Brennpunkt Theater e.v.:
Mensch was bist Du blöd!
– oder –
Wer hat Angst vorm weißen Mann!
07.10.2004 Rudersberg, Gemeindehalle
19:00 Uhr
10.11.2004 Theater am Ring VS
Schulvorstellung 10:00 Uhr, 2. Veranstaltung 19:30
Uhr
Kartenverkauf: Amt für Kultur VS, 07721/ 82 23 10
Brennpunkt-Theater e.V. 07721 50 99 90
http://www.brennpunkt-theater.de/
In der Klasse 11 c eines
Wirtschaftsgymnasiums braut sich was zusammen. Helmut Brezel, alias Pitbull
und sein kleiner Streberfreund Frettchen (Frédéric) tyrannisieren die
Klasse! Ausländerfeindlichkeit ist für Pitbull fast schon normal.
Ihm zur Seite steht der Student Dieter Zorn,
genannt Skinny, ein Rechtsradikaler, der sehr genau weiß, wie er die Jungs
begeistern kann. Und Skinny hat wiederum Kontakte nach noch wo ganz anders
hin.
An ihrem Treff schmieden sie ihre Pläne...gewalttätige
Mutproben. Bedroht wird alles, was nicht Deutsch ist und nicht ins Schema
passt. Aber es gibt auch noch andere. Zum Glück! Eine fast tödliche
Geschichte... und am Schluss der nachdenkliche Epilog eines Skinheads.
Buch & Regie: Karin Pittner
Musik: Nicolas Rebscher, Benjamin Riebsamen
Personen im Stück:
Lebenslauf
Dieter Zorn, genannt "Skinny"
Am 6. November 1975 geboren in Hannover als Kind des Maschinenbauingenieurs
Hartmut Maria Zorn und dessen Gattin Elfriede Josepha Zorn, gelernte
Krankenschwester. Juli 1985 Umzug der Familie aus beruflichen Gründen (des
Vaters allein, versteht sich) in ein württembergisches Mittelzentrum Dieter,
ein durchweg stiller und zurückhaltender Junge, gerät mit dem Schulwechsel
regelmäßig in handgreifliche Konflikte mit den stets einen Kopf kleineren,
eine Oberarmbreite stärkeren Mitschülern. Häufige Ursache des Streits:
Dieters akzentfreie, "hochgstochede" Sprache, ebenso rotes Tuch wie seine
hagere Statur im Verbund mit der aus Mitschülersicht "brudal luschdigen"
Sehhilfe.
Ein Außenseiter. Computerfreak.
Abreaktionen am Joystick.
1989 Zwangskonfirmation.
1990 Erste Operation der Mutter.
1991 Zwangsschulpraktikum in einer Anwaltskanzlei. "Gesetzestexte haben eine
so schöne Sprache..."
1992 Vater Hartmut schlägt Dieter zum ersten (!) Mal im Leben. Vater
Hartmuts Auslöser: Trunksucht
Sofort herzliche Entschuldigung. Dieter findet auf dem Dachboden Fotos
seines Großvaters (in SS-Uniform) , und sieht dem Opa äußerlich viel
ähnlicher als dem Vater.
1993 Mutter Zorn stirbt, im Mai, allein.
1994 Erste unerwiderte Liebe Dieters, die üppige Julia.
Im Juni "Allgemeine Hochschulreife", wie Dieter das "Abi" nennt.
Abschließende verächtliche Blicke der Mitschüler.
Im August wird Dieter "Zivi", weil es beim Bund Gemeinschaftsduschen gibt.
Pflegt zufällig auch die sieche Frau Brezel, deren kleiner Sohn Helmut noch
nicht "Pitbull" genannt wird.
Dieters Freizeit: fast nur noch Computer-Spiele.
1996 Vater Zorn versäuft das Haus, Dieter beginnt Jura-Studium an der Uni
Stuttgart, hält 2 Semester durch
Erster Kontakt mit Helmut Brezel
1997 diverse Aushilfsjobs im Lager des Elektronikhändlers und NPD-Mitgliedes
Werner Z.
ab 1998 diverser halblegaler, also illegaler Handel mit Computerbausteinen -
u. ~Programmen
ab 1999 Internetter der ersten Stunde, gestaltet diverse rechte Websites,
aber ohne innere Beteiligung und Leidenschaft, eher aus finanziellem Kalkül
und aus der Lust am Verbotenen. Hilft auch gegen die Langeweile.
Eingefleischte Abneigung gegen alles Lebende, die bis dato vor allem
implodiert.
Lebenslauf Helmut Brezel, genannt "Pitbull"
Geboren: 8. Januar 1982,
Vater: Gynäkologe,
Mutter: Feministin
Schulbildung: 1988 bis 1992 Grundschule, seit 1992 Gymnasium.
