Im November planen deutschvölkische Korporierte
einen Konrad-Lorenz-Kommers in Wien. Antifaschistische Gruppen organisieren
ein Gegensymposium.
Von Heribert Schiedel und Stephan Grigat
Schon seit längerem begeistern sich Rechtsextreme für Konrad Lorenz.
1973 wurde er vom neonazistischen Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes
mit dem so genannten Schiller-Preis ausgezeichnet. Die Sympathie kommt auch
nicht von ungefähr, war Lorenz doch ein begeisterter Parteigänger der
nationalsozialistischen Idee der "Ausmerzung Minderwertiger". Wie bei vielen
Nazis schlug seine Begeisterung nach der Zerschlagung des "Dritten Reichs"
um in Depression.
Lorenz gilt gegenwärtig sogar in der Naturwissenschaft als längst
überholt. Nur einige Apologeten in der Verhaltensforschung und offene
Rassisten versuchen weiterhin ihren Biologismus mit der österreichischen
Geistesgröße abzusichern. Und die österreichischen Grünen weigern sich bis
heute, mit ihrem Gründervater zu brechen. Lorenz' theoretisierte
Misanthropie, sein Sozialdarwinismus und Kulturpessimismus gelten bei ihnen
nach wie vor als Technik- und Zivilisationskritik.
Ebenfalls nicht neu ist der Hass von Rechtsextremen auf die Kritische
Theorie. In der Ankündigung zu ihren Veranstaltungen outet die "Arge Konrad
Lorenz", in der sich die Burschenschaften "Olympia" und "Silesa", der
"Wiener Korporationsring der national-freiheitlichen Studentenverbindungen"
und der "Ring Freiheitlicher Studenten", die Studentenorganisation der FPÖ,
zusammengeschlossen haben, als "Verbindung von Neomarxismus und
Psychoanalyse". Insbesondere die Burschenschaft "Olympia" steht seit ihrer
Wiederzulassung 1952 im Zentrum des militanten Rechtsextremismus. Im Januar
letzten Jahres lud sie beispielsweise zu einem Abend mit dem deutschen
Neonazibarden Michael Müller, der in seinen Liedern folgendes zum Besten
gibt: "Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis 6 Millionen
Juden, da ist der Ofen an. (...) Wir haben reichlich Zyklon B. (...) Bei 6
Millionen Juden ist noch lange nicht Schluss."
Der zum Kommers geladene Festredner Rolf Kosiek machte unter dem
Pseudonym Rudolf Künast die Kritische Theorie bereits im Jahr 1983 für die
"Umweltzerstörung" verantwortlich. Kosiek war in den siebziger Jahren
Führungskader der NPD und saß im "wissenschaftlichen Beirat" der
rassistischen Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und
Verhaltensforschung des Hamburger Neonazis Jürgen Rieger. Seit 1981 ist er
führender Mitarbeiter des rechten Grabert Verlages. Kosiek, der auch
Mitglied im revanchistischen Witiko-Bund ist, referierte unter anderem beim
mittlerweile staatlich aufgelösten Verein Dichtersein Offenhausen und beim
nicht minder neonazistischen Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes.
Dieses Jahr erschien sein Buch "Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden
Auswirkungen" in fünfter Auflage.
Kosiek macht die "dem deutschen Denken fremde" Kritische Theorie für das
"Einbringen dieses gefährlichen geistigen Giftes des Marxismus in den
deutschen Volkskörper" nach 1945 verantwortlich. Ermöglicht habe dies die
"Umerziehung", mit welcher vor allem die Angehörigen der Frankfurter Schule
von den US-Alliierten beauftragt worden seien. Die aus dem US-amerikanischen
Exil als "Sieger" zurückgekehrten Zersetzer haben nach der Meinung Kosieks
ganze Arbeit geleistet: eine "egoistische Spaß- und Genussgesellschaft" habe
die gute alte Volksgemeinschaft abgelöst, "Fremde" könnten heute ungehindert
"in den deutschen Volkskörper in Millionenzahl einströmen" und durch den
"Ungeist der Verneinung, Bezweiflung und Verweigerung" sei die "Innenwelt"
zerstört worden. Nicht nur ihren Hass auf alles Deutsche, auch ihre
Verantwortung für die Umweltzerstörung leitet Kosiek von der Tatsache ab,
dass "fast alle führenden Vertreter der Frankfurter Schule dem Judentum
entstammten".
Hier zeigt sich erneut, dass die deutsche Kritikfeindschaft im völkischen
Einheits- und Reinheitswahn gründet, der sich nach wie vor zuallererst gegen
Juden und Jüdinnen austobt. Was Adorno über den Hass gegen die Psychoanalyse
gesagt hat, gilt auch für den gegen die Kritische Theorie: Er "ist
unmittelbar eins mit dem Antisemitismus, keineswegs bloß weil Freud Jude
war, sondern weil Psychoanalyse genau in jener kritischen Selbstbesinnung
besteht, welche die Antisemiten in Weißglut versetzt".
Neben Kosiek werden bei dem Symposium auch Otto Scrinzi, seit Jahrzehnten
eine zentrale Figur in der deutsch-österreichischen Neonazi-Szene, und
Friedrich Romig auftreten. Romig sorgte zuletzt in einem Artikel in "Zur
Zeit", dem österreichischen Ableger der "Jungen Freiheit", mit der
Behauptung für Aufregung, die "Globalisierung" sei der "Weg (...), auf dem
das Judentum (...) seinem biblischen Auftrag gemäß weltweite Dominanz
erlangt". Die USA würden schon "unter der Kuratel einer weit verzweigten
Macht, nämlich der 'Israel-Connection'" stehen. Als "Voraussetzung für die
Ausbreitung" der "Herrschaft" der Juden und Jüdinnen machte Romig "die
Auflösung aller Gemeinschaftsbindungen (...) die der Globalisierung und der
Führung der Welt durch das auserwählte Volk im Weg stehen" aus. (Nr. 46/03)
Auch Bernd Rabehl, ehemaliger Wegbegleiter Rudi Dutschkes, der, vom linken
Antizionismus und Antiamerikanismus kommend, nun offenbar endgültig im
Milieu des militanten Neonazismus angekommen ist, soll bei der Veranstaltung
der "Arge Konrad Lorenz" als Ankläger gegen die "Frankfurter Schule"
auftreten.
Angesichts der Ankündigungen der rechtsradikalen Burschenschaftler und
Freiheitlichen, ihren Hass auf die Kritische Theorie öffentlich auszutoben,
haben Café Critique, ein unabhängiger Diskussionskreis von Politik- und
Kulturwissenschaftlern, und die Studienrichtungsvertretung
Politikwissenschaft mit Unterstützung des linkszionistischen HaShomer HaZair
für den 12. und 13. November unter dem Titel "Feindaufklärung und
Reeducation: Über die Notwendigkeit Kritischer Theorie heute" ein
Gegensymposium in Wien organisiert. Bei der Veranstaltung in der
Technischen Universität wollen die Veranstalter über einen zeitgemäßen
Antifaschismus diskutieren und dabei auch die Rolle der USA und Israels für
aktuelle Formen von "Feindaufklärung und Reeducation" thematisieren.
Nähere Informationen zu dem Gegensymposium unter:
www.cafecritique.priv.at