Am Wochenende konnte man eine halbe
Stunde alte und neue Nazis an sich vorbeiziehen lassen.
Von Andreas Siegmund-Schultze und Mark Querfurth
Am vergangenen Wochenende versammelte sich in Dresden zum
"Trauermarsch" anläßlich des 13. Februar 1945 alles, was in der
rechtsextremistischen Szene Rang und Namen hat. Neben dem Dreiergespann der
rechten Parteien aus Urgestein Franz Schönhuber (Mitgründer Republikaner,
jetzt Berater der NPD), Udo Voigt (Vorsitzender NPD) und Gerhard Frey (Chef
der DVU) und seinem Umfeld, fehlten in der Elbmetropole natürlich auch nicht
die Anhänger der Kameradschaftsszene und ihre Kader, darunter Thomas
"Steiner" Wulff, Oliver Schweigert und Christian Worch.
Auffällig auch, daß eine Vielzahl von politisch selten
organisierten älteren Herren und Damen am Marsch teilnahmen. Viele hatten
sich weiße Rosen angeheftet und konterkarierten damit Protestaufrufe der
Stadt. Besuch hatte sich auch aus dem benachbarten Ausland, beispielsweise
der Schweiz, Österreich und Italien, angekündigt. Waren im vergangenen Jahr
etwa 3000 Teilnehmer dem braunen Umzug der rechtsextremen und
revanchistischen "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen" (JLO) gefolgt,
beteiligten sich diesmal zwischen 5000 und 7000 alte und junge Nazis.
Reden und Transparente strotzten nur so von
geschichtsrevisionistischer und nazistischer Propaganda. Der unheimliche
Charakter wurde bei diesem sich bis in die Abendstunden ziehenden rechten
Massenauflauf noch durch Fackeln verstärkt. Eine halbe Stunde verging, bis
die Teilnehmerschaft des Aufzuges an seinen Betrachtern vorbeiführte. Der
ganze braune Zug war insbesondere daher so in die Länge gezogen, weil nach
meist ortsbezogenen Blöcken von im Schnitt rund 50 Personen mächtig viel
Platz gehalten wurde und in der Regel nicht mehr als sieben Rechte
nebeneinander liefen.
Reden gab es nur vor und nach dem grausigen Marsch. Die fast
zweistündige Auftaktkundgebung wurde vom Nazibarden Frank Rennicke eröffnet.
Einer äußerst hetzerischen Rede folgte ein Auftritt mit Gitarre. Der Refrain
lautete "Deutschland, Deutschland über alles und das Reich muß neu
erstehen!". Der Anmelder und JLO-Kader Alexander Kleber sprach über Dresden
von der "Unschuldigkeit einer Lazarettstadt", die Angriffe auf Dresden seien
"ein singuläres Verbrechen" gewesen.
Der greise Ex-Republikaner-Chef Franz Schönhuber wirkte in
seiner Rede stark angeschlagen. Er griff Bundeskanzler Schröder für seine
"Schandreise nach Moskau" am 8. Mai zu den Siegesfeiern über den deutschen
Faschismus an. Bezugnehmend auf die Verschärfung des Versammlungsrechts
sprach er, man sei "stärker als Schröder und Schiller", meinte aber
tatsächlich Innenminister Otto Schily. Holger Apfel sprach davon, daß der in
Deutschland mit einem Einreiseverbot belegte "Historiker" und
Holocaustleugner David Irving die "Singularität der alliierten Verbrechen an
Dresden herausgearbeitet" hätte und dafür 1963 mit der Ehrenbürgerwürde der
Stadt Dresden ausgezeichnet worden sei. Die NPD sei heute die "nationale
Friedensbewegung des volkstreuen Lagers".
Den Reigen der Auftaktredner schloß der DVU-Vorsitzende Gerhard
Frey und erklärte, daß "Dresden die Rache der Alliierten für den Wahlausgang
in Deutschland 1933 und für die Bücherverbrennung am 1. Mai 1933" gewesen
sei, tatsächlich brannten jedoch in Deutschland am 10. Mai 1933 die Bücher
progressiver Autoren. Die Zahl der Toten vom 13. Februar bezifferte er mit
"realistischeren" 200000, statt der sonst genannten 35000. Daß der alte
Multimillionär damit verdeckt die "Historiker" und
"Bombenholocaust"-Hofierer seiner Nationalzeitung unterstützend unter die
Arme greift, versteht sich von selbst. Ist Gut fürs Geschäft.
In einschlägigen rechten Diskussionsforen im Internet gab es
jedoch schon zahlreiche Unmutsäußerungen über den ungewohnten Besuch aus
Süddeutschland. Allzu offensichtliche Profiteure der rechten Szene hat man
hier nicht gern als Partner im braunen Sumpf.