Der Aufbau des am 9. November 2002 eröffneten
Synagogen-Internet-Archivs geht weiter voran. Internet-Benutzer aus der
ganzen Welt haben der Datenbank annähernd 2.000 Bilder, Zeitzeugenberichte,
Kommentare, Literaturhinweise oder Links hinzugefügt. Nach zwei Jahren des
Bestehens sind Beiträge zu über 700 verschiedenen Synagogen im Archiv, das
aus den Arbeiten von Dipl. Ing. Marc Grellert und Prof. Manfred Koob an der
TU Darmstadt hervorgegangen ist, eingetroffen. Ab 2005 sollen neue
Forschungsergebnisse zu Synagogen aus Bremen, Niedersachsen, Rheinlandpfalz
und dem Saarland aufgenommen werden.
Seit dem 9. November 2002, Jahrestag der Reichspogromnacht, ist das
Synagogen-Internet-Archiv online. Es gestattet der Öffentlichkeit erstmals
einen Überblick über die mehr als 2000 Synagogen in Deutschland, die 1933,
zur Zeit der Machtübernahme der Nationalsozialisten, noch in Benutzung oder
als Gebäude vorhanden waren. Internet-Benutzer können zu einzelnen Synagogen
eigene Beiträge online hinzufügen und das Archiv dadurch mit aufbauen. Etwa
75.000 Besucher haben bisher Informationen zu den in der NS-Zeit
geschändeten, beziehungsweise zerstörten, Synagogen gefunden. Im Jahre 2003
wurde das Archiv um österreichische Synagogen ergänzt.
Auch 66 Jahre nach dem Novemberpogrom von 1938 liegen noch keine exakten
Zahlen zu dem Ausmaß der Zerstörung von Synagogen und Betstuben vor. Bezogen
auf das Gebiet des wieder vereinigten Deutschlands ist belegbar, dass von
den geschätzten 2800 – 3000 Synagogen und Betstuben im deutschen Reich 1938
mehr als 1.100 geschändet oder zerstört wurden. Weitere Ziele des
Synagogen-Internet-Archivs sind, sowohl den fortschreitenden Forschungsstand
einzuarbeiten und exaktere quantitative Aussagen zu treffen, als auch zu
bestimmten Aspekten erstmals Zahlen angeben zu können. Dem Archiv ist zu
entnehmen, dass es an mehr als 60 Standorten bereits vor dem 9. November
1938 zu Schändungen, Verwüstungen sowie angeordneten Abrissen jüdischer
Sakralbauten kam. Allein im Jahre 1938 wurden über 30 Synagogen vor dem 9.
November zerstört oder geschändet, darunter die Hauptsynagogen in Dortmund,
Kaiserslautern, Nürnberg und München. Für die Zeit nach 1945 weist das
Internet-Archiv Abrisse von 350 Synagogen aus. Zur Zeit sind noch an über
900 Standorten in Deutschland Synagogen oder ihre baulichen Reste zu finden.
Eine Aktualisierung solcher Informationen ist durch die bevorstehende
Veröffentlichung der Forschungsergebnisse zu mehreren Bundesländern zu
erwarten. Das "Synagogue Memorial" Jerusalem und das Landesamt für
Denkmalpflege Mainz arbeiteten zu Synagogen in Rheinlandpfalz und dem
Saarland. Ein Kooperationsprojekt zwischen den Universitäten Jerusalem und
Hannover sowie der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem erarbeitet ein
"Historisches Handbuch der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen".
Das Synagogen-Internet-Archiv ist Bestandteil einer umfangreichen
Forschungsarbeit von Dipl. Ing. Marc Grellert an der TU Darmstadt,
Fachgebiet IKA - Informations- und Kommunikationstechnologie in der
Architektur - Prof. Manfred Koob. Inhalt dieser Arbeit ist es, die
Potentiale der neuen digitalen Technologien für die Erinnerungskultur am
Beispiel der Synagogen zu untersuchen. Die Entstehung des
Synagogen-Internet-Archivs basiert auf der langjährigen Tätigkeit von Marc
Grellert im Bereich der 3D-Computer-Rekonstruktion zerstörter deutscher
Synagogen. An der TU Darmstadt, Fachgebiet IKA, werden seit 1994 Synagogen
am Computer mit der Absicht rekonstruiert, den kulturellen Verlust durch die
Visualisierung zerstörter Architektur aufzuzeigen, die bauhistorische
Bedeutung der Gebäude in Erinnerung zu rufen und einen Beitrag des Mahnens
und Erinnerns in Bezug auf die NS-Zeit zu leisten.