Fussball:
Von Maccabi Haifa zum TSV 1860 München
Von Max Brym
Der TSV 1860 München ist vergangene Saison aus der ersten
Fußballbundesliga abgestiegen. Jetzt soll der sofortige Wiederaufstieg in
Angriff genommen werden. Dazu kehren die "Löwen" ins heimische Stadion an
der Grünwalderstraße zurück. Während die Fußball EM in Portugal noch läuft,
sind die Vereine bemüht, ihren Kader für die kommende Spielsaison zu
komplementieren.
Neben Spielerabgängen müssen neue Spieler verpflichtet
werden. Besonders abgestiegene Vereine, wie die "Münchner Löwen", mußten
wertvolle Spieler an andere Vereine abgeben. Mit ziemlicher Sicherheit wird
der TSV 1860 für die kommende Saison die israelischen Nationalspieler Arik
Benado und Adoram Keise vom israelischen Spitzenclub Maccabi Haifa
verpflichten.
Von Haifa nach München
Die beiden genannten Spieler bilden bei Maccabi Haifa die
linke Hälfte der Vierer-Abwehrkette. Diese Positionen sind nach dem Verkauf
von Andy Görlitz (an Bayern München) und der Ausmusterung von Ex- Kapitän
Marco Kurz bei 1860 vakant. 1860 Coach, Rudi Bommer, will die beiden
Abwehrasse von Maccabi Haifa beim Trainingsauftakt am kommenden Samstag
testen: "Es ist richtig, dass wir an den beiden dran sind. Sie kommen am 26.
Juni zum Probetraining." Zudem wäre das Duo ablösefrei und verfügt sogar
über internationale Erfahrung. Mit Haifa spielten beide in der Saison
2002/03 in der Champions League auch gegen Bayer Leverkusen.
Benado machte bisher mehr als 60 Länderspiele für Israel,
Keise knapp 30. Die Verpflichtung der beiden Spieler würde sportlich dem
TSV-1860 gut tun, denn gerade in der letzten Saison lagen die entscheidende
Probleme in der Abwehr. Nach den Abgängen von Hoffmann, Stranzl, Görlitz,
Kurz und der unsicheren Personalie Costa, hat der Verein in der Abwehr
dringenden Handlungsbedarf. In der israelischen Sportpresse wird fest mit
einem Wechsel von Benado und Keise zu 1860 gerechnet.
Benado und Keise oder der Traum vom europäischen Fußball
Benado absolvierte bereits vor einem Jahr ein Probetraining
beim Erstligisten Hamburger SV. Ein Wechsel kam nicht zustande. Jetzt ist
neben dem TSV 1860 auch der englische Zweitliga Club Wolverhamten an ihm
interessiert. Dennoch scheint Benado eher mit dem Münchner Club zu
liebäugeln, das dürfte auch an der sportlichen Aussicht liegen, in einem
Jahr in der ersten Bundesliga zu spielen. Der Verteidiger sagte: "Mein Herz
hängt zwar an Haifa, aber so ein Angebot wie von 1860 kann man eigentlich
nicht ausschlagen". Und sein Freund Keise meint: "Mein Traum war schon
immer, in Europa zu spielen".
Vielleicht hat der Wille in Europa Fußball zu spielen, bei
den beiden nicht nur sportliche Gründe. Das Stammlokal des Maccabi Teams ist
das Restaurant Maxim in Haifa. Im letzten Jahr starben dort bei einem
Selbstmordattentat 20 Menschen. Benado und Keise waren zum Zeitpunkt der
Detonation zwar nicht vor Ort, wohl aber ihr Trainer, als auch Funktionäre
des Vereines. Sie überstanden den Terrorakt glücklicherweise unbeschadet.
Solche Ereignisse fördern sicher nicht den Spaß am Fußball und die
sportliche Konzentration.
Was erwartet Benado und Keise in Deutschland
Sollten die beiden israelischen Spieler tatsächlich zu 1860
wechseln, werden sie mit Sicherheit nicht auf einer Insel der Glückseligen
landen. Der in Deutschland weitverbreitete Rassismus und Antisemitismus hat
auch in den Fußballstadien ein Zuhause. Rassistische Sprechchöre gegen
schwarze Spieler (Uhuhhu) oder Rufe wie "Jude, Judensau" gegen verletzte
Spieler oder bei strittigen Elfmeterentscheidungen sind weitverbreitet. Die
Beiden haben sich in deutschen Fußballstadien auf einiges einzustellen.
Dennoch haben sie im Verein 1860 München relatives Glück, denn hier gibt es
im Gegensatz zu manch anderem Verein, keine organisierte neonazistische
Szene in der Fan-Kurve.
Zudem wäre ihr Engagement bei 1860 München nicht nur eine
sportliche Verstärkung. Der Fanclub "Löwen gegen
Rechts" und andere demokratisch gesinnte Anhänger des Vereins wären
noch mehr als bisher genötigt, für antifaschistische und antirassistische
Strukturen im Verein zu kämpfen.
hagalil.com
22-06-2004 |