antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Leugnung und Relativierung:
Der Missbrauch von Auschwitz in der aktuellen Politik

Von Gerd Wiegel

Für die Erinnerung an den Faschismus in Deutschland gibt es kein bedeutenderes Signum als das, welches sich mit dem Namen "Auschwitz" verbindet. Das von vielen, insbesondere konservativen Historikern beklagte "nicht Vergehen der Vergangenheit" hängt hauptsächlich mit der Erinnerung an zwei im negativen Sinne herausragenden Ereignissen des deutschen Faschismus zusammen: der Ermordung der europäischen Juden und dem Raub- und Vernichtungskrieg der Wehrmacht im Osten.

Diese beiden Punkte mit einer stärkeren Bedeutung für die Ermordung der Juden verhindern maßgeblich bis heute, dass die Erinnerung an den Nationalsozialismus auf ein Normalmaß negativer nationaler Erinnerung herabsinkt und machen die deutsche Spielart des Faschismus weltweit zum Beispiel einer bis heute einzigartigen verbrecherischen Politik eines politischen Regimes.

Kein Wunder also, dass für all diejenigen, die an einem ungebrochen deutsch-völkischen Nationalismus festhalten oder gar im Faschismus ein positives Politikmodell sehen, die mit dem Namen "Auschwitz" verbundene Ermordung der europäischen Juden und auch der Vernichtungskrieg der Wehrmacht im Osten eine besondere Herausforderung darstellen. Der Weg zur Selbstfindung der Deutschen geht über die Trümmer der KZ-Gedenkstätten, - diese martialische Formulierung der "Deutschen Monatshefte" aus den 80er-Jahren verdeutlicht trefflich die geschichtspolitische Zielsetzung einer extremen Rechten bezüglich des Umgangs mit der faschistischen deutschen Vergangenheit.

Die Holocaustleugnung, also die Leugnung oder Relativierung dessen, was mit dem Wort Holocaust bezeichnet wird, spielt in der politischen Auseinandersetzung eine Rolle, seit die Verbrechen der Nazis der Welt bekannt wurden, also spätestens seit dem 8. Mai 1945. Es handelt sich hier nicht um einen berechtigten Streit um Umfang und Genese des schlimmsten Verbrechens der deutschen Faschisten, sondern um eine nicht-wissenschaftliche politische Argumentation mit dem Ziel, das NS-Regime und die deutsche Bevölkerung von diesen Taten freizusprechen.

Klassische Holocaustleugnung

Keineswegs spielte die Holocaustleugnung nach 1945 nur in Deutschland eine Rolle, vielmehr waren es vor allem französische, britische und US-amerikanische Publizisten, die die Tatsachen des Holocaust leugneten indem sie die Aussagen der überlebenden Zeugen bezweifelten und die vorhandenen Dokumente als Fälschungen abtaten. Mit dieser immunisierenden Strategie entziehen sich die Holocaustleugner bis heute jedem rationalen Diskurs, da es ihnen nicht um die historischen Tatsachen sondern um die politische Absicht geht.

Verschiedene Tatsachen der NS-Vernichtungspolitik wurden von den Holocaustleugnern ins Visier genommen, um einen generellen Zweifel am historischen Geschehen zu untermauern: die Zahl der Ermordeten, die Technik der Ermordung, einzelne Dokumente und Abbildungen, die Orte der Vernichtungsstätten, die Existenz der Gaskammern. Da das Wissen um die Mordpolitik der Nazis erst aus den Akten und durch Zeugenaussagen erarbeitet werden musste, gab es hier selbstverständlich Veränderungen.

Diese stetige Präzisierung durch die Wissenschaft wurde von den Leugnern dazu genutzt, die Tatsache des Holocaust generell in Frage zu stellen. So gab es beispielsweise in Auschwitz bis 1990 eine Gedenktafel, auf der von vier Millionen Todesopfern die Rede war. Die Präzisierung, dass in Auschwitz zwischen 700.000 und 1.200.000 Menschen ermordet wurden, wurde als Anlass genommen, die Opferzahl weiter herunterzurechnen und die Planmäßigkeit des Vorgehens zu bestreiten.

Wilhelm Stäglich, Germar Rudolf oder Paul Rassinier sind Autoren, die vor allem über die Zahl der Opfer Zweifel am gesamten Vorgang wecken wollen. Mit dem "Leuchter-Report" präsentierte die extreme Rechte in den 90er-Jahren einen "Experten", Fred Leuchter, der behauptete, nachweisen zu können, dass es in Auschwitz nie Gaskammern gegeben habe. Prominentester Vertreter der Holocaustleugner ist der britische Historiker David Irving, der es zumindest zeitweilig geschafft hatte, auch von seriösen Historikern ernst genommen zu werden. Hier liegt, bezogen auf die Frage nach der Wirksamkeit der rechtsextremen Holocaustleugnung, der entscheidende Punkt.

Leugnung oder Relativierung

Mit Ernst Nolte entdeckte in den 90er-Jahren ein zwar eindeutig konservativer und randständiger, aber dennoch zum etablierten Spektrum zählender Historiker sein Interesse für die Holocaustleugner. War Nolte schon im Historikerstreit darum bemüht, den Juden eine Mitschuld an ihrer Verfolgung zuzuweisen, so ging es ihm in den 90er-Jahren darum, die Argumente der Holocaustleugner als diskutable und wissenschaftlich redliche Ansichten zu erörtern.

