Sudan:
In Darfur regieren Tod und Zerstörung
Genf / Bern, 3. Juni 2004. Eine
Delegation von Amnesty International ist
vor wenigen Tagen von einer Untersuchungsmission in sudanesischen
Flüchtlingslagern im Tschad zurückgekehrt. Anlässlich der internationalen
Geberkonferenz für Darfur von heute Donnerstag in Genf fordern die
AI-Delegierten, dass der Schutz der Zivilbevölkerung mit der gleichen
Dringlichkeit durchgesetzt wird wie die humanitäre Hilfe.
«Bewaffnete Milizen (Janjawid), die von der sudanesischen Armee unterstützt
worden sind, sind für massivste Menschenrechtsverletzungen an der
Zivilbevölkerung in Darfur verantwortlich», erklärten die Delegierten von
Amnesty International (AI) heute morgen an einer Pressekonferenz im Palais
des Nations in Genf. «Unsere Untersuchungen haben einmal mehr bestätigt,
dass zahlreiche Dörfer systematisch und organisiert geplündert und zerstört
worden sind, um die ländliche Bevölkerung Darfurs zu vertreiben», sagten die
AI-Delegierten. «Die Janjawid, häufig in Militäruniformen und begleitet von
Soldaten der sudanesischen Armee, haben jedes einzelne Dorf nicht einmal,
sondern häufig drei- oder viermal angegriffen, bevor die Bevölkerung
flüchtete.» BewohnerInnen der Region haben der Delegation zudem weitere
Details über die zwei extralegalen Massenhinrichtungen in Murli und Deleij
durch Sicherheitskräfte und Janjawid berichtet.
«Die internationale Besorgnis über den Horror und die Zerstörung in Darfur
muss in reale Veränderungen vor Ort umgesetzt werden», forderten die
AI-Delegierten. Die sudanesische Regierung hat es bisher versäumt, rasche
und konkrete Massnahmen zu ergreifen, um dem endlosen Morden und den
Vergewaltigungen durch die Janjawid Milizen ein Ende zu setzen. Das
Waffenstillstandsabkommen vom 8. April zwischen der sudanesischen Regierung,
dem Sudanese Liberation Movement/Army (SLM/A) und dem Justice and Equality
Movement (JEM) hat nichts geändert an der katastrophalen Lage, unter der die
Zivilbevölkerung in Darfur und die Flüchtlinge im Osten des Tschad täglich
zu leiden haben.
«Die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung ist nicht nur eine Verletzung der
internationalen Menschenrechtsnormen. Sie erscheint häufig auch als
gezielter Versuch, die Bevölkerung zu demütigen und das soziale Netz der
Gemeinschaft zu zerstören. Wir hörten Berichte über summarische und
systematische Ermordungen von Zivilpersonen – auch in Moscheen, über
Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen in Gegenwart ihrer Ehemänner oder
Eltern und über die Verbrennung von alten Frauen in ihren Häusern»,
erklärten die AI-Delegierten.
Hunderttausende von Zivilpersonen wurden gezwungen, ihre zerstörten Dörfer
in Darfur zu verlassen. Viele mussten in überfüllten Zentren in der Region
Schutz suchen. In diesen Zentren fehlt es an Lebensnotwendigem, wie Nahrung,
Wasser, Zelten und medizinischer Versorgung. Zahlreiche andere Flüchtlinge
mussten ihr Leben riskieren, um in den Osten des Tschad zu flüchten. Die
Flüchtlinge im Grenzgebiet zwischen Tschad und Sudan leben zudem in
ständiger Angst vor Angriffen der Janjawid.
Amnesty International wiederholt ihre Forderung nach Entsendung von
MenschenrechtsbeobachterInnen unter dem Mandat des Uno-Hochkommissars für
Menschenrechte, um die Menschenrechtssituation in Darfur aus der Nähe
überwachen zu können. «Angesichts der Vielzahl von Vergewaltigungen und den
damit verbundenen Traumata müssen die BeobachterInnen über Sachkenntnisse in
den Bereichen Gender und sexuelle Gewalt verfügen», fordert AI.
hagalil.com
21-06-2004 |