Von Stephan Braun
    Deutsche Polizei, Zeitschrift der 
    Gewerkschaft der Polizei, 
	1/2005
                        
    
    Das Thema Rechtsextremismus hat wieder Konjunktur. Leider. 
	Hatte sich das Interesse der Medien nach der hitzigen Diskussion um die Rede 
	des ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann rasch anderen 
	Missständen zugewandt, wird nun wieder über rechte Gruppierungen und die 
	Gefahren diskutiert, die von ihren Vordenkern und Hintermännern ausgehen. 
	Viel Aufgeregtheit und publizistischer Rummel um Nichts? Oder haben sich die 
	Koordinaten der politischen Landkarte in Deutschland tatsächlich nachhaltig 
	verschoben? Es gibt Indizien, die für einen Rechtsruck sprechen.
                        
    
    Ein deutliches Zeichen sind die Wahlerfolge von NPD und DVU in 
	Brandenburg und Sachsen. Wo man sich im rechten Lager vormals gegenseitig 
	zerfleischte, strebt man nun eine Zusammenarbeit gemäß dem Motto "getrennt 
	marschieren, vereint schlagen" an. Gegenwärtig träumen beide Parteien von 
	einer "Volksfront von rechts" und sehen offenbar keinen Grund mehr, mit 
	ihren verfassungsfeindlichen Grundeinstellungen hinterm Berg zu halten. So 
	bekannte NPD Parteichef Voigt in einem Interview offenherzig: "Es ist unser 
	Ziel, die BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor fünfzehn Jahren die DDR 
	abgewickelt hat. Dies geht offensichtlich auch über die Wahlurne".
                        
    
    Kampf um Köpfe, Straße und Parlamente
                        
    
    Mit der Öffnung der Partei und ihres Bundesvorstands für 
	gewaltbereite Neonazis aus dem Umfeld der so genannten "freien 
	Kameradschaften" hat sich die NPD zu einem Auffangbecken für vorbestrafte 
	Extremisten wie Thorsten Heise entwickelt. Auch Norman Bordin, Gründer des 
	"Aktionsbüro Süd" hat hier eine neue politische Heimat gefunden. Zu seiner – 
	später in "Kameradschaft Süd" umbenannten – Gruppe gehörte auch der 
	mutmaßliche Rechtsterrorist Martin Wiese, der im vergangenen Jahr einen 
	Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen Gemeindezentrums 
	in München geplant haben soll.
                        
    
    Damit hat der Rechtsextremismus in Deutschland auch politisch 
	eine neue Qualitätsstufe erreicht. Mit dem erfolgreichen Einzug in die 
	ostdeutschen Landtage Brandenburg und Sachsen scheint eine wichtige Hürde im 
	angekündigten Kampf um die Köpfe, um die Straße und die Parlamente genommen 
	zu sein. Ergänzt wird diese 3-Säulen-Strategie seit den jüngsten Erfolgen um 
	den "Kampf um den organisierten Willen", der auf eine koordinierte 
	Zusammenarbeit der unterschiedlichen nationalistischen Gruppierungen unter 
	Federführung der NPD abzielt.
                        
    
    Auch abseits der politischen Bühne kann die Rechte auf 
	bedenkliche Erfolge verweisen. Tatsächlich ist es im Osten gelungen, so 
	genannte "national befreite" Zonen zu schaffen, in denen Rechtsextremismus 
	zur dominierenden Alltagskultur aufgestiegen ist. Man brüstet sich damit 
	"ausländerfrei" zu sein. Wer seinem Aussehen nach nicht dem rechten 
	Mainstream entspricht, muss im Alltag mit Beleidigungen, Drohungen und 
	Übergriffen rechnen. Die Rechte nutzt dabei jede Möglichkeit, das mit dem 
	Zusammenbruch des Sozialismus und dem Ende der DDR entstandene 
	Identitätsvakuum mit ausländerfeindlicher Polemik und nationalistischen 
	Parolen auszufüllen: Dort wo Jugendzentren, Vereine und andere 
	Anlaufstationen den Sparzwängen zum Opfer fallen, sind die Rechten zur 
	Stelle und bieten sich als Helfer in der Not an. Freilich nicht ohne 
	Hintergedanken: Nachbarschafts- und Hausaufgabenhilfe, Propaganda- und 
	Parteischulung greifen ineinander und vermischen sich zu einem gefährlichen 
	Ideologiecocktail – vor allem in den Köpfen der jungen Menschen. Die 
	Sozialarbeit von rechts greift und beginnt, dem Gedankengut der rechten 
	Szene auch einen Weg in die bürgerliche Mitte hinein zu bahnen.
                        
