40 Jahre diplomatische Beziehungen:
Eindrücke vom Gartenfest des Bundespräsidenten
Botschaft des Staates Israel
Das
heutige Gartenfest ist ein Fest der Begegnung - ein Tag der Gemeinsamkeit:
Miteinander reden und diskutieren, deutsche und israelische Kultur erleben,
kulinarische Köstlichkeiten genießen, zusammen Spaß haben. Bestehende
Freundschaften können heute vertieft, neue Kontakte können geknüpft werden.
Das Gartenfest ist der Szenerie lebhafter Straßencafés
nachempfunden. Denn in Straßencafés findet junges Leben statt – in Israel
ebenso wie in Deutschland, in Tel Aviv gleichermaßen wie in Berlin. Das
Literaturcafé bietet Lesungen und eine Podiumsdiskussion, das Mediencafé
verbindet mit der Welt, Kino gibt es im MovieStar, Modenschau, Basketball
und Musik in der Sportsbar, Kunst im Jardin des Arts, Verköstigung im Café
Kunterbunt. Ein kontemplativer Gegenpol ist der Ort der Stille: Innere
Einkehr und gemeinsam erlebte Ruhe am "Turm der Toleranz" schaffen Raum zum
Nachdenken.
Zum Abschluss des Tages werden Postkarten-Botschaften an
Luftballons in den Himmel steigen. Toleranz und Freundschaft, Träume von
einem friedlichen Zusammensein und der Wunsch, voneinander zu lernen, werden
in die Welt geschickt. So leben die Hoffnungen des heutigen Festes über
diesen Tag hinaus.
Gemeinsames Grußwort des Bundespräsidenten und des Staatspräsidenten
Liebe Gäste,
die deutsch-israelischen Beziehungen sind 40 Jahre jung geworden. Unsere
Beziehungen haben sich positiv entwickelt, weil wir uns beide ihrer
Einzigartigkeit bewusst sind und weil wir grundlegende Werte, wie
Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, teilen. Unsere
Beziehungen haben sich aber auch erfolgreich entwickelt, weil sie in beiden
Ländern von so vielen Menschen in freundschaftlicher Verbundenheit getragen
werden. Es gibt gute Gründe, sich über die Entwicklung der vergangenen 40
Jahre zu freuen, und wir wollen das auch tun und an diesem Tag mit Ihnen und
mit vielen Musikern, Künstlern und Schriftstellern aus unseren beiden
Ländern ein großes Fest in den Gärten des Schlosses Charlottenburg feiern.
Der Jugendaustausch hat von Anfang an eine Vorreiterrolle in den bilateralen
Beziehungen gespielt. Die jungen Menschen von heute werden bestimmen,
welchen Weg die deutsch-israelischen Beziehungen in der Zukunft nehmen
werden. Nur wenn junge Menschen unserer beiden Länder einander begegnen,
sich kennenlernen, dann können sie sich gemeinsam mit der Vergangenheit
auseinandersetzen und gemeinsam die Zukunft gestalten. Deshalb ist dieses
Fest vor allem den jungen Leuten aus Israel und Deutschland gewidmet. Wir
sind sicher, dass wir damit die Tür für eine gute Zukunft weit öffnen. Uns
ist um die Zukunft der Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern nicht
bange, wissen wir sie doch gut aufgehoben bei allen, die heute hier sind und
die sich mit so viel Enthusiasmus um sie kümmern. Mit Ihnen, vor allem aber
mit der jungen Generation, wollen wir eine stabile und einzigartige
Grundlage auch für unsere zukünftigen Beziehungen schaffen, die zu
gegenseitigem Verständnis und Vertrauen beiträgt.
Horst Köhler
Bundespräsident
Moshe Katsav
Präsident des Staates Israel
Lee Caspi (14), Gymnasia Jerusalem, zum ersten mal in Deutschland
"Ich
bin zum ersten mal in Deutschland. Am 22. Mai war ich mit meiner
Austauschgruppe bei unserer Partnerschule in Oberhausen, und vor zwei Tagen
kamen wir gemeinsam mit den Deutschen nach Berlin. In Oberhausen
übernachtete ich in einer Gastfamilie. Zunächst hatte ich Angst, weil ich
gehört habe, dass die Deutschen kalt sind, aber ich war wirklich
beeindruckt, wie warm und nett die Leute waren. In unserer Gruppe sind
Deutsche und Israelis schon zu einer Gruppe verschmolzen. Wir haben auch
schon Emails und Adressen ausgetauscht und haben die Deutschen im Dezember
nach Israel eingeladen. Ich glaube nicht, dass die junge Generation dafür
verantwortlich gemacht werden kann, was in der Vergangenheit geschah. Die
Deutschen heute sind anders als früher. Wir reden nicht viel über die Shoah,
- natürlich ist das auch ein Thema zwischen uns -, aber wir reden mehr über
andere Dinge. Auf der anderen Seite kommt es mir manchmal so vor, als würden
die Deutschen über ein anderes Volk und ein anderes Land reden, wenn wir
über die Shoah sprechen, so als wäre das alles nur in Polen passiert. Meine
Eltern waren nicht so begeistert, dass ich nach Deutschland fahre, wir sind
Aschkenasim. Ich finde, wir sollten uns immer an die Shoah erinnern, aber
ich glaube nicht, dass das uns junge Generationen voneinander trennen
sollte."
