiung

Michael Stade

Zu meiner Schande muss ich es gestehen – der 60. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus war der erste, bei welchem ich an einer Gedenkfeier teilnahm.

Als ich am Friedhof ankam, fuhr es mir durch den Kopf – wenigstens an ein paar Blumen hätte ich denken können, es ärgerte mich, dass ich es vergessen hatte. Zum Glück half mir Martin aus der Patsche und gab mir von seinen ab.

So, wie viele Deutsche hatte ich mich in den vielen Jahren zuvor eher deplaziert gefühlt, an einer solchen Feier teilzunehmen, denn wirklichen Grund zum Feiern haben am 8. Mai ja eigentlich nur die Opfer, welche unter dem deutschen Terrorregime hatten leiden müssen. Meine Eltern hatten das Glück, davon nicht betroffen zu sein. Für sie hatte dieses Terrorregime erst indirekt Folgen, als sich mein Vater als ehemaliger Wehrmachtssoldat in Gefangenschaft wieder fand und meine Mutter ihre schlesische Heimat verlassen musste.

Trotzdem, eine Epoche unvorstellbarer Gräueltaten und Massenmorde war beendet worden durch den Sieg der alliierten Streitkräfte. Verbrechen war ein Ende gesetzt worden. Begangen hatte diese Verbrechen ein Regime, welches durch Sympathiekundgebungen und Wählervotum der deutschen Bevölkerung überhaupt erst an die Macht gekommen war. Und diese Bevölkerung, deren Teil auch meine Eltern waren, hatte nicht die Kraft gefunden, dieses Regime an seinen Verbrechen zu hindern noch es zu beenden. Die, welche die Hitlerdiktatur bekämpften, wurden von der Bevölkerungsmehrheit im Stich gelassen.

In sofern war die Beschäftigung mit dem Thema immer unangenehm und, wie die menschliche Natur nun einmal ist, geht man unangenehmen Dingen doch gern aus dem Weg.

Erst das Erstarken der Neonazis brachte mich dazu, nach den Ursachen zu suchen, wie es sein kann, dass eine Ideologie, welche die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte verursachte, heute trotzdem wieder Anhänger findet. Die Erfahrung der so genannten Wende hatte mir gezeigt, dass Dinge, die heute völlig unwahrscheinlich erscheinen, doch morgen Realität werden können, und dass jeder Mensch, solange er lebt, auch Einfluss auf diese Veränderungen nehmen kann. Und ich habe mir die Frage gestellt, was dann ist, wenn diese Zukunft eine Katastrophe wird, was ich nicht hoffe. Ich möchte mir nicht eines Tages vorwerfen lassen müssen, dass ich nichts getan hätte, eine solche Katastrophe zu verhindern, ich möchte, dass meine Tochter und alle ihre Freundinnen und Freunde genau wie meine Generation in Frieden und Menschenwürde ihre Kinder großziehen kann.

So bin ich 47 Jahre alt geworden, bis ich endlich begonnen habe, mich mit dem unrühmlichen Teil unserer Geschichte wirklich auseinander zu setzen und so habe ich mich vorigen Monat an dem Mahngang gegen das Vergessen von Ohrdruf nach Buchenwald auf den Wegen der Todesmärsche bei der Evakuierung des Außenlagers Buchenwald S III Jonastal beteiligt.

Erst dabei wurde mir bewusst, welche beinahe akrobatische Perfektion wir entwickelt haben, uns diesem Andenken nicht zu stellen. Keine einzige Schule auf unserem Weg war der Einladung gefolgt, mit Schulklassen an einer unserer Gedenkkundgebungen teilzunehmen. Bei Verkehrs- oder Arbeitsunfällen wird zu recht deren Hergang intensiv untersucht, um die wirklichen Ursachen zu finden. Wir wollen politisch mündige Bürger erziehen, welche in der Lage sind, ihre und unsere Zukunft verantwortungsvoll und bewusst zu gestalten.
Aber den Spuren der größten Katastrophe unserer Geschichte nachzugehen, die sich quasi vor unserer Haustür finden, das hält offenbar niemand für nötig.

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass dann, wenn ein Gedenken an die Opfer des Holocaust nicht zu vermeiden ist, die Menschen sich wie unter einem Regenmantel zusammenziehen, um ja nicht nass zu werden und um dann, wenn der Schauer vorüber ist, völlig unbeeindruckt wieder zur Tagesordnung überzugehen. Oberstes Ziel dabei scheint zu sein, nur ja die eigene Meinung nicht kritisch zu hinterfragen, sondern sich genau die Aspekte herauszusuchen, die in das vorgefasste Weltbild passen.

So konnte Ministerpräsident Althaus in Buchenwald sich nicht verkneifen, ehemalige Häftlinge zu beleidigen, indem er ihnen mit ihrem „verordneten Antifaschismus“ und dem Demokratiedefizit der DDR die Schuld am erstarkenden Rechtsextremismus besonders in den neuen Bundesländern zuschob.
Aber erschüttert war ich auch, als viele Teilnehmer der Abschlussveranstaltung in Buchenwald, teilweise sogar als Träger von Fahnen linker Organisationen, diese vorzeitig verlassen haben, nämlich in dem Moment, als ein Beitrag über den Schwur von Buchenwald in Deutsch verlesen war und nun noch in anderen Sprachen wiederholt wurde. Vorn standen ehemalige Häftlinge, die ausgezehrt von unmenschlicher Arbeit und Hunger ganze Nächte lang bei Regen und Kälte in dünner Kleidung auf Zählappellen dort hatten stehen müssen. Ich glaube, dass ist bei denen gar nicht angekommen, wie beleidigend sie sich verhalten, wenn sie nun diese Gedenkstunde nicht einmal abwarten können, sondern wie bei einem missfälligen Konzert früher gehen. Offenbar passt denen das Gedenken zwar gut in ihr politisches Konzept, aber berührt sie nicht wirklich.
Aber ich befürchte, die ehemaligen Häftlinge erstaunt dieses beleidigende Verhalten gar nicht mehr, denn sei es durch die milden Urteile gegen Nazi-Täter und deren Karrieren in der Bundesrepublik oder die entwürdigenden Debatten über Zwangsarbeiterentschädigung, sie werden ja ständig beleidigt und dafür sollten wir uns wirklich schämen.