    
    Rechts hat nicht nur in Ostdeutschland Boden gewonnen
                        
    
    
      
        
                        
    
    
                        
    
        Die Nationaldemokratische Partei (NPD): 
         
        • im Herbst 1964 von Funktionären der ehemaligen "Deutschen 
	Reichspartei" gegründet, 
        • zwischen 1966 und 1968 Einzug in sieben Länderparlamente, 
        • Scheitern bei der Bundestagswahl 1969 mit 4,3 Prozent der Stimmen, 
        • Landtagswahl in Sachsen 2004 mit 9,2 Prozent erstmals seit 1968 wieder 
	Einzug in ein Länderparlament, 
        • derzeit rund 5.000 Mitglieder. 
         
        Programmatik: Die NPD strebt die "Wiederherstellung 
        des Deutschen Reiches" an. Der Verfassungsschutz sieht eine 
	Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus. Die NPD verharmlose das 
	NS-System. | 
      
    
                        
    
    Diese wachsende Akzeptanz für rechtspopulistisches, 
	rechtsradikales und rechtsextremes Gedankengut ist keineswegs auf 
	Ostdeutschland beschränkt. Zudem ist das Phänomen nicht so neu, wie man es 
	angesichts seiner aktuellen Allgegenwart in den Medien vermuten könnte. "Der 
	Zeitgeist weht wieder rechts, und Deutschland driftet", schrieb Friedbert 
	Pflüger, CDUBundestagsabgeordneter und Pressesprecher des früheren 
	Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, seiner Partei bereits vor über 
	zehn Jahren ins Stammbuch. Seine Absicht war es, seine Partei gegen die 
	Ideen der "Konservativen Revolution" zu immunisieren, deren Anhänger auch 
	innerhalb der Union auf eine schleichende Erosion der Abgrenzung zwischen 
	konservativem und rechtextremem Denken hinarbeiteten.
                        
    
    Das Gefahrenpotential hinter solchen Entwicklungen ist nicht zu 
	unterschätzen. Nach wie vor gibt es in Deutschland einen stabil 
	zweistelligen Prozentsatz von Menschen, die fremdenfeindlichen und 
	antisemitischen Klischees anhängen und geneigt sind, sich Einstellungen 
	rechtspopulistischer, -radikaler und -extremistischer Wortführer zu Eigen zu 
	machen. Die Angst vor Arbeitslosigkeit, aufkeimender Sozialneid und die 
	vorherrschende Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien spielen den 
	rechten Provokateuren in die Hände. Nicht umsonst warnte Hans Jürgen Doll, 
	Vizechef des baden-württembergischen Landesamtes für Verfassungsschutz im 
	September vergangenen Jahres, aus der politischen Großwetterlage sei "ein 
	gefährlicher Nährboden" für die Stimmungsmache rechtspopulistischer 
	Vordenker erwachsen.
                        
    
    Die "Neue Rechte"
                        
    
    Solche Vordenker gibt es in Deutschland seit Jahren. Nur in 
	wenigen Fällen sind sie in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit 
	gerückt. Sie bilden auch das Rückgrat der so genannten Neuen Rechten, einer 
	rechten Strömung, die nicht durch Gewalt, nationalsozialistische Symbole 
	oder mediengerechte Aufmärsche in Erscheinung tritt, die aber dem 
	Rechtsextremismus durchaus als Stichwortgeber dient und als Ideenschmiede. 
	Sie nimmt eine "Scharnierfunktion" wahr, indem sie das rechtsextremistische 
	Lager mit dem demokratischen Spektrum verbindet und rechte Ideen in die 
	Diskurse der politischen Mitte einspeist. Der Hamburger 
	Politikwissenschaftler Wolfgang Gessenharter weist darauf seit Jahren hin.
                        