Helmut wird zu Hause zwar in dem Sinn gut behandelt, dass er eigentlich
alles hat, was ein Kind in seinem Alter so braucht, wird aber trotzdem eher
vernachlässigt. Der Vater, viel beschäftigter Chefarzt im städtischen
Krankenhaus, die Mutter, aktive Feministin, die immer etwas zu organisieren
hat. Helmut wächst als kleines Kind vor dem Fernseher auf, wo er sich alles
ansieht, was gerade kommt. Damals steckte das Privatfernsehen noch in den
Kinderschuhen. In den ersten Grundschuljahren ersetzt "in der Stadt
herumstreunen" zunehmend das Fernsehen. So bekommt er Kontakt zu
rivalisierenden Straßenbanden, wird auch verprügelt, von Deutschen und
Ausländern, aber, die Ausländer bleiben ihm im Gedächtnis haften.
In der Schule weiß Helmut viel. Seinen Lebensumständen verdankt er ein
breites Allgemeinwissen.
Als er acht Jahre alt ist, lassen sich seine Eltern scheiden, ein Schock für
Helmut, obwohl sich seine Mutter um ihn kümmert, allerdings doch zu wenig.
Er liebt seine Mutter über alles, muss aber vereinbarungsgemäß bei seinem
Vater wohnen. Ab diesem Zeitpunkt ist er frustriert und beginnt eine Art
negative Grundeinstellung zu entwickeln. Hass auf alles und jeden, besonders
gegenüber seinem Vater, steigt mehr und mehr in ihm hoch. Der Vater, Grund
für den Verlust der Mutter, ihm wollte Helmut sein eigenes Leben
entgegensetzen, Ursache ständiger Konfrontation.
Im Gymnasium gehört er gleich zu dem Rowdies. Mit 13 Jahren bekommt Helmut
bald erste Kontakte zu Skinny, der seine MS-kranke Mutter pflegt. Skinny
gibt ihm das Vertrauen und die Zuwendung, die er als Kind niemals wirklich
hatte und er konkretisiert sein generelles menschliches Feindbild. So
entwickelt sich seine bereits vorhandene negative Neigung gegenüber
Ausländern zu einem regelrechten Hass.
Mit sechzehn tritt Helmut in Dieter Zorns rechtsextreme Organisation unter
dem rechtsextremen Stadtrat und Rechtsanwalt Dr. Otto Keil ein. Zusammen mit
Skinny ist er die "Executive", die vor Ort Unheil anrichtet.
Was Skinny für Helmut ist, wird Helmut bald für Frédérique Schröder, von dem
man den Eindruck hat, dass er einen "neuen" Halt sucht.
Pitbull, so genannt, weil er hart und aggressiv ist, sowohl zu seinen
Mitschülern als auch Lehrern, er lernt auch Lucy Bahnzieher kennen....
Lebenslauf Frédéric Schröder, genannt "Frettchen"
Geboren am 19. Mai 1987 – ist und bleibt Einzelkind.
1991 gibt die Mutter ihren Beruf auf (Karriereverzicht), um ihr sehr
begabtes Kind zu fördern und zu erziehen. Bis dahin erzogen beide
Elternteile (Vater ist Lehrer) ihren Sohn. 1993 überspringt Frédéric gleich
die erste Klasse, da er schon überdurchschnittlich gut lesen, rechnen und
schreiben kann. Die Mutter, überzeugt von der Intelligenz ihres Sohnes,
fördert ihn und will immer mehr erreichen.
1996 erste Teilnahme an einem "Brain-Jogging-Wettbewerb" Frédéique erzielt
den 8. Platz, weitere Erfolge folgen. 1999 überspringt er, umzugsbedingt,
die 8. Klasse und ist mit 13 Jahren in der 9. Klasse in der Schule, an der
auch sein Vater unterrichtet.
Dort fällt es ihm schwer, sich einzuleben, wird als "Streber" gehänselt und
wegen seines Alters und seiner körperlichen Unterlegenheit oft Zielobjekt
bei Schlägereien.
Frédéric bekommt keine Anerkennung für seine Leistungen. In den Augen seiner
Mutter könnte er noch mehr tun, noch mehr erreichen. Sein Vater hat immer
und für alles Verständnis und vergleicht alles, was sein Sohn macht mit sich
selbst. Er lässt ihm keine Individualität. Der Vater belohnt und bestraft
nicht. Er ist zwar Ruhepol in der Familie, kümmert sich aber nicht wirklich
um Frau und Sohn. Er lebt in den Augen Frédéric hinter dem Mond.
Im Jahr 2001 kommt Helmut Brezel (Pitbull) als Wiederholer in Frédéric’s
Klasse. Pitbull wird sein Vorbild, da dieser ihm das Gefühl gibt, etwas
erreichen zu können, für das er wirkliche Anerkennung von seinen Kameraden
bekommt. Er wird von dem Gemeinschaftsgefühl angezogen und rutscht immer
mehr in ein Netz von Gewalt...
