Eine echte Leistung:
"Walk on Water" im Kino
Von Hannah Steiner
Walk on Water?
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Man muss Regisseur Eytan Fox gratulieren. Sein Film
"Walk on Water", der gestern in deutschen Kinos anlief, ist eine wahre
Leistung. Selten sieht man so eine platte Anhäufung von Klischees in nur
einem Film. Das Drehbuch liefert dabei Stoff für mindestens drei
Kitsch-Platitüden: Nazijagd in Berlin - Mossad-Agent, der nicht weinen kann
- Begegnung zwischen hartem israelischem Macho und schwulem deutschen
Frauenversteher.
Dabei hätte die Geschichte durchaus Potential, und
selbstverständlich wäre ein deutsch-israelisches Filmprojekt grundsätzlich
zu begrüßen, das der Aussöhnung dient und Verständnis für die andere Seite
erweckt. Nur leider ist "Walk on Water" davon weit entfernt.
Zur Geschichte. Der knallharte Mossad-Agent Eyal, der wie
gesagt nicht weinen kann, auch keine winzige Träne, als sich seine Frau das
Leben nimmt, wird auf den Berliner Axel angesetzt, der nach Israel kommt, um
seine Schwester Pia im Kibbutz zu besuchen. Der Mossad interessiert sich für
die beiden wegen ihres Großvaters, ein Nazimassenmörder, der noch lebt und
sich irgendwo versteckt. Nach zahlreichen lustigen Begebenheiten im heiligen
Land erhält Eyal den entscheidenden Hinweis und reist Axel nach Berlin nach.
Dort findet im Haus der Familie eine große Geburtstagsfeier für Axels Vater
statt, mit dem Nazi Opa als Überraschungsgast. Doch Eyal kann seinen
Auftrag, den Alten umzulegen, nicht ausführen und weint sich endlich an der
Brust seines deutschen Freundes Axel aus. Anschließend fliegt er zurück nach
Israel, schwängert Pia und lebt mit ihr glücklich und zufrieden. Erlösung
aus der Pein des Agenten-Daseins.
Zarte Bande einer Männerfreundschaft, Eyal (Lior
Ashkenazi) und Axel (Knut Berger) am Toten Meer
Jede angesprochene Problematik bleibt im Film banal, sei
es die Komplexität des israelischen Alltags, Schwulsein in Israel,
Antisemitismus in Berlin, an allem wird lediglich vorbeigeschrammt. Es wäre
wohl besser gewesen, den Film auf einen Aspekt zu reduzieren und diesen
dafür intelligenter auszuarbeiten.
So wären wohl auch die zahlreichen Ungereimtheiten im
Skript zu vermeiden gewesen. Da ist zum Beispiel der letzte Abend von Axel
in Israel, den er zusammen mit Eyal und Pia im hippen Tel Aviv verbringt.
Nach einem schönen Abendessen gehen die drei in die noch hippere Diskothek
"TLV", wo Eyal endlich klar wird, dass sein Beschattungsobjekt schwul ist.
Am nächsten Morgen, als Eyal die Geschwister vom Hotel abholt, ist auch
Axels Bekanntschaft vom Vorabend noch da, und stellt sich als Palästinenser
heraus. Ganz klar, in Zeiten, wo es fast jeden Tag einen Selbstmordanschlag
gibt, so wie es der Film vermittelt, fährt ein schwuler Palästinenser zum
Abhotten nach Tel Aviv. Nein, kein Problem für ihn, trotz geschlossener
Grenzen der besetzten Gebiete, wo Drehbuchautor Gal Uchovsky ihn herkommen
lässt. Und klar, kein Problem, er und Axel umarmen sich zum Abschied innig
in der Jerusalemer Altstadt, auch das kein Problem für einen
schwulen
Palästinenser.
Anderes Beispiel, die Reise des Mossad-Agenten Eyal nach
Berlin, nur ein zwei Tage nachdem Axel abgereist ist. Aber der wundert sich
gar nicht, den angeblichen Reiseführer aus Israel so kurz darauf
wiederzutreffen, nein, alles klar, schön, dass er da ist. Und natürlich,
auch diese Klischees dürfen nicht fehlen: In der U-Bahn treffen die beiden
Freunde von Axel, Transvestiten und Drag-Queens, was halt ein Schwuler so
kennt. Und natürlich werden diese dann gleich von Neonazis angefallen und
der Mossad-Agent holt die Knarre raus.
Zu beglückwünschen ist Eytan Fox auch zum Casting. Von
Lior Ashkenazi, der die Rolle des Eyal ganz erschreckend schlecht spielt,
und der absolut ausdruckslosen Caroline Peters, die Pia verkörpert,
abgesehen, hat er sich eine in der rechtsextremen Szene engagierte
Nebendarstellerin ins Team geholt. Imke Barnstedt
unterstützte schon Horst Mahler und erhielt eine Auszeichnung des "Kampfbund
Deutscher Sozialisten" als "verdiente Kulturschaffende". Ob einfach
Unwissenheit oder Gleichgültigkeit, der Aussöhnung ist so eine Besetzung
sicherlich nicht förderlich.
Wie man es also dreht und wendet, dem Film ist nichts
Gutes abzugewinnen. Vielleicht ein wenig Aufklärung, erläutert Axel dem
homophoben Eyal doch Sexpraktiken und die Unterschiede der europäischen
Geschlechtsteile. Mag Eytan Fox' in Israel zum Kultfilm aufgestiegenes
Vorgängerwerk "Jossi
& Jagger" seine Berechtigung haben, mit "Walk on Water" hat sich der
Regisseur deutlich übernommen.
[FORUM]
hagalil.com 13-05-2005 |