    
    
      
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        Rechtsextremismus im Überblick 
                        
    
    
                        
    
        • In Deutschland gibt es 169 rechtsextremistische Organisationen und 
	Personenzusammenschlüsse mit insgesamt rund 41.500 Mitgliedern und 
	nichtorganisierten Sympathisanten. Die Zahl der Neonazis ist mit 3.000 
	(2002: 2.600) um rund 15 % gestiegen. 
        • Wachsende Neonazi-Szene: 
        95 Gruppierungen (2002: 72) mit Mindestmaß an organisatorischen 
	Strukturen. Dazu zählte auch ein beträchtlicher Teil der rund 160 
	"Kameradschaften". 
        • In den rechtsextremistischen Parteien sind rund 24.500 (2002: 28.100) 
	Personen organisiert. 
        • Neonazis knüpfen an die Ideologie des Nationalsozialismus an und 
	streben einen autoritären Führerstaat auf rassistischer Grundlage an. 
        • Das Internet ist das bedeutendste Kommunikationsmedium 
        für Rechtsextremisten. Sie nutzen es zur Selbstdarstellung nach außen 
	sowie zur szeneinternen Verständigung.  | 
      
    
                        
    
    Wenngleich es innerhalb der Neuen Rechten keine einheitliche 
	ideologische Linie gibt, lassen sich aus dem wirren Geflecht der 
	propagierten Ideen, Weltbilder und Programme dennoch gewisse Gemeinsamkeiten 
	ziehen, die Aufschluss über gemeinsame Ideen, Strategien und Taktiken
    geben. Vorstellungen und Werte der Neuen Rechten kreisen im Wesentlichen um 
	das Leitbild einer Konservativen Revolution, die in der Weimarer Republik 
	auf die Abschaffung der freiheitlichen Demokratie hinwirkte und als 
	Steigbügelhalter des Nationalsozialismus auftrat. Vor allem die Ideen des 
	Staatsrechtlers Carl Schmitt dienen den heutigen Vertretern der 
	intellektuellen Rechten als Anknüpfungspunkt ihrer theoretischen 
	Ausführungen. Schmitts Positionen widersprechen allerdings den Ideen und dem 
	Geist des Grundgesetzes fundamental.
                        
    
    Während das Grundgesetz eindeutig den Rechten des einzelnen 
	Menschen Vorrang vor dem staatlichen Kollektiv einräumt, verhält es sich bei 
	Carl Schmitt genau umgekehrt. Schmitts rigoros gegen jede Form von 
	(Meinungs-)Vielfalt gerichtetes Demokratieverständnis spricht eine deutliche 
	Sprache: "Zur Demokratie gehört notwendig erstens Homogenität und zweitens – 
	nötigenfalls – die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen. Die 
	politische Kraft einer Demokratie zeigt sich darin, dass sie das Fremde und 
	Ungleiche, die Homogenität Bedrohende zu beseitigen oder fernzuhalten weiß". 
	Wie die Herstellung gesellschaftlicher Homogenität durch einen staatlichen 
	Machtapparat aussieht, hat die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft 
	auf das schrecklichste demonstriert.
                        
    
    Wenn also der Jungen Freiheit, dem Leitmedium der Neuen 
	Rechten, – fast verniedlichend – ein "verbreiteter Schmittismus" attestiert 
	wird, heißt das im Klartext: Hier wird auf dezidiert antiliberales, 
	antiparlamentarisches und antidemokratisches Denken Bezug genommen. Mit 
	Schmitt wird von Seiten der intellektuellen Rechten einem Staatsrechtler 
	hofiert, der Menschenrechte als "unveräußerliche Eselsrechte" verunglimpft 
	und die ethnisch und politisch homogene (Volks-)Gemeinschaft zur einzig 
	wahren Grundlage des Staates verklärt.
                        
    
    Anschluss an die konservativen Eliten
                        
    
    Mit diesen Rückgriffen auf die Weimarer Zeit ist auch die 
	Programmatik umrissen, mit der die Neue Rechte den strategischen Anschluss 
	an die etablierten konservativen Eliten sucht. Ihre langfristige 
	Zielvorstellung ist es, durch Einfluss auf die Kultur und die führenden 
	Köpfe eines Landes langfristig die politische Vorherrschaft zu erringen.
                        
    
    Es ist fast schon ironisch, dass sie damit an Antonio Gramsci 
	anknüpft, der als politischer Philosoph in der Tradition des italienischen 
	Marxismus steht. Er sah die "kulturelle Hegemonie" als unabdingbare 
	Voraussetzung für die spätere politische Machtergreifung der Kommunisten in 
	Italien. Dahinter stand seine Überzeugung, dass alle großen Revolutionen 
	lediglich die punktuelle Verwirklichung eines Sinneswandels waren, der sich 
	zuvor schon unterschwellig im politischen Denken der Bevölkerung vollzogen 
	hatte.
                        