Meine deutsche Erfahrung, von Shir Senior, Shoham Highschool, Israel
"Meine erste deutsche Erfahrung hatte ich mit meiner
Großmutter und meinem Großvater. Keiner von beiden ist in Deutschland
geboren, aber beide hatten eine lange Zeit in Deutschland verbracht. Sie
redeten immer Deutsch miteinander, um Geheimnisse vor mir zu verbergen,
Dinge wie: "Zwi, nimm mir's nicht übel, aber vergiss nicht wieder dein
Handtuch, wenn du baden gehst." Meine deutsche Erfahrung und die von uns
allen ist institutionalisiert. Jedes Jahr gibt es den Tag unserer deutschen
Erfahrung, oder wie wir es auch nennen: Yom Hashoah, der
Holocaust-Gedenktag. Es gibt nicht nur einen Yom Hashoah, an dem wir das
Deutschland der Nazis nicht vergessen können, das Grauen und das "Dritte
Reich". Und deshalb ist es in unser Bewusstsein eingemeißelt, und unsere
Erinnerung ist sehr alt. Wir denken über die Vergangenheit nach und nicht
über die Gegenwart. Die Albträume der kleinen Kinder über die Nazis, - und
auch die der Erwachsenen -, lassen es nicht zu, dass wir deutsche Produkte
kaufen - oder im Extremfall - unseren Fuß auf deutschen Boden zu setzen.
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich, bevor ich
hier herkam, diesem Kobold der deutschen Erfahrung nicht gegenüber gestanden
hätte. Im Bus auf dem Weg ins Hotel sah ich aus dem Fenster, und der Kobold
in meiner Hosentasche fing an, mich zu schlagen. Jedes mal wenn eine Brücke
oder einen Wald sah, kam es mir plötzlich vor, als wäre ich Teil eines
schwarz-weiß Filmes aus dem Zweiten Weltkrieg, mit abgemagerten Juden und
SS-Männern, die aus den Gebäuden rannten. Selbst das Anfahren der Züge hörte
sich an wie Sirenen. Aber natürlich spielte sich das alles in meinem Kopf
ab. Als wir dann im Hotel ankamen, nahm eine junge Frau die Jugendlichen aus
Deutschland und Israel in Empfang und zeigte uns die Zimmer. Ich erinnerte
mich an die Sicherheitsanweisungen vor unserer Abreise: "Verlasst euch auf
niemanden, seid immer misstrauisch!" Aber in Anbetracht dieser netten jungen
Frau war es überhaupt nicht möglich, mich an die Anweisungen zu halten.
Also kamen wir nach Berlin, eines so geschichtsträchtige
Stadt, voller Wunden der Vergangenheit. Es ist unmöglich, sich nicht gleich
von Anfang an in diese Stadt zu verlieben. Ich empfand viel Stolz und Ehre,
als ich die vielen israelischen Fahnen in den Straßen von Berlin wehen sah.
Als wir zum Holocaust-Mahnmal kamen, hat sich die Lage überhaupt nicht
verändert. Plötzlich verstand ich, dass ich im Zentrum Berlins bin, der
deutschen Hauptstadt mit 2.700 Steinstelen auf einem riesigen Gelände, - und
das für Leute wie mich. Leute, deren Großeltern in der Shoah waren, die auch
heute noch jede Nacht die Sirenen wieder hören, und von denen jeder hofft,
auf Schindlers Liste zu stehen. Leute, die sich fürchten, ihren Fuß in
dieses Land zu setzen, Leute, die mit ihrem eigenen Kobold in der
Hosentasche herumlaufen und ihre erste deutsche Erfahrung niemals vergessen
werden.
Das Holocaust-Mahnmal in Berlin ist da, um Ruhe und Trost
zu finden und um den Kobolden in unseren Hosentaschen etwas zu beruhigen und
uns verstehen zu lassen, dass es auch hier kleine Kobolde gibt: die in den
Hosentaschen der Frauen, Männer, Jungen und Mädchen, es ist der Kobold der
jüdischen Erfahrung. Und ich glaube, dass es wichtig ist, wenn sich die
Kobolde treffen, vielleicht in Israel an irgendeinem Falafelstand oder in
Deutschland auf einer Bank am Fluss. Dann werden die Kobolde vielleicht zu
reden beginnen und sich vielleicht verstehen lernen. Ich wäre dankbar für
einen kleinen Handschlag.
