March of the Living 2005:
Eine interaktive CD-Rom
Von Mark Querfurth
Zur Vorbereitung der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer des Marsches der Lebenden 2005 hat das auf Polenreisen
spezialisierte interaktive Reise-Journal "Odyssey" eine multimediale CD-Rom
herausgegeben, die auch in einer deutschen Fassung erschienen ist.
Erstmals nehmen in diesem Jahr an den
Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag offiziell auch Delegationen
nicht-jüdischer Organisationen aus Deutschland und Österreich teil. Erwartet
werden bis zu 18.000 Menschen aus etwa 50 Länden, die gemeinsam am 5. Mai
2005, die Wegstrecke vom Stammlager Auschwitz in das Vernichtungslager
Birkenau gehen werden. Angeführt wird der Zug traditionell von
Holocaust-Überlebenden.
"Auf einmal wurden all die Orte, an denen
Juden Hunderte von Jahren, Tausende von Jahren lebten, ausgelöscht.
Und ich dachte, dass in den kommenden Jahren, lange nach den Morden,
Juden erfahren möchten über die Orte die verschwanden,
das Leben das einst war und nicht mehr ist."
Roman Vishniac
Die aufwändig gestaltete CD-Rom "Preparation
for March of the Living 2005" bietet zahlreiche Informationen anhand von
Texten, Fotos und Animationen, ohne dabei überladen zu wirken. Die
Navigation ist klar strukturiert, von allen Unterrubriken gelangt man per
Mausklick wieder direkt ins Hauptmenü.
Im ersten Teil wird über den "March of the
Living" und seine Geschichte informiert, seit zwei Jahrzehnten haben bereits
mehr als 100.000 Menschen am "nachhaltigsten Protest junger Juden aus aller
Welt gegen die Leugnung des Holocaust" teilgenommen. Das Angebot des
Besuches historischer Orte und die Begegnung mit Zeitzeugen dienen neben der
Mitarbeit von Historikern und Gedenkstättenpädagogen dem Verstehen der
Geschichte und dem Wachhalten der Erinnerung.
Im Hauptteil der CD-Rom ist eine Zeitschiene
abrufbar, die neben der jüdischen Geschichte in Polen wirklich nur kurz auf
die historischen Daten der Judenverfolgung und -vernichtung eingeht. Wer
erfahren möchte, dass die Aktion "Reinhard" (Codename für die planmäßige
Vernichtung der polnischen Juden) vom März 1942 ursprünglich nach dem
Staatssekretär im Reichsfinanzministerium Fritz Reinhardt benannt war, von
der SS später jedoch als "Vergeltung" für das erfolgreiche Attentat auf den
Chef des Reichssicherheitshauptamts (RSHA), Reinhard Heydrich im Juni 1942
in Prag umgedeutet wurde, muss weitere Literatur bemühen. Für einen
historischen Überblick ist die Präsentation jedoch ausreichend. Hilfreich:
Im Glossar werden Begriffe von "Achsenmächte" bis "Zyklon B" erläutert.
Die jüdische Geschichte wird ebenfalls unter
der Rubrik "Hintergrundinformationen" besprochen. Weiterer Menüpunkt ist die
NS-Rassenideologie. Gut aufbereitet sind die Zeitzeugenberichte, die in die
Kategorien "Verfolgung und Ghettos", "Exekutionen" und "Konzentrationslager"
gegliedert sind:
"...Was wirklich wichtig war, das war das
gewaltige Aufbäumen, das die jüdische Jugend damit nach den Jahren der
Erniedrigung demonstrierte. Sie stellten sich ihren Peinigern entgegen und
bestimmten selbst, welchen Tod sie sterben wollen: Treblinka oder Aufstand.
Es ist ein beispielloses Ereignis, ich glaube nicht, dass es ähnliche
Ereignisse gibt."
Yitzhak Zuckermann über den Aufstand im Warschauer Ghetto
Sehr umfangreich dargestellt ist eine Liste
mit historischen Orten in Polen, die neben einer alphabetischen auch eine
Abfrage nach Kategorien umfasst. Eine dargestellte Landkarte Polens
erleichtert in dieser Kategorie die geografische Zuordnung und gibt
Anregungen für die weitere Programmgestaltung.
Die Liste empfohlener Literatur umfasst 19,
überwiegend biografische Titel, und reicht unter anderem vom "Tagebuch der
Anne Frank" über "Schindlers Liste" und Wladyslaw Szpilmans "Der Pianist"
bis zu Gideon Greifs "Wir weinten tränenlos...". Auch die Tagebücher Viktor
Klemperers und Elie Wiesels "Die Nacht" sind hier vertreten. Nicht
aufgeführt ist leider der populäre Band "Auschwitz.
Nationalsozialistisches Vernichtungslager" des Staatlichen Museums
Auschwitz-Birkenau. Die Sammelarbeit mehrerer Autoren spiegelt die
Ergebnisse der neuesten Forschungen der Historiker zum Thema Auschwitz und
Holocaust wieder.
Weiterführende Webtipps in deutscher und
englischer Sprache lassen sich direkt aus der Anwendung im Browser öffnen.
Die Auswahl ist breit getroffen und verweist sowohl auf Gedenkstätten und
Museen, als auch auf Stiftungen, Jugendbegegnungsstätten und weitere
Bildungsangebote. Der Link auf haGalil.com fehlt natürlich auch nicht.
Erwähnenswert und ein weiterer Pluspunkt für
die Vorbereitung auf die Polenreise ist das polnische-deutsche Wörterbuch
mit Hörbeispielen. Die wenigen wichtigen Vokabeln sind schnell gelernt und
wer "Przepraszam, wanna pelna." (Entschuldigung, das Bad ist besetzt.)
beherrscht, hat auch bei Unterkunft in einer Jugendherberge keine Probleme.
Die vorliegende interaktive CD-Rom ist ein
zeitgemäßes Medium und nicht ausschließlich für die Vorbereitung zum Marsch
der Lebenden geeignet. Das Angebot, welches sich zwar vordergründig an
Jugendliche richtet, ist ein Arbeitsmaterial und sicher auch für
Multiplikatoren, Vereine und Institutionen sowie Lehrerinnen und Lehrer zur
Organisation und Durchführung von Gedenkstättenfahrten nach Polen außerhalb
des Holocaust-Gedenktages interessant.
"Preparation for March of the Living 2005"
CD-Rom für Microsoft Windows und Apple Macintosh
Deutsche Fassung
Odyssey Ltd., 2005
http://www.yoman-masa.co.il
info@yoman-masa.co.il
hagalil.com 02-05-2005 |