    
    Um das notwendige Meinungsklima zu schaffen, versuchen die 
	Anhänger einer solchen "Kulturrevolution von rechts" aktuelle öffentliche 
	Diskurse zu beeinflussen und gezielt die Grenzen des Sagbaren auszutesten. 
	Vor allem so genannte Meinungsführer, Multiplikatoren und politische 
	Entscheidungsträger stehen dabei im Mittelpunkt ihrer Bemühungen. Karlheinz 
	Weißmann, ein bekannter Vordenker der Neuen Rechten, hat das in der Jungen 
	Freiheit so formuliert: "Uns geht es um geistigen Einfluss, nicht die 
	intellektuelle Lufthoheit über Stammtischen, sondern über Hörsälen und 
	Seminarräumen interessiert uns, es geht um Einfluss auf die Köpfe, und wenn 
	die Köpfe auf den Schultern von Macht- und Mandatsträgern sitzen, umso 
	besser".
                        
    
    Von ihm stammt auch die taktische Ausrichtung der Bewegung am 
	Leitmotiv der Anpassungs- und Verstellungskunst. Ziel dieser Vorgehensweise 
	ist es, trotz der offensichtlichen Unvereinbarkeit neurechter Ideen mit dem 
	Grundgesetz, die drohenden Sanktionen der "streitbaren Demokratie" zu 
	vermeiden. So sei es bei der Beurteilung einer politischen Situation wichtig 
	zu lernen, "ob hier der offene Angriff oder die politische Mimikry gefordert 
	ist". Das ist so neu nicht. Schon 1973 hatte Wilfred von Oven, der ehemalige 
	persönliche Referent von Goebbels, seinen rechtsextremen Freunden geraten: 
	"Wir müssen unsere Aussagen so gestalten, dass sie nicht mehr ins Klischee 
	der 'Ewig-Gestrigen' passen... Der Sinn unserer Aussagen muss freilich der 
	gleiche bleiben."
                        
    
    
      
        
                        
    
    
                        
    
        In einem Interview in der Wochenzeitung "Junge Freiheit" ("JF" vom 
	23.September 2004) äußerte sich der Parteivorsitzende der 
	"Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), Udo Voigt, nach den 
	jüngsten Wahlerfolgen u. a. zur künftigen Linie seiner Partei. 
        Es sei notwendig, dass sich die Wähler auch künftig entscheiden, ob sie 
	den "Untergang Deutschlands in einer multikulturellen Gesellschaft" oder die 
	Besinnung auf eine "nationale Wende" wünschten. Ziel der NPD sei es, die 
	"BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor fünfzehn Jahren die DDR 
	abgewickelt hat", was offenbar "auch über die Wahlurne" funktioniere. Diesen 
	Umsturz der bestehenden Verhältnisse will Voigt "durch revolutionäre 
	Veränderung" erreichen.  
        "Solange sie (Anm.: die Bundesrepublik Deutschland) de facto existiert, 
	werden wir ihre Gesetze befolgen", betont Voigt, dem "eine demokratische 
	Erhebung (...) durch ein revolutionär verändertes Wahlrecht" vorschwebt. Bei 
	der angestrebten neuen Ordnung soll es sich um "eine Volksgemeinschaft" 
	handeln, in der den Traditionen der deutschen Einheitsbewegung Rechnung 
	getragen werde. 
        Voigt bezeichnet Hitler als "einen großen deutschen Staatsmann", dem er 
	allerdings "die Verantwortung für die Niederlage Deutschlands" anlastet. 
	Folgerichtig bemühe sich die NPD heute darum, "die nationalsozialistische 
	Strömung zu integrieren".  
        Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin hat ein 
	Ermittlungsverfahren (Az. 81Js 3323/04) gegen Voigt wegen dessen Äußerungen 
	in der "JF" eingeleitet. Die Prüfung der strafrechtlichen Relevanz der 
	gesamten Äußerungen Voigts 
        durch die Staatsanwaltschaft – insbesondere die Festlegung der 
	verwirklichten Straftatbestände – ist 
        derzeit noch nicht abgeschlossen. | 
      
    
                        
    
    Rechte Netzwerke sind aktiv
                        
    
    Mit Weißmann und der Jungen Freiheit sind bereits zwei feste 
	Größen der deutschen Rechten benannt. Ihre Anhänger bewegen sich in einem 
	verzweigten Geflecht aus Kontakten, die sie mit Gleichgesinnten in diversen 
	Studienkreisen, Bildungseinrichtungen, Verlagen, Parteien und 
	Kameradschaften pflegen. Diese rechten Netzwerke arbeiten expansiv und sind 
	bestrebt, sich mittelfristig als feste Größe der öffentlichen 
	Meinungsbildung zu etablieren. Dabei suchen sie auch die Nähe zu den 
	Parteien des demokratischen Spektrums und ihren Repräsentanten.
                        
