Demokratische Neonazis:
Eklat im sächsischen Landtag
Von Burkhard Schröder
Jungle World 52 v.
15.12.2004
Zwei Demokraten haben in der vorigen Woche im sächsischen
Parlament erneut für die NPD gestimmt. Alle suchen jetzt nach den braunen
Schafen in der blütenweißen Herde der CDU-Fraktion oder anderswo. Der
christdemokratische Ministerpräsident Georg Milbradt erteilte der NPD
Privatunterricht in Geschichte: "Wir alle wissen, wie die historische
Katastrophe in Deutschland begann." Da irrt er: Die CDU weiß es nicht. Und
deshalb sollte sie sich nicht wundern, wenn manche Abgeordnete den
Unterschied zwischen rechts und ganz rechts nicht begreifen.
Die "Extremisten" haben die Weimarer Republik, auf die sich die Demokraten
in ihren Weihnachtsreden gern berufen, nicht zerstört, es war der Pakt der
Großbourgeoisie und der Nationalkonservativen mit Adolf Hitler. Die Nazis
waren die willigen Vollstrecker dessen, was die politische Mitte sich nur
nicht getraut hat. Extrem rechts und normal rechts – das ist nur eine
Stilfrage. Und wer braucht heute noch ein Gefühl für Stil?
Der Anlass für den Dresdner Eklat passte: die Wahl des
"Ausländerbeauftragten". Der Begriff sagt bereits alles. Immigranten sind
Ausländer und sollen es auch bleiben. So wünscht es sich auch die NPD. Und
kaum jemandem dürfte es unangenehm auffallen, wenn eine Bürgerinitiative in
Sachsen sich für einen "Judenbeauftragten" stark machen würde. Das hörte
sich so an, wie es auch beim "Ausländerbeauftragten" gemeint ist.
Man kann der Forderung "Ausländer raus" mit Gewalt nachkommen, oder indem
man Asylgesetze verfasst und die Toten bei der Abschiebung als
Kollateralschaden in Kauf nimmt. Die CDU ist notfalls für eine Version des
humanen Sterbens, wenn es um illegale Einwanderer geht, die NPD würde, wenn
sie dürfte, noch mal kräftig nachhelfen. Kein Wunder, dass manchem das
Original besser gefällt als die demokratische Kopie.
Dass ein Unterschied zwischen Braun und Dunkelbraun bestehe, ist eine der
deutschen Lebenslügen. Die NPD ist nur der Schatten, den die trübe Funzel
des Völkischen wirft. Kein Mensch sollte sich darüber aufregen, dass
Gleichgesinnte sich gegenseitig wählen.
hagalil.com 16-12-2004 |