Resolution
für die Umbenennung des "Grüneburgplatzes" in
"Norbert-Wollheim-Platz"
Die Unterzeichnenden
dieser Resolution fordern das Land Hessen, die Stadt Frankfurt am Main und
die Johann Wolfgang Goethe-Universität auf, die Umbenennung des
"Grüneburgplatzes" in "Norbert-Wollheim-Platz" zu veranlassen.
Norbert Wollheim war der erste ehemalige Häftling des vom IG Farben-Konzern
betriebenen KZ Buna-Monowitz (Auschwitz III), der nach Kriegsende, 1951, die
IG Farbenindustrie AG i. L. erfolgreich auf Entschädigung verklagte und so
zur Symbolfigur und zum Vorbild für andere Überlebende der
nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager wurde.
Vor seinem Zwangsarbeitseinsatz in Berliner Rüstungsbetrieben und seiner
Deportation nach Auschwitz im März 1943 (zusammen mit Ehefrau und
dreijährigem Kind), organisierte Wollheim in den Jahren 1938/39
Rettungstransporte für jüdische Kinder, die dank seiner unermüdlichen und
aufopferungsvollen Arbeit den Holocaust überlebten. Nach der Befreiung war
er an der Gründung des Zentralrats der Juden in Deutschland beteiligt.
Im Anschluss an den gerichtlichen Vergleich zwischen der Jewish Claims
Conference und der IG Farbenindustrie AG i. L. im Jahre 1957 widmete sich
Wollheim als Vorsitzender der "Compensation Treuhand GmbH" mit großem
Einsatz der Zuteilung der Entschädigungszahlungen an Überlebende des
Konzentrationslagers Buna/Monowitz.
Norbert Wollheim steht somit einerseits für die Erinnerung an den Kampf der
NS-Zwangsarbeiter um Entschädigung und andererseits für den Neubeginn
jüdischen Lebens in Deutschland nach der Befreiung vom Nationalsozialismus.
Der "Grüneburgplatz" befindet sich direkt vor der ehemaligen Konzernzentrale
der IG Farbenindustrie AG und dient vor allem als Postadresse der
Frankfurter Universität, die das IG Farben-Gebäude 2001 bezog.
Das IG Farben-Haus ist untrennbar verbunden mit der Judenvernichtung, war
die IG Farben doch nicht nur für die Verbrechen im KZ Buna-Monowitz und den
Tod tausender Zwangsarbeiter verantwortlich, sondern auch (neben der
Degussa) an der Produktion des Giftgases Zyklon B durch die Konzerntochter
Degesch beteiligt.
Der Erinnerung an die IG Farben und ihre Verbrechen könnte durch einen nach
Norbert Wollheim benannten Vorplatz die ebenso gebotene Erinnerung an die
Leiden der Opfer und ihren Kampf um Anerkennung zur Seite gestellt werden.
Eine Benennung einer Straße oder eines Platzes an anderer Stelle in
Frankfurt am Main nach Wollheim wäre nicht zweckmäßig, da die Erinnerung an
Norbert Wollheim untrennbar mit dem Namen »IG Farben« verbunden ist.
Etwaige Bedenken, durch eine Umbenennung würde den Frankfurterinnen
und Frankfurtern eine jahrhundertealte Tradition genommen, sind unbegründet.
Der Name "Grüneburg", der auf die einst auf diesem Gelände erbaute "Grüne
Burg" zurückgeht, ist tatsächlich ein traditionsreicher, wie es in den
Bezeichnungen "Grüneburgpark" und "Grüneburgweg" zum Ausdruck kommt. Dagegen
kann der Name "Grüneburgplatz" auf eine nur sehr kurze Geschichte zurück
blicken: Lediglich für 15 Jahre, von 1930 bis 1945, diente er der IG
Farbenindustrie AG als Postadresse der Konzernzentrale; weder vorher noch
nachher war er in Gebrauch, bis die Universität das Gebäude bezog.
Einer Umbenennung steht also auch unter diesem Gesichtspunkt nichts
entgegen, zumal nur die Adresse der Universität von einer Änderung betroffen
wäre.
In Gedenken an Norbert Wollheim und die 25.000 Ermordeten von Buna-Monowitz
unterstützen wir die Forderung der Überlebenden von Buna-Monowitz, den
"Grüneburgplatz" in "Norbert-Wollheim-Platz" umzubenennen.
Diese Forderung war anlässlich des Umzugs der Universität von Karl Brozik
sel. A., Repräsentant der Jewish Claims Conference in Frankfurt am Main,
vorgebracht, bei einem weltweiten Treffen ehemaliger IG
Farben-Zwangsarbeiter in Frankfurt 2004 bekräftigt und auch von Prof. Dr.
Micha Brumlik, Direktor des Fritz Bauer Instituts, aufgenommen worden.
Wir schließen uns dem Komitee der Überlebenden von Buna-Monowitz an, das in
seiner Resolution vom 27. März 2004, die der Frankfurter Oberbürgermeisterin
Petra Roth übergeben wurde, die Forderung begründete:
"An
historischem Ort, im IG Farben-Haus, gedenken wir der Opfer von Auschwitz,
der Tausenden unserer Kameraden, die der "Vernichtung durch Arbeit" im Werk
"IG Auschwitz" zum Opfer gefallen sind. (...) Norbert Wollheim steht
stellvertretend für die Opfer von Buna-Monowitz. Den Platz vor dem IG
Farben-Haus nach Norbert Wollheim zu benennen wäre für uns Überlebende ein
sichtbares Zeichen der Stadt Frankfurt am Main, der unvergänglichen
Vergangenheit zu gedenken, der historischen Verantwortung gerecht zu werden.
Wir versammeln uns
heute zum letzten Male in Frankfurt am Main. Unsere Generation, Zeugen und
Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung, stirbt aus.
Bevor unser Schicksal nur noch Historie ist, wollen wir dafür streiten, dass
Geschichtsvergessenheit nicht Platz greift. Wir appellieren an die
Verantwortlichen der Stadt Frankfurt am Main, die Umbenennung des
"Grüneburgplatzes" in "Norbert-Wollheim-Platz" zu veranlassen:
in Ehrfurcht vor den
Opfern,
in Verantwortung für die Zukunft."
In diesem Sinne fordern wir das Land Hessen, die Stadt Frankfurt am Main und
die Johann Wolfgang Goethe-Universität auf, schnellstmöglich alle nötigen
Schritte einzuleiten, um die Umbenennung umzusetzen, damit dieses Zeichen
der Erinnerung auch für die Generation der Überlebenden noch sichtbar wird.
Rückantwort
Ich/Wir unterstütze(n) das Vorhaben, den "Grüneburgplatz"
in
"Norbert-Wollheim-Platz"
umzubenennen:
Name, Vorname |
Funktion/Beruf |
Adresse |
Unterschrift |
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hagalil.com 11-03-2005 |