Auch Matthias Hey griff in seinem Redebeitrag am 8. Mai auf dem Gothaer Friedhof einen ähnlichen Aspekt auf. Er stellte die Frage, wie er Opfern des Naziterrors die Politik unserer Regierung erklären solle, wenn in Erfurt oder Leipzig Bürger, die gewaltlos durch eine Sitzblockade dem Naziaufmarsch Widerstand entgegensetzen, von Polizeikräften durch Wasserwerfer quasi weggespült werden.

Etwas befremdet war ich, als ich gefragt wurde, ob ich noch zum sowjetischen Ehrenmal mitgehen oder nun nach Hause gehen wolle. Offenbar war es Tradition, dass nur ein Teil dorthin mitgeht und ein anderer Teil diese Art des Gedenkens verweigert. Jedem, der dorthin nicht mitgegangen ist, möchte ich nahe legen, sich dieses Denkmal wenigstens einmal genau anzusehen!

Es ist nicht etwa das Bildnis eines Marschalls oder gar Stalins in Siegerpose. Nein, es ist das Bild eines ganz jungen Soldaten, der überwältigt vom Schmerz seinen toten Kameraden mit abgenommenem Helm die letzte Ehre erweist. Diese Soldaten werden als Sieger über Hitlerdeutschland geehrt. Sie haben diesen Sieg errungen, aber sie sind keine Gewinner. Zu hoch war der Preis. Die Schrecken des Krieges, der Verlust von Kameraden und Freunden, von Familienangehörigen haben sie um ihre Jugend betrogen. Nie werden sie vergessen können, was sie haben ansehen müssen.
Ich habe solche jungen sowjetischen Soldaten in meiner Jugend oft gesehen, wie sie schon völlig blaugefroren in einer viel zu dünnen Uniform Wache gestanden haben, wie sie für geringste Verfehlungen hart bestraft wurden, wie sie mit bloßen Händen ganze Waggons Kohlen entladen haben. Ich habe mich gefragt, warum es diesen als Vertretern einer Siegermacht so schlecht und mir so gut geht.

War diese übermäßige Härte der sowjetischen Gesellschaft zu sich selbst nicht auch durch die Erfahrungen mit der Hitlerwehrmacht verursacht, nämlich dass nur der eine Überlebenschance hat, der im Kampf obsiegt?
Hätte ein Stalin derart grausam regieren können ohne den Druck, der von Hitlerdeutschland ausgegangen war?
In sowjetischen Gebieten, welche von der Wehrmacht besetzt worden waren, endete das Sterben nicht, so wie nach der Kapitulation in Deutschland. Es begann erst. Systematisch wurden Lebensmittel abtransportiert und die Bevölkerung dem Hungertod preisgegeben, damit ja keine Versorgungsengpässe bei Wehrmacht und deutscher Bevölkerung entstehen sollten. Es ist belegt, dass diese Strategie im Russlandfeldzug bewusst in Kenntnis der Folgen von höchster Stelle aus veranlasst worden war.

Die arbeitsfähige Bevölkerung wurde zur Zwangsarbeit verschleppt, welche nur wenige überlebten und die SS trieb Juden, Sinti und Roma zum Abtransport in die Vernichtungslager zusammen. Wenn dann Partisaneneinheiten Widerstand leisteten, wurden oft für einen verwundeten Deutschen ein oder zwei und für einen toten Deutschen 10 Einwohner der Zivilbevölkerung getötet.
All dies ist belegt und kommt nicht zuletzt in den Opferzahlen zum Ausdruck, wenn man den Anteil von Opfern aus der Zivilbevölkerung ins Verhältnis setzt. Während in Deutschland Zivilisten nur einen geringen Bruchteil der Kriegsopfer ausmachen (trotz Bombardierung Dresdens und anderer Städte), ist dieses Verhältnis in den von Deutschen eroberten Gebieten meist umgekehrt!

Hätte die Rote Armee die selben Methoden in Deutschland angewandt, wie sie ihrer Heimat angetan worden waren, dann gäbe es uns heute nicht, kaum ein Deutscher hätte überlebt. Krieg ist eben nicht gleich Krieg, auch, wenn deutsche Frauen vergewaltigt wurden und sowjetische Soldaten plündernd unterwegs waren - diese Armee hat sich trotzdem im Vergleich sehr menschlich benommen!
Deutsche Kinder hatten fast nie etwas von sowjetischen Soldaten zu befürchten, vermutlich sind 1945 beim Einmarsch der Sowjets die meisten Kinder durch die Hand ihrer eigenen Eltern umgekommen, welche ihre Familie lieber selbst auslöschten als der befürchteten Rache des Feindes auszusetzen.

Ich frage mich, wie man dann, wenn man alle diese Fakten verinnerlicht, denen man sich schwer verschließen kann, wenn man ehrlich danach sucht, wie man dann noch diesen Soldaten ein ehrendes Andenken verweigern kann.

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hagalil.com 09-05-2005

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