Und wenn die Leute, in deren Taschen sich die Kobolde
befinden, sich treffen werden, dann werden sie zu reden beginnen und sich
vielleicht verstehen lernen. Ich werde dankbar sein für einen kleinen
Handschlag. Und die Leute, für die es am besten ist, wenn sie sich treffen,
sind die Jugendlichen."
Simon Kreidler, Schüleraustausch Horb – Me'ovot Eron, Mai 2005
"Der Austausch, der der erste unserer Schule war, fand vom
04.05.05 bis zum 15.05.05 statt, also 12 Tage. Am Austausch nahmen 13
israelische Schülerinnen und Schüler mit 2 Lehrerinnen der Mevo'ot Eron
Highschool sowie 13 deutsche Schüler/-innen des Martin-Gerbert-Gymnasiums in
Horb bei Stuttgart teil. Jeder unter uns nahm einen Israeli bei sich zu
Hause auf. Es war eine tolle Zeit! Das Programm war vielleicht ein bisschen
zu viel, was daran lag, dass es eben der erste Austausch war und man eben
ein gewisses Programm darbieten wollte, aber im Großen und Ganzen war es ein
wirklich tolles Erlebnis. Wir gingen zu diversen (ehemaligen) jüdischen
Friedhöfen in Rexingen, Mühlen und Nordstetten, diese sind Dörfer in
unmittelbarer Nähe unserer Stadt. Wir fuhren auch zu mehreren Synagogen, so
zum Beispiel auch nach Augsburg, Rexingen und in das jüdische
Gemeindezentrum in Stuttgart. Wir gingen ins Konzentrationslager nach
Dachau, was für die meisten Israelis doch ein ziemlich hartes Erlebnis war,
aber auch wir waren sehr betroffen. Wir schämten uns sogar dafür. Aber es
gab auch lustige Momente, wir waren gut drauf, hatten viel Spaß. Es war
einfach eine tolle Zeit. Ursprünglich war nur ein einseitiger Austausch
geplant, d.h. nur die Israelis sollten zu uns nach Deutschland kommen, aber
unsere Gruppe war so toll, dass wir schnell unsere Meinung änderten und
sagten, dass ein "Nachtreffen" in Israel stattfinden muss!!!
Die Israelis, welche an unserem Austausch teilnahmen, waren meiner Meinung
nach alle überrascht von Deutschland, und zwar im positiven Sinn. Deshalb
unterstütze ich auch vollkommen die Ansicht, dass die Zukunft im
Jugendaustausch liegt. Unserer gesamten Gruppe, einschließlich der
deutschen, half es, über die Vergangenheit zu reden. Und jeder änderte seine
Einstellung dem anderen Land gegenüber, da bin ich mir sicher.
Vielleicht sieht man sich lange Zeit gar nicht mehr, da manche Israelis
schon nächstes Jahr zur Armee müssen, vielleicht sieht man sie auch nie
wieder, und diese Möglichkeit macht mich sehr traurig, denn es war eben
schon, Entschuldigen Sie bitte, eine "geile" Zeit."
Deutsch-Israelisches Sommercamp "Goonies 2005"
Der Förderverein für den deutsch-israelischen
Jugendaustausch Goonies e.V. veranstaltet vom 24. Juli bis zum 5. August
2005 ein Sommercamp in Berlin Charlottenburg. Deutsche Jugendliche zwischen
14 und 18 Jahren sind eingeladen, eine spannende und erlebnisreiche Zeit mit
Jugendlichen aus Israel zu verbringen. Sie erhalten die Gelegenheit einander
in entspannter und ausgelassener Atmosphäre kennen zulernen, Zeit
miteinander zu verbringen und auch zusammen zu arbeiten, um dadurch einen
Einblick in die Kultur des jeweils anderen Landes zu erhalten. Geplant sind
Ausflüge in Berlin und Umgebung, eine Campzeitung, Freizeitaktivitäten und
natürlich auch Zeit um einfach zu Entspannen. Es wird eine Zeitreise durch
die deutsch-israelischen Beziehungen, immer auf den Spuren jüdischen Lebens
in Berlin und Brandenburg.
Zur Vorbereitung und Information der deutschen Jugendlichen bietet der
Verein vom 18. bis 19. Juni einen Workshop in Berlin an, zu dem alle
Interessenten (Jugendliche wie Eltern) recht herzlich eingeladen sind.
Anmeldungen bis zum 12. Juni unter
info@goonies-ev.com oder
www.goonies-ev.com
© Botschaft des Staates Israel
hagalil.com 31-05-2005 |