    
    Ein Beispiel hierfür ist Albrecht Jebens. Er gilt seit rund 20 
	Jahren als einer der führenden Köpfe in der Grauzone zwischen 
	Rechtsextremismus und Rechtskonservativismus. Wo das ehemalige CDU-Mitglied 
	im politischen Spektrum anzusiedeln ist, macht bereits ein flüchtiger Blick 
	in Jebens publizistisches Oeuvre deutlich: "Wer Deutschland aber den 
	Deutschen durch fortschreitende Überfremdung fortnimmt, betätigt sich als 
	wahrhaft geistiger Brandstifter des Bürgerkriegs und ist allemal 
	gefährlicher als ein einzelner, geistloser junger Mann mit einer 
	Brandflasche in der Hand" ("1813-1989-1993: Preußische Perspektiven heute").
                        
    
    Jebens baute etwa 15 Jahre lang das von Filbinger 1979 
	gegründete, in Hohenlohe-Franken liegende Studienzentrum Weikersheim mit 
	auf, das sich rasch zu einer Denkfabrik für konservative Kreise, alte und 
	Neue Rechte entwickelt hat. Zu Filbingers 80. Geburtstag gründete er 
	zusammen mit dem Pressechef von Hitlers Außenministerium, dem 
	Obersturmbandführer Paul Schmidt-Carrell, Gerhard Mayer-Vorfelder und 
	anderen 1993 die Hans Filbinger-Stiftung. Diese hat seither unter anderem 
	das Ziel, das Weikersheimer Studienzentrum in seiner Arbeit zu unterstützen.
                        
    
    Das Zentrum lädt ein zu Seminaren und Veranstaltungen, 
	beispielsweise Hochschulwochen. Die Teilnehmer und Referenten kommen dabei 
	aus dem gesamten Spektrum von demokratisch bis hin zum äußersten rechten 
	Rand. Jebens wurde 2002 in den Vorstand gewählt und ist gern gesehener 
	Referent der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) mit Sitz in 
	Oberboihingen bei Göppingen in Baden-Württemberg. Die von ehemaligen 
	SS-Offizieren und NS-Funktionären gegründete Gesellschaft fehlt in keinem 
	Verfassungsschutzbericht und gilt als größtes überparteiliches Sammelbecken 
	von rechtsextremen Verlegern, Redakteuren, Schriftstellern und Buchhändlern. 
	Sie hat das Ziel, die angeblich verzerrte Darstellung der Zeitgeschichte zu 
	korrigieren. In dieser "feinen Gesellschaft" trifft Jebens auf 
	Vorstandskollegen wie Rolf Kosiek, den ehemaligen Chefideologen der NPD, und 
	auf Peter Dehoust, den Chefredakteur und Herausgeber von Nation und Europa 
	(Deutsche Monatshefte). Bei dieser im bayerischen Coburg erscheinenden 
	Publikation handelt es sich um die älteste rechtsextreme Zeitschrift der 
	Bundesrepublik, die gleichzeitig als das bedeutendste Strategie- und 
	Theorieorgan der Szene gehandelt wird. Das Blatt wird herausgegeben vom 
	Nation Europa-Verlag, der überwiegend Neuausgaben älterer 
	militärhistorisch-revisionistischer Werke, etwa über die Waffen-SS-Einheiten 
	"Leibstandarte" oder "Das Reich" veröffentlicht.
                        
    
    Aber auch Jürgen Schützinger aus Villingen-Schwenningen gehört 
	dem Vorstand der Gesellschaft für freie Publizistik an. Dieser ehemals 
	hochrangige NPD-Funktionär musste wegen rechtsextremistischer Umtriebe aus 
	dem Polizeidienst entfernt werden und ist heute Bundesvorsitzender der 
	Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH), die nach Auffassung des 
	nordrheinwestfälischen Verfassungsschutzes mit militanten Neofaschisten 
	kooperiert. Regional arbeiteten Mitglieder mit Aktivisten verbotener 
	Organisationen zusammen, wie etwa der Wiking-Jugend, der Freiheitlichen 
	Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und der "Nationalistischen Front".
                        
