Union der Vertriebenen in der CSU hetzt gegen Tschechien:
Angriffe gegen die Tschechische Republik
Von Max Brym
Gegenwärtig wird, was Europa betrifft, Euphorie gemacht.
In unzähligen Fernsehsendungen und Medienberichten wird die Erweiterung der
EU zum 1. Mai 2004 abgefeiert. Von Ereignissen mit "historischen
Dimensionen" wird gesprochen und geschrieben. Angeblich erfülle sich mit der
Osterweiterung der EU ein Traum und das Europa der Nationalstaaten gehört
der Vergangenheit an. Einigen fällt allerdings auf, dass von Europa nur als
Wirtschafts-, Währungs- und Verteidigungsunion gesprochen wird.
Von einem Europa in sozialer Hinsicht auf gehobenen Niveau
ist nicht die Rede. Bundesdeutsche Unternehmen benützen die neuen
Beitrittsländer, um den abhängig Beschäftigten zu drohen. Entweder
unbezahlte Mehrarbeit ohne Lohnausgleich oder wir verduften in den
kostengünstigen Osten, trompeten Unternehmervertretungen. Selbstredend
sollen die neuen Beitrittskandidaten ihr niedriges Lohnniveau behalten und
sich politisch um den europäischen Kern Paris und Berlin gegen "Onkel Sam"
gruppieren. Jede Abweichung von dem, was Berlin und Paris wünscht, soll
Staaten wie Polen und der Tschechischen Republik ausgetrieben werden.
Der konservative tschechische Präsident Klaus mutierte in den
Augen der bundesdeutschen Elite zum sturen Betonkopf. Der Präsident
Tschechiens besteht, wie das tschechische Parlament, auf den Benes-Dekreten,
die die Aussiedlung der Sudetendeutschen als Folge der Verbrechen des
Nazismus regelten. Bis zum heutigen Tag hat die Bundesrepublik Deutschland
das Münchner Abkommen von 1938 nicht als völkerrechtswidrig gebrandmarkt und
annulliert. Es gibt demzufolge noch Gebietsansprüche in Mitteleuropa, die im
Bedarfsfall aus der Tasche gezogen werden können.
Der "Bund der Vertriebenen" und die "Sudetendeutsche
Landsmannschaft" bestehen permanent auf "Rückkehrrecht" und auf
"Entschädigung". Aber auch die rotgrüne Regierung unterstützt mit ihren
taktischen Mitteln den Revanchismus der Landsmannschaften. Das
deutsch-tschechische Verhältnis kühlte stark ab, als im Sommer 2003 ein
Brief von Außenminister Fischer an den bayerischen Ministerpräsidenten
Stoiber bekannt wurde. Darin hatte Fischer eine "humanitäre Geste" an
besonders "schwer geschädigte Sudetendeutsche" befürwortet. Fischer wollte
Geld in Höhe von 4,5 Millionen Euro aus dem deutsch-tschechischen
Zukunftsfond entnehmen. Der Fond hat bis heute die Funktion, tschechische
Naziopfer und Zwangsarbeiter zu entschädigen. Prag lehnte das deutsche
Ansinnen ab, was zu wütenden Reaktionen der Vertriebenenverbände führte.
Wer ihre Publikationen ließt, soll zu dem Schluß kommen: "Die
Deutschen waren die eigentlichen Opfer des zweiten Weltkrieges". Nachdem
Tschechien erst kürzlich per Parlamentsