Von Ulrich W. Sahm
Der Außenpolitik-Koordinator der Europäischen Union (EU),
Javier Solana, schlägt eine internationale Friedenstruppe zur Unterstützung
des Nahost-Friedensprozesses vor. Sogar die Beteiligung deutscher Soldaten
sei denkbar. Verteidigungsminister Peter Struck sekundiert die Idee, falls
Israelis und Palästinenser zustimmen. Solana hätte gut getan, sich erst
einmal zu erkundigen, ehe er diesen populistischen Vorschlag macht. Auch
Struck hat nicht nachgedacht, als er den Reizen der verlockenden Idee
Solanas verfiel, Europa in Nahost mitstreiten zu lassen.
Die Idee einer internationalen Friedenstruppe war Arafats
"feuchter Traum" zu Beginn der Intifada. Der bewaffnete Aufstand war nach
palästinensischen Angaben eine "wütende Reaktion" auf eine "Provokation"
Ariel Scharons. Der israelische Oppositionschef war im Oktober 2000 mit
Arafats Einverständnis und nach Absprache mit palästinensischen Behörden und
Geheimdiensten auf den Tempelberg Jerusalems gestiegen. Doch Arafat redete
schon drei Tage später von "Zielen" der Intifada: eine
"Internationalisierung" des Nahostkonflikts. Arafats glaubte, ohne
Verhandlungen, mit Hilfe von "Friedenstruppen", einen Rückzug Israels zur
Grünen Linie und einen Abbau aller Siedlungen erzwingen zu können.
Eine Friedenstruppe macht nur Sinn, wenn sie ein klares Mandat
erhält. Sie kann Truppen verfeindeter Länder entlang einer vereinbarten
Linie auseinander halten, wie zwischen Nord- und Südkorea oder Israel und
Syrien auf den Golanhöhen. Sie kann auch verfeindete Bevölkerungsteile
auseinander halten, wie im ehemaligen Jugoslawien, solange es eine Linie
gibt, auf der die Friedenssoldaten stehen können.
Eine Friedenstruppe macht aber keinen Sinn, solange es keinen
Waffenstillstand gibt, etwa weil sich die Hamas nicht daran hält. Sowie
Mahmoud Abbas die in Scharm A Scheich versprochene Rückkehr zum Machtmonopol
der Autonomiebehörde unter Ausschaltung der Warlords und Extremistengruppen
geschafft hat, erübrigt sich eine Friedenstruppe. Erfahrungsgemäß
funktioniert die Kooperation zwischen Israelis und Palästinensern
reibungslos, solange der Wille da ist.
Keine Friedenstruppe dürfte das Mandat erhalten und
akzeptieren, nach potentiellen Selbstmordattentätern zu suchen, sie zu
verhaften oder gar zu töten oder Fabriken für Kasamraketen zerstören.
Solanas Vorschlag könnte Palästinenser vor israelischen Angriffen schützen,
nicht aber Israel vor Terroranschlägen bewahren. Angesichts der
asymmetrischen Lage dürfte ihm die Idee Applaus bei den Palästinensern
einbringen, aber Israels Misstrauen wegen europäischer "Einseitigkeit"
unnötig schüren.
Da Friedenstruppen beiden Streitpartnern und nicht nur einer
Seite Schutz bieten sollten, glaubt Solana offenbar, dass die EU Soldaten,
darunter auch Deutsche, den Terror gegen Israel verhindern könnten. Dann
hätte er ebenso gut vorschlagen können, israelische oder gar
palästinensische Friedenstruppen nach Deutschland, Spanien oder in die USA
zu schicken, um dort Terroranschläge der ETA oder El Kaeda zu verhindern.
Das klingt absurd? Genauso absurd sind Solanas Vorschlag und Strucks
Zustimmung, deutsche Soldaten in den Nahen Osten zu schicken.