Die Alternative:
Skypen statt telefonieren
Von Ulrich W. Sahm
"Ich skype nur noch und telefonier nicht mehr", sagt eine
Studentin aus Haifa. Ihre Festnetzleitung hat sie abbestellt. Das Handy
braucht sie, wenn sie außer Hauses ist. Doch wozu noch ein "normales
Telefon" benutzen, wenn es ohne Grundgebühren und ohne Minutentakt bei
Ferngesprächen viel billiger geht, oder gar kostenlos.
Vor etwa fünf Jahren "erfand" eine israelische Firma die
Möglichkeit, per PC nicht nur per Email zu kommunizieren. Man konnte auch
miteinander "reden". Die Gesprächsfetzen, in ein einfaches Mikrofon
eingegeben, wurden in "Pakete" zerhakt, über das weltweite Netz an einen
anderen PC geschickt und dort wieder zu Worten zusammengesetzt. Solange aber
die Internetverbindungen über normale Telefonleitungen mit langsamen Modems
gingen, kamen eher Fetzen denn Worte an. Und wenn man dem anderen ins Wort
fiel, konnte man sich am Ende selber nicht mehr verstehen. Das Telefonieren
per PC war eher eine Methode zum Abgewöhnen, obwohl kostenlos.
Inzwischen gibt es großen Fortschritt. Die Internetleitungen
sind schneller geworden, vor allem, wenn man sich zum Pauschalpreis einen
Breitbandanschluss leisten kann und will. Eine gute Verbindung ist die
Voraussetzung für ein störungsfreies "Telefonieren" per Computer. Das
qualitativ beste Programm zum mündlichen Kommunizieren kann man bei
www.skype.com
kostenlos runterladen. Es wird in einer Vielzahl von Sprachen, darunter auch
Deutsch, problemlos auf dem Heimcomputer installiert. Die Sprechqualität
überragt um ein Vielfaches andere Kommunikationsprogramme, wie zum Beispiel
MSN von Microsoft. Bisher musste der
Gesprächspartner mit Kopfhörer und Mikrofon am PC sitzen. Skype bietet die
Möglichkeit an, vom Computer aus jede beliebige Telefonnummer im Festnetz
anzurufen und das zu Preisen, die bei der Telecom auf wenig Gegenliebe
stoßen werden. Gespräche in die USA, EU Länder, nach Argentinien, Australien
und sogar zum Papst im Vatikan kosten einen Einheitspreis: 1,7 Cent pro
Minute (0,017 Euro). Richtig teuer sind
allein Gespräche zu den Cook Inseln und nach Diego Garcia mit über einem
Euro pro Minute. Nach Japan ins Festnetz zu "skypen" ist mit 0,019 Euro
sogar billiger als ein Gespräch nach Israel für 0,026 Euro. Ein Gespräch
nach Bagdad ist mit 0,302 Euro dreimal so teuer wie ein Telefonat nach
Teheran mit 0,108 Euro. Wer freilich in all diesen Ländern einen Partner mit
Computer hat, redet kostenfrei. Um
Gespräche ins Festnetz in aller Welt führen zu können, muss man sich
elektronisch mit der Kreditkarte einen Gutschein erwerben. 10 Euro reichen
bei den Preisen länger als man denkt. Das angezeigte Restvermögen reduziert
sich nach jedem Gespräch immer nur um ein paar lächerliche Cents.
Inzwischen hat sich eine ganze "Industrie" rund um Skype
entwickelt. Wer keinen Computer hat oder ihn nicht mag, kann sich auch ein
Telefongerät erwerben, dessen Innenleben eher einem PC gleicht und an eine
DSL-Verbindung angeschlossen wird. Damit kann man normal "telefonieren",
aber eben fast kostenlos. Flinke Programmierer bieten Zusatzprogramme an, um
etwa das elektronische Outlook-Telefonbuch bei Skype einzubinden, wenn man
nicht die Geduld hat, die Telefonnummern einzutippen oder nach Skype zu
kopieren. Und wer noch keinen Kopfhörer mit eingebautem Mikrofon besitzt,
kann sich die Zusatzgeräte bestellen, anstatt sie beim Computerladen zu
kaufen. Geplant ist die Möglichkeit,
per Skype auch visuell zu kommunizieren, mit einer Cam-Kamera. Vorerst gibt
es nur die Möglichkeit, parallel zum Gespräch schriftliche Mitteilungen zu
übermitteln oder Dateien zu verschicken. Während bei Email die Größe der
Dateien auf wenige Megabits beschränkt ist, kann man dank der "direkten
Verbindung" Dateien in jeder beliebigen Größe übermitteln. Skype hat die
Fähigkeit, sich über alle "Firewalls" und sonstige elektronische Schutzwälle
hinwegzusetzen. Wer weltweit Freunde hat, aber nicht die jeweiligen
Skype-Adressen kennt, kann unter fast 30 Millionen Abonnenten Bekannte
suchen. Man kann Konferenzschalten mit mehreren Teilnehmern per Knopfdruck
organisieren. Und wer Microsoft nicht mag, kann das Programm unter Linux
oder Apple laufen lassen. Sogar für den Pocket-PC gibt es eine Version.
hagalil.com
17-03-2005 |