Lebenslauf Familie Öczin
Erkan Öczin kam vor zwanzig Jahren mit seiner Frau, seinem
Bruder und dessen Frau nach Deutschland, um sich hier eine neue Existenz
aufzubauen. In seiner Heimat gab es keine Perspektiven auf Arbeit und einen
Lebensstandart, den man ertragen konnte. Wie viele seiner Landsleute wollen
die Öczins einige Jahre in Deutschland arbeiten und dann wieder zurück in
die Türkei, um sich dort mit dem ersparten Geld eine gute Existenz
aufzubauen. Das türkische Restaurant, das die beiden Brüder zusammen
aufgebaut haben, läuft gut. Durch seine Arbeit hat Erkan Öczin viel Zeit zum
Beobachten, zum Zuhören und zum Nachdenken.
Erkan
Öczin hat inzwischen zwei Töchter, Gamze, Semra, und einen neugeborenen
Sohn, Tarek. Mit zur Familie gehört auch Aischa, die Tochter seines Bruders,
der bereits seit zwei Jahren mit dem Rest seiner Familie und mit Erkans
Tochter Gamze wieder in der Türkei lebt. Aischa soll nachkommen, sobald sie
die Schule beendet hat und auch Semra soll nach dem Abitur wieder zurück in
die Heimat ihres Vaters.
Erkan wünscht sich für seine Töchter, später, in der Türkei, gute, tüchtige,
türkische Ehemänner, so, wie es Tradition in seiner Heimat ist. Semra hat
sich aber schon ganz anders orientiert und will in Deutschland bleiben. Sie
kleidet sich und richtet sich her, wie ihre deutschen Freundinnen und
versucht an deren Leben teilzunehmen. Doch vieles davon geht nur heimlich
und nur mit Unterstützung ihrer Cousine Aischa. Und so kommt es zwischen den
beiden Mädchen immer wieder zum Streit. Aischa ist im Gegensatz zu Semra
zwar traditions-bewusster und auch verantwortungsvoller und sie will auch
wieder zurück in die Türkei, manchmal aber beneidet sie ihre Cousine um
deren lockere, spontane Lebensart.
Dennoch, Semra spielt bei ihrem nichtsahnenden Vater oft das brave
Engelchen, wickelt ihn um den Finger, was Aischa immer wieder zur Weißglut
bringt. Sie verrät Semra zwar nie, fühlt sich aber von ihr ausgenutzt. Die
beiden Mädchen gehen auch in die 11. Klasse des Wirtschaftsgymnasiums, wo
sie "Grufti" und "Pitbull" kennenlernen. Während sie von Pitbulls
ausländerfeindlichen Parolen abgestoßen werden, erlebt Semra bei Grufti eine
Faszination der besonderen Art...
Brennpunkt-Theater e.V.
Seit 1997 inszeniert die Schauspielerin und Regisseurin
Karin Pittner in Villingen-Schwenningen Jugendtheaterstücke, die sich von
herkömmlicher Jugendtheaterarbeit unterscheiden. Mit den Produktionen "Eins
auf die Fresse" (1998) Grips-Theater Berlin "Live your dreams" (1999)
Eigenproduktion, "Café Mitte" (2000) Grips-Theater Berlin sowie "Brücken
schlagen – sexueller Missbrauch in der Familie" (2001) Eigenproduktion,
standen ausschließlich Brennpunkt-Themen im Mittelpunkt der Theaterarbeit.
Mit bis zu 30 Laienschauspielern und Musikern aus der Region fanden die
Inszenierungen großen Zuspruch. Etwa 2000 Besucher je Produktion bestätigten
die Notwendigkeit einer Theaterarbeit zu Brennpunkt-Themen. Und die Vielfalt
an Brennpunkt-Themen ist groß.
Im August 2001 wurde das Brennpunkt-Theater nun als
gemeinnütziger Verein gegründet, um die bisherige Jugendtheaterarbeit auf
einer breiteren Basis weiterführen zu können.
Die begonnene theaterpädagogische Arbeit wurde zu einem schlüssigen
Gesamtkonzept weiterentwickelt und findet bei den in der Prävention
arbeitenden öffentlichen und privaten Institutionen breite Anerkennung und
Unterstützung.
Mit Hilfe vieler Sponsoren und Kooperationspartner kann das laufende Projekt
realisiert werden.
Seit 2002 ist der Verein vom Jugendhilfeausschuss des
Schwarzwald-Baar-Kreises anerkannter Träger der außerschulischen
Jugendbildung nach dem Jugendbildungsgesetz.
Im Vordergrund des Gesamtkonzeptes steht die Erarbeitung
mindestens einer Theaterproduktion pro Jahr in Form einer Eigenproduktion
oder einer Vorlage zu einem Brennpunkt-Thema.
In dem parallel zu jeder Produktion laufenden
Schauspielkurs für die Ensemblemitglieder wird von jedem Teilnehmer
erwartet, dass er sich in die jeweilige Brennpunkt-Thematik einarbeitet,
sich mit spezifischer Literatur befasst und Informationen dazu beschafft.
Improvisation ist, neben den anderen Übungen innerhalb des intensiven
Schauspieltrainings, ein elementarer Bestandteil des Schauspielkurses.
Improvisation und Sachkenntnis, damit werden die Laienschauspieler zu ihrer
Rolle hingeführt.
http://www.brennpunkt-theater.de/
hagalil.com
19-09-2004 |