    
    Da verwundert es kaum noch, dass alle drei – Jebens, Kosiek und 
	Schützinger – auch Autoren in der rechtsextremistischen Verlagsgruppe 
	Grabert/Hohenrain mit Sitz in Tübingen sind. Die beiden Verlagshäuser decken 
	mit ihren Programmen alle Themenfelder ab, die für den Rechtsextremismus von 
	ideologisch politischer Bedeutung sind. Grabert gilt als Standard-Verlag der 
	Holocaustleugner und derer, die die Geschichte der NS-Zeit umschreiben 
	möchten. Publikationen wie der "Auschwitz-Mythos" bedürfen keiner weiteren 
	Erläuterung.
                        
    
    In der Verlagsgruppe Grabert/ Hohenrain publiziert auch Alain 
	de Benoist, den viele auch als ständigen Autor der Jungen Freiheit kennen. 
	De Benoist gilt seinerseits als Vordenker der GRECE, der so genannten 
	Forschungs- und Studiengruppe für europäische Zivilisation. Sie ist die 
	Speerspitze der Nouvelle droite, der Sammelbewegung der französischen Neuen 
	Rechten. Beide, die französische und die deutsche Neue Rechte arbeiten eng 
	zusammen. De Benoist bildet so etwas wie die Schnittstelle zwischen beiden. 
	Die eben beschriebene Beziehung – GFP, Verlagsgruppe Grabert/Hohenrain, 
	Junge Freiheit, Alain de Benoist – markiert eine Verbindung zwischen der 
	"alten" und der "Neuen Rechten". Beide verbindet in der Tat mehr, als man 
	auf den ersten Blick glauben mag. Vor allem mehr, als manche Vertreter der 
	Neuen Rechten glauben machen wollen.
                        
    
    Für die weitere Verbreitung des Rechtsextremismus in 
	Deutschland besitzen solche Netzwerke eine zentrale Rolle. Sie nehmen 
	Einfluss auf die Themen der öffentlichen Diskussion, um letztlich Akzeptanz 
	für verfassungsfeindliche Thesen und Positionen schaffen. Das Düsseldorfer 
	Institut für Sprach- und Sozialforschung weist dies an Hand von 
	Diskursanalysen an mehreren Beispielen nach. Insofern ist es gerechtfertigt 
	und notwendig, diesen gefährlichen Balanceakt zwischen Legalität und 
	Volksverhetzung genau im Auge zu behalten.
                        
    
    
      
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        Finanzquellen der rechten Szene 
                        
    
    
                        
    
        Die Quellen, aus denen rechte Netzwerke ihre Gelder beziehen sind so 
	heterogen wie die Szene selbst. 
        Ein wesentlicher Teil der Gelder stammt aus dem Steuersäckel. Denn auch 
	die rechtsextremen Parteien profitieren von der staatlichen 
	Parteienfinanzierung. So haben Parteien Anspruch auf staatliche Mittel, wenn 
	sie bei Bundestags- und Europawahlen mindestens 0,5 Prozent der Stimmen, bei 
	einer Landtagswahl mindestens ein Prozent der Stimmen auf sich vereinigen 
	können. Nach den Wahlerfolgen in Sachsen und Brandenburg könnte die DVU rein 
	theoretisch rund 60.000 Euro beanspruchen, der NPD stünden mehr als 162.000 
	Euro zu. Die Gelder kämen ihnen frühestens 2005 zugute. 2003 hatten beide 
	Parteien auf diesem Wege mehr als 565.000 Euro erhalten. 
        Daneben sind rechtsextremistische Parteien und die sie umgebenden 
	Netzwerke auf Spenden angewiesen. Im Falle der NPD lagen die im 
	Rechenschaftsbericht ausgewiesenen Zuwendungen im Jahre 2000 bei immerhin 
	2.827.277 DM, zwei Jahre zuvor bei mehr als drei Mio. DM. Besonders 
	Erbschaften und Zuwendungen aus "nationalkonservativen" Unternehmerkreisen 
	lassen die Kassen klingeln. Die dahinter stehenden Firmen bedienen oft den 
	szeneinternen Markt mit Musik, Fan-Artikeln und Devotionalien, so dass von 
	einer Art "Binnenfinanzierung" gesprochen werden kann. Ihre Eigentümer 
	treten häufig auch als Sponsoren für rechtsextreme Zeitschriften, Bücher, 
	Medienprojekte oder Hilfsfonds auf. Gerade die rechtsextremistische Presse 
	ist hierauf angewiesen, da sie vom Anzeigengeschäft und den 
	Abonnementgebühren allein nicht lebensfähig wäre.  | 
      
    
                        
    
    Gegenstrategie
                        
    
    Eine Erfolg versprechende Gegenstrategie muss an drei Punkten 
	ansetzen:
                        
    
    1. Zunächst müssen die vorhandenen Mittel des Rechtsstaates in 
	aller Konsequenz zum Einsatz kommen. Polizei, Justiz und 
	Verfassungsschutzbehörden leisten auf diesem Gebiet immer wieder gute 
	Arbeit. Die Erfolge stoßen aber auch an Grenzen: Per Beschlagnahmebeschluss 
	konnte ein Großprojekt der rechten Szene aufgehalten werden, das unter dem 
	Namen "Aktion Schulhof" bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte. Ein Netzwerk 
	– bestehend aus 56 neonazistischen Kameradschaften, Bands, Einzelpersonen 
	und Labels – hatte geplant, durch die Verteilung von 250.000 CDs mit 
	rechtsextremistischer Musik Szene-Nachwuchs an deutschen Schulen zu ködern.
                        
    
    
      
        
                        
    
    
                        
    
        Demokratie lernen mit CIVICS 
        Ziel des Modell-Projekts CIVICS ist es, ein zusammenhängendes und 
	modular aufeinander aufbauendes Curriculum "Demokratiekompetenz" von der 
	modellhaften Erprobung über den innerschulischen Transfer bis zu einer 
	Verankerung in Schulpraxis, Schulcurriculum und Schulprogramm zu entwickeln. 
        Das Fächer übergreifende Modell besteht aus zwei Säulen: 
        Demokratisches Sprechen und Verantwortung Lernen. Zu den einzelnen 
	Modulen zählen u. a.: Kooperatives Lernen, Meditation und Streitschlichtung, 
	Debatte und Deliberation im Unterricht, 
        Klassendienste, schulinterne Serviceprojekte und Verantwortung Lernen in 
	der Gemeinde. | 
      
    
                        
    
    2. Ähnliche problematisch sind Tendenzen innerhalb der rechten 
	Szene, sich durch internationale Vernetzung einer effektiven Strafverfolgung 
	zu entziehen. Einerseits darf man sie als Beweis für die Erfolge der 
	deutschen Behörden werten. Gleichzeitig verweist die Entwicklung jedoch auf 
	das Problem, wie dem Rechtsextremismus in einem Europa der offenen Grenzen 
	oder grenzenlosen Informationswelten wie dem Internet zu begegnen ist. 
	Gerade im Umgang mit rechtsextremistischen Inhalten im World Wide Web wird 
	deutlich, dass Strafverfolgung nur ein Teil der Lösung sein kann.
    3. Schließlich ist eine Demokratie immer nur so stark, wie die 
	Zivilgesellschaft, die sie trägt. Es wird Zeit, dass sich die 
	Bildungspolitik, die Schulen und die außerschulische Bildungsarbeit 
	systematisch den Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft stellen. 
	Notwendig sind pädagogische Initiativen, die sicherstellen, dass wir nicht 
	nur Demokratie lehren, sondern viel mehr Räume bieten, sie zu erleben und zu 
	erlernen. Darin liegt in gleichem Maße eine Herausforderung für die 
	schulische und außerschulische Bildungsarbeit.
                        
    
    Modellprogramme wie das CIVICS-Projekt der 
	Bund-Länder-Kommission stellen wertvolle Anregungen zur Verfügung, wie 
	Demokratiekompetenz bereits in den Schulen vermittelt werden kann, um 
	Schülerinnen und Schüler gegen extremistische Einstellungsmuster jeder Art 
	zu wappnen. Denn nur wenn der rechte Spuk rechtzeitig in den Köpfen und auf 
	der Straße konsequent bekämpft wird, ist ihm auch ein Scheitern in den 
	Parlamenten sicher.