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100 Tage NPD Fraktion Sachsen:
Open Mike für Kameraden

Die NPD knüpft an rechtsextreme Strategien der zwanziger Jahre an und benutzt das sächsische Landesparlament offensiv für ihre Propaganda. Das politische Establishment ist verunsichert.

Von Jörg Kronauer
Jungle World 5 v. 02.02.2005

"Rundweg erfolgreich", meint Holger Apfel, seien die ersten 100 Tage der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag gewesen. "Neue Akzente" hätten die Nationaldemokraten gesetzt, sagt der Fraktionsvorsitzende. Mit den Tiraden über den "Bomben-Holocaust" in Dresden sei es ihnen gelungen, "das bundesdeutsche Schweigekartell zu durchbrechen". "Totschweigen können uns die Altparteien jetzt nicht mehr", triumphiert der 34jährige Verlagskaufmann. "Die politische Auseinandersetzung brauchen wir nicht zu scheuen."

Seit ihrem Einzug in den sächsischen Landtag macht die NPD immer wieder von sich reden. Bei Abstimmungen erhalten ihre Kandidaten regelmäßig Stimmen aus anderen Parteien. Die Partei gewann den ehemaligen Vorsitzenden der Republikaner, Franz Schönhuber, als Berater, und die jüngst im Landtag vorgetragenen Phrasen vom "eliminatorischen Antigermanismus" und davon, dass die alliierten Luftangriffe auf Dresden ein "kaltblütig geplanter industrieller Massenmord" gewesen seien, machten ihre Urheber in ganz Deutschland bekannt.

Die NPD weiß die Möglichkeiten zu schätzen, die ihr der Einzug in den Dresdner Landtag bietet, nicht nur wegen der zehn Millionen Euro an staatlichen Zuschüssen, die den Abgeordneten und der Fraktion im Verlauf der Wahlperiode zugeteilt werden. Für viel bedeutender hält die Partei den politischen Nutzen. "Eine Parlamentsfraktion ist ein hervorragendes Aufklärungsinstrument", schrieb der neue Leiter des Parlamentarischen Beratungsdienstes der NPD, Karl Richter, kürzlich in der extrem rechten Zeitschrift Nation & Europa. "Selbst wo rechte Vorschläge keine Mehrheit finden – und das wird die Regel sein –, tragen sie (…) zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei."

Derzeit "sensibilisiert" die NPD die Öffentlichkeit, was das Zeug hält. Zur Wahl des sächsischen Ausländerbeauftragten im Dezember vorigen Jahres stellte sie einen eigenen Kandidaten auf. Er solle Migranten "zu einer baldigen Heimkehr bewegen", erläuterte Apfel. Die öffentliche Erregung über die Äußerungen aus der NPD zu den alliierten Luftangriffen auf Dresden im Jahr 1945 ist nur das jüngste Ergebnis der "Sensibilisierungs"-Kampagne der Partei. Politik und Medien empörten sich darüber, Verbotsforderungen wurden erhoben, um ebenso schnell wieder zurückgezogen zu werden. Als Ergebnis bleibt: Man kann in Deutschland den Holocaust auch in den Parlamenten relativieren.

Die Parlamentstätigkeit sei ein Instrument, um "mächtige Schneisen in das Dickicht antideutscher Geschichtslügen zu schlagen", meint der NPD-Abgeordnete Jürgen W. Gansel. Die Provokation mit dem "Bomben-Holocaust" schließt dabei nahtlos an den Revisionismus der bürgerlichen Geschichtsbetrachtung an. Der Historiker Jörg Friedrich habe den Begriff in seinem Buch über die alliierten Luftangriffe vorbereitet, meint Gansel. Er betont, dass Friedrich "die Bomberflotten ›Einsatzgruppen‹, brennende Luftschutzkeller ›Krematorien‹ und die Toten ›Ausgerottete‹" nenne. Die NPD musste auf der Basis dieser Terminologie die eigene nur noch ein wenig verschärfen, um ihre "Schneise" in das deutsche Geschichtsbewusstsein zu schlagen.

Die Parlamentstätigkeit habe jedoch, daran erinnert Karl Richter, auch ihre Gefahren. "Regelmäßig haben in der Vergangenheit ideologische Sollbruchstellen zwischen Koalitionswilligen und nationalen Überzeugungstätern rechte Parlamentsexperimente platzen lassen", warnt er in Nation & Europa. Der Zwist in der extremen Rechten über die Bedeutung parlamentarischer Tätigkeit ist alt. Soll man, um an die Macht zu gelangen, Koalitionen eingehen und dafür die eigenen Ansichten mäßigen? Oder soll man extreme Forderungen beibehalten und auf einen Umsturz hoffen?

Die Frage stellte sich bereits in den zwanziger Jahren. Nach dem gescheiterten Putschversuch von 1923 und der anschließenden Haft in Landsberg erklärte Adolf Hitler damals einem seiner Anhänger, ein Umsturz sei zur Zeit nicht möglich: "Statt die Macht durch Waffengewalt zu erringen, werden wir (…) unsere Nasen in den Reichstag stecken." Dort könne man entsprechend agitieren und schließlich "die Mehrheit" über die demokratischen Abgeordneten gewinnen, prophezeite er. "Wenn es auch länger dauert, sie zu überstimmen, als sie zu erschießen, so wird uns schließlich ihre eigene Fassung den Erfolg garantieren", sagte Hitler.

Schönhuber plädierte schon vor Jahren dafür, das Parlament als Agitationsort der extremen Rechten zu begreifen. Gansel interviewte ihn im Januar 2002 für die NPD-Zeitung Deutsche Stimme. "Sie favorisieren trotz Ihrer Fundamentalkritik am BRD-System weiterhin das Parteikonzept", stellte Gansel fest. Schönhuber präzisierte: "Im Grunde trete ich für eine ständestaatliche Ordnung im Sinne von Othmar Spann ein, das heißt, für eine Staatsform der Eliten und Fachleute." Man müsse sich aber "jetzt an die Situation in der Bundesrepublik halten", riet das ehemalige Mitglied der Waffen-SS. "Der Parlamentarismus" werde hier wohl "noch geraume Zeit existieren".

Für die Übergangszeit machte Schönhuber damals klare Vorschläge für die parlamentarische Agitation: "Abkehr vom american way of life, Erhaltung der nationalen Substanz, Kampf gegen die immerwährende Stigmatisierung des deutschen Volkes über eine von Umerziehern gesteuerte Vergangenheitsbewältigung". Die NPD scheint sich nun entschieden zu haben und greift diese Vorschläge konsequent auf.

"Man kann ihr eine gewisse Geschicklichkeit, ja sogar eine intelligente Kaltblütigkeit nicht absprechen", sagt Volker Külow, der kulturpolitische Sprecher der sächsischen PDS-Landtagsfraktion. Er warnt "vor jeder Überheblichkeit, mit der die NPD immer noch betrachtet wird". "Die NPD-Fraktion wirkt geschlossen und diszipliniert", berichtet er aus dem Landtag.

Und sie wird weiterhin ihre "Schneisen" zu schlagen suchen. Die kommenden Gedenkveranstaltungen in Dresden geben ihr den willkommenen Anlass dafür.

hagalil.com 06-02-2005

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