Aula:
"Antizionismus ist nicht Antisemitismus"
Von Karl Pfeifer, Wien
So titelt die neueste Ausgabe des Grazer freiheitlichen
Magazins "Aula", dessen Chefredakteur –deutschvölkisch "Schriftleiter" -
seinerzeit rechtskräftig wegen Veröffentlichung eines holocaustleugnenden
Textes verurteilt wurde. Und welche Freude, am Titelblatt sehen wir auch
einige ultraorthodoxe Juden, die gegen die Benennung eines Wiener Platzes
nach Theodor Herzl protestierten mit Tafeln wie "Jews are Forbidden to Have
Their Own State Before the Coming of the Messiah".
In der gleichen "Aula" darf Ivan Denes uns belehren, "auch
Araber sind Semiten". Denes beklagt so wie das auch andere Rechtsextreme
tun, den Verhetzungsparagraphen im deutschen Strafrecht und schreibt von der
"wilden Hatz, die von Gutmenschen gegen Andersdenkende veranstaltet wird".
Nebbich kann man da nur sagen. Und dann gibt es ein Interview mit einem sich
als Oberrabbiner ausgebenden Individuum, das nicht einmal einen Minjan (die
zehn Männer, die für ein Gebet notwendig sind) zusammenbekommt. Und der
extrem rechte und "konservative" katholische Friedrich Romig druckt seine
langatmige, weitschweifige Rezension über Alexander Solscheniizyns Buch über
die Juden in Russland, die er schon in der Wochenzeitung "Zur Zeit" vor
einiger Zeit publiziert hat. Zum Drüberstreuen, kann sich der Leser auch an
einem Interview mit dem Bundestagsabg. Martin Hohmann erfreuen. Er hat
ebenfalls große Neuigkeiten zu melden, "dass man sich in Deutschland als
Ausländer im Grunde in einer besseren Situation befindet als als Deutscher."
Es wird manche Zeitgenossen erfreuen, zu erfahren, dass
ausgerechnet die "Aula" bestätigt: "Antizionismus ist nicht Antisemitismus".
Tatsächlich, die Antisemiten, die etwas auf sich geben, haben aufgehört auf
"die Juden" zu beschimpfen. Jetzt schimpfen sie auf den Staat Israel und
Ariel Sharon und erhalten von diesem rechtsextremen Magazin den
Persilschein. Doch es gibt auch altmodische Antisemiten, die bedenkenlos
eine Forderung der Nazi publizieren.
"Deutschland erwache"
Die von der österreichischen Bundesregierung mit über
60.000 Euro subventionierte Wiener Wochenzeitung "Zur Zeit" braucht sich
nicht vor der Staatsanwaltschaft fürchten. Da konnte vor ein paar Jahren ein
freier Autor seinen holocaustleugnenden Text publizieren und nur er wurde
bedingt verurteilt. Ein wahres Wunder war da geschehen, dieser Text kam in
die Zeitschrift – das behaupten die österreichischen Behörden – ohne dass
irgendjemand von der Redaktion diesen Text vorher gesehen hatte. Denn außer
dem Autor wurde niemand von der Justiz zur Verantwortung gezogen.
In der am 17. September veröffentlichten Ausgabe, können
wir einen bescheiden mit E.B. gezeichneten Artikel unter dem Titel "Mein
Anliegen... Haim Saban spricht Tacheles" und ein Bild von Saban mit dem
Bildtext "Mediendiktator: Zu viel in einer Hand" sehen. Zwar hat der Mann
nur das gekauft, was vorher im Besitz von Herrn Kirch war, aber ein
Völkischer und solche schreiben zuhauf in "Zur Zeit" macht schon einen
Unterschied zwischen "schaffenden" und "raffenden" Kapital. Saban wird im
antisemitischen Artikel beschuldigt seine "politisch eindeutig verortbaren,
tendenziösen Dummheiten" auch in Deutschland zu verbreiten. Der "in Israel
aufgewachsene Saban" mache "nun auch in unseren Gefilden 'Meinung'", heißt
es weiter in diesem Text, der abschließend fordert: "Deutschland erwache!"
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands
(DÖW) hat die Staatsanwaltschaft Wien um Überprüfung der strafrechtlichen
Relevanz dieses Textes ersucht, denn die Parole "Deutschland erwache!" ist
eindeutig nationalsozialistischen Ursprungs und ihre Verwendung in einem
Text, der sich gegen einen Juden ("in Israel aufgewachsen") richtet, stellt
laut Erachtens des DÖW einen Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz dar.
Der Aufruf "Deutschland erwache" findet sich erstmals im
1922 "Adolf Hitler zugeeigneten" Lied "Sturm, Sturm, Sturm": "Läutet, daß
Funken zu sprühen beginnen, Judas erscheint, das Reich zu gewinnen." Im 1937
ebenfalls Hitler gewidmeten Lied "Heil Hitler Dir!" heißt es: "Deutschland
erwache aus deinem bösen Traum! Gib fremden Juden in deinem Reich nicht
Raum! (...) All diese Heuchler, wir werfen sie hinaus, Juda entweiche aus
unserm deutschen Haus!"
Ob unter einer von der Freiheitlichen Partei nominierten
Justizministerin ein weisungsgebundener Staatsanwalt, diesen Text, der in
der, den beiden österreichischen Regierungsparteien nahe stehenden
Wochenzeitung "Zur Zeit" erschienen ist, zur Anzeige bringt?
hagalil.com
24-09-2004 |