Von Ulrich W. Sahm
Bundespräsident Horst Köhler hat eine hochpolitische Visite im
Programm, die vorab weder vom Bundespräsidialamt noch von der Botschaft
mitgeteilt worden ist. Am Mittwoch will Köhler nach einem Gespräch mit dem
Vizepremier Schimon Peres und vor seiner Rede in der Knesset zur
israelischen Kleinstadt Sderot nahe dem Gazastreifen fahren. Da der
Staatsbesuch allein Israel gewidmet ist, wird Köhler keinen Abstecher in die
palästinensischen Gebiete machen. Mit dem Besuch in Sderot und dort einem
Treffen mit Opfern palästinensischen Raketenterrors, wird Köhler ein
deutliches politisches Zeichen setzen.
Bekannt wurde dieser Programmpunkt erst durch die Veröffentlichung des
Besuchsprogramms durch das israelische Presseamt. Die deutsche Botschaft in
Tel Aviv bestätigte, dass diese Visite "schon seit Tagen" besprochen worden
sei. In dem von deutschen Stellen veröffentlichten Programmablauf seien
allerdings nur die "wichtigsten" Stationen vermerkt worden, wobei allein die
Visite in Sderot unterschlagen wurde.
Yossi Cohen, der Sprecher der ärmlichen Kleinstadt, die in den
vergangenen Jahren das Ziel dutzender palästinensischer Kassamraketen
geworden war, hatte erst am vergangenen Freitag von dem Besuch des deutschen
Bundespräsidenten erfahren. Die Initiative sei von Köhler ausgegangen,
behauptete Cohen. Cohen wusste keine Antwort auf die Frage, wieso der Besuch
in Sderot von den deutschen Stellen geheim gehalten wurde: "Vielleicht haben
die Angst, dass die Palästinenser aufwachen und wieder Raketen auf Sderot
schießen könnten."
Köhler werde sich nur eine Stunde in Sderot aufhalten. Er werde den
Bürgermeister Eli Moyal und "mehrere Terroropfer" treffen. Ebenso werde
Köhler zu jenem Kindergarten geführt, wo ein kleines Kind und dessen
Großvater durch eine palästinensische Rakete getötet wurden. An einer
anderen Stelle wurde Eyla Abuxis vor nur zwei Wochen von einer Rakete
tödlich getroffen.
Etwas unbeholfen bat der Sprecher von Sderot, sich mit einem
Korrespondenten zu beraten: "Ist es unhöflich, den Bundespräsidenten auf
unsere wirtschaftlichen und sozialen Probleme aufmerksam zu machen?
Vielleicht kann er das ja an die Regierung weitergeben und uns ein wenig
helfen."