Ruf nach kräftiger Stimme:
Israel zur Papst-Wahl
Israel erwartet klare Stellungnahme gegen
den Antisemitismus
Von Thorsten Schmitz
Tel Aviv - In Israel ist die Wahl des Deutschen Joseph
Ratzinger überwiegend höflich aufgenommen worden. Von offizieller Seite gab
es nur versteckte Kritik. Staatspräsident Mosche Katzav würdigte Ratzinger
als Versöhner zwischen den Religionen. Der frühere Oberrabbiner Meir Lau
erklärte im Rundfunk, er gehe davon aus, dass der neue Papst mit
Entschlossenheit gegen antisemitische Strömungen vorgehen werde. Aus dem
Außenministerium hieß es, man hoffe auch angesichts des "Hintergrunds des
neuen Papstes", dass dieser als "kräftige Stimme gegen Antisemitismus" zu
vernehmen sein werde.
Die Medien indes beließen es nicht bei Anspielungen, sondern
überschlugen sich geradezu in ihrer Berichterstattung über die Vergangenheit
des Papstes. Sowohl das Fernsehen als auch Massenblätter wie Yediot Achronot
und Maariv veröffentlichten Fotos von Ratzinger in der Uniform der
Hitlerjugend und als junger Wehrmachtssoldat. Yediot Achronot setzte seine
Artikel unter die Überschrift "Nazi-Jugend im Vatikan".
In keinem Bericht fehlten Hinweise auf Ratzingers Eintritt in
die Hitlerjugend mit 14 Jahren und seinen anschließenden Einsatz als
Flakhelfer in einer Wehrmachts-Einheit, die eine BMW-Fabrik beschützen
sollte, in der Flugzeugmotoren hergestellt wurden. Die BMW-Monteure waren
Zwangsarbeiter aus dem nahe gelegenen Konzentrationslager Dachau. Indes
wurde auch in Israels Medien erwähnt, dass Ratzingers Vater, ein bayrischer
Polizei-Offizier, als Nazi-Gegner bezeichnet werden könne.
Rückendeckung und den Segen für seinen neuen Posten erhielt
Ratzinger von unerwarteter Stelle. Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums
in Jerusalem, Efraim Zuroff, der hauptberuflich Nazis jagt, erklärte: "Eine
Mitgliedschaft in der Hitlerjugend disqualifiziert nicht für das Amt des
Papstes."
hagalil.com 21-04-2005 |