Zum "Leuchter-Report" antwortet Nolte auf die Frage im "Spiegel"-Interview, ob er Zweifel an der gezielten Massenvernichtung der Juden durch Gas habe: "Das ist ein besonders heikler Punkt. Ich kann nicht ausschließen, dass die meisten Opfer nicht in den Gaskammern gestorben sind, sondern dass die Zahl derer vergleichsweise größer ist, die durch Seuchen zu Grunde gingen oder durch schlechte Behandlung und Massenerschießungen. Ich kann nicht ausschließen, dass die Untersuchung der Gaskammern auf Blausäurespuren, die der amerikanische Ingenieur Fred Leuchter als erster vorgenommen hat, wichtig ist." Hier zeigt sich eine reale Gefahr, die von den Holocaustleugnern ausgehen kann, wenn es ihnen gelingt, ihre Ansichten zu akzeptablen, wissenschaftlichen Meinungen zu stilisieren. Demgegenüber kommt es darauf an, die politischen Implikationen dieser Leute zu entlarven, denen es bis heute um eine Rechtfertigung des Faschismus geht.

Lehre aus oder Missbrauch der Vergangenheit?

Für die extreme Rechte ist die hier beschriebene Form der Holocaustleugnung von einiger Bedeutung, gesamtgesellschaftlich hat sie jedoch eine nur geringe Bedeutung. Zu klar und verbreitet ist weltweit das Wissen um die Verbrechen des NS-Regimes. Während man in Deutschland heute gerne auch die eigene Opferrolle (Stichworte: Bombenkrieg, Vertreibung) betont und sogar anerkannte Schriftsteller des Landes von Auschwitz als "Moralkeule" sprechen, unter der man zu leiden habe, gibt es daneben eine neue Entwicklung. Sehr viel umstrittener ist in den letzten Jahren die Frage, welche Lehren aus der Tatsache des Holocaust gezogen werden müssen. "Alles zu tun, damit Auschwitz nicht sich wiederhole", dieses Diktum von Theodor W. Adorno gilt bis heute; seine Interpretation dagegen kann ganz unterschiedlich aussehen. Während Holocaust und Vernichtungskrieg bis 1990 entscheidende Gründe für eine machtpolitische Zurückhaltung der alten Bundesrepublik waren, änderte sich dies in den folgenden Jahren.

Ging es im Historikerstreit und den nachfolgenden Relativierungsversuchen
konservativer Geschichtspolitiker immer auch um die Beseitigung der NS-Vergangenheit als Hemmnis einer neuen deutschen Machtpolitik, so bildete sich in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre eine Variante im Umgang mit der NS-Vergangenheit heraus, die die Verbrechen nicht länger zu relativieren, sondern für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren suchte.

Zum bekanntesten Beispiel dieses Missbrauchs oder auch Gebrauchs der Vergangenheit wurde der Jugoslawienkrieg, an dem die Bundesrepublik sich beteiligte. Hier wurde von der rot-grünen Bundesregierung explizit die Erinnerung an Auschwitz mobilisiert, um den Kriegseinsatz gegen Jugoslawien zu rechtfertigen. Die Vertreibung der Albaner durch die Serben wurde mit dem Geschehen des Genozids an den Juden gleichgesetzt und Deutschland habe, gerade auf Grund seiner Vergangenheit, hier eine besondere Pflicht des Eingreifens.

Die mit dieser falschen Parallelisierung verbundene Verharmlosung von Auschwitz lag sicherlich nicht in der Absicht von Rot-Grün. Vielmehr schloss man sich einem internationalen Diskurs an, der Politik vor allem vor dem Hintergrund moralischer Maßstäbe beurteilen wollte und zur Legitimation der zahlreichen "humanitären Einsätze" im Namen der Menschenrechte wurde.

Die Verbrechen des deutschen Faschismus und vor allem der Holocaust sind in diesem Diskurs zu einem weltweiten Negativmaßstab der Politik geworden, mit dem aktuelles politisches Handeln legitimiert wird. Hier könnte man eine gelungene Lehre aus der Vergangenheit sehen, ginge es nicht, allzu offensichtlich, um die moralische Legitimation westlicher Machtpolitik unter Rückgriff auf Auschwitz. Dennoch bleibt das Dilemma, wer begründen und entscheiden kann, wann eine Berufung auf die Lehren der Vergangenheit legitim ist und wann nicht. Es kann schließlich nicht darum gehen, jede Form der Nutzung der Erinnerung als Missbrauch abzutun. Politik mit der Geschichte wird von allen Seiten betrieben.

Hier liegt nicht das Problem. Wenn jedoch Auschwitz zu einer leeren und entkonkretisierten moralischen Worthülse wird, dann verändert sich die Erinnerung daran auch qualitativ. Der Historiker Ulrich Herbert äußerte in einem Interview die Befürchtung, dass die "Erinnerung an den Holocaust, an Auschwitz und an die Judenvernichtung zur kleinen Münze geworden ist, zum jederzeit und von jedermann einsetzbaren Gebrauchsartikel." Dieser Art des Missbrauchs gilt es sich entgegenzustellen.

Dr. Gerd Wiegel ist Politikwissenschaftler an der Universität Marburg. Der Beitrag erscheint in: antifa - Magazin für antifaschistische Politik und Kultur

Ausgabe Dezember 2004 / Januar 2005"

Konservativer Geschichtsdiskurs:
Die Zukunft der Vergangenheit

Setzt man einen weitgehenden Einfluß von Wissenschaft im allgemeinen und Historikern im besonderen auf die kollektiven Geschichts- und Vergangenheitsbilder einer Gesellschaft voraus, muß man auch eine entscheidende Bedeutung für das Bild der faschistischen Vergangenheit in Deutschland annehmen...

Die Aufwertung der NS-Gewaltherrschaft:
Revisionismus
Der Revisionismus, der die Geschichtsschreibung über die Zeit des Dritten Reichs ändern will, ist zu einem Bindeglied zwischen den unterschiedlichsten rechtsextremistischen Strömungen geworden...

hagalil.com 01-12-2004

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved