Man glänzt durch Abwesenheit:
Das offizielle Österreich, Leopold Hilsner und kein
Ende
Von Peter Vasicek
In Berlin geht dieser Tage die bereits 2. Ausstellung
zu Ende, die innerhalb von 3 Monaten jenem Opfer altösterreichischen
Ritualmordwahns gewidmet war, Leopold Hilsner. Und wie bei gleichem Anlass
in der Vergangenheit in verschiedenen Ländern, sind es österreichische
Diplomaten, die zu Unwahrheiten und Intrigen greifen, um ihr professionelles
und moralisches Versagen zu kaschieren.
Berlin: Wie bei der Tschechischen, so wurde auch bei der Österreichischen
Mission vor Ausstellungsbeginn angefragt, ob eine Schirmherrschaft,
finanzielle Unterstützung o.ä. für dieses, ein peinliches Thema der
gemeinsamen Geschichte betreffendes Projekt, bestünde.
Die Tschechen winkten müde ab, die Österreicher idem, boten aber zumindest
die Präsenz eines Repräsentanten an. Nach der Erfahrung von Jerusalem, wo
anlässlich meines Festvortrages zum Thema "Aktualität der Causa Hilsner im
heutigen Österreich und Tschechien" am Sassoon International Center for the
Study of Antisemitism der Hebräischen Universität im Mai 2000 ein gewisser
Jürgen Meinl von der Österreichischen Mission in Tel Aviv glaubte,
Unmögliches verteidigen zu müssen - nämlich die Unlust oder Unfähigkeit
Wiener Stellen, vom damaligen Klestil über den jetzigen Bundespräsidenten
Fischer abwärts, nach über 100 Jahren und 60 Jahre nach Auschwitz, Hilsner
wenigstens posthum zu rehabiltieren - wollte ich den Auftritt eines
österreichischen Diplomaten vorher absprechen, auch, um ggf. eine Blamage
für Österreich abzuwenden. Darauf erfolgte seitens der Botschaft keine
Reaktion.
Dieser Tage erfährt eine Prager Freundin und Theologin in einer Email der
Botschaft unter dem Geschäftszeichen Zl. 54.10.03/171/2004, gez. Dr. Klemens
Renolder (nach Diktat verreist) und Dr. Teresa Indejein (Kulturrätin), ich
hätte die Schirmherrschaft beantragt, eine diplomatische Präsenz jedoch
abgelehnt. Unwahrheiten, wie sie selbst in dieser Branche wohl nicht
auftreten sollten.
Unweigerlich erinnert man sich an die konsequente Absenz österreichischer
Diplomaten während sämtlicher mit Hilsner verbundenen Ereignisse in
Tschechien 1999-2004. Oder an die indignierten Fragen der Teilnehmer an der
Eröffnung der mit Mitteln der Französischen Botschaft in Prag restaurierten
Synagoge in Hilsners Polná an den aus Wien angereisten Privatier, wo denn
Österreichs Botschafter Daublesky sei ? der einen Monat später in Jihlava
bereitwillig ein Gustav-Mahler-Fest eröffnete. Oder an das totale Fehlen des
offiziellen Österreich bei den entsprechenden Veranstaltungen in Krakau
2002.
Eine Beschwerde über das Fehlverhalten der o.g. Diplomaten wurde der
österreichischen Außenministerin bereits vorgelegt. Es bleibt abzuwarten, ob
überhaupt und in welcher Weise sie bearbeitet wird. Peinlich nur, wie schwer
sich das offizielle Österreich noch heute mit Antisemitismus tut.
hagalil.com
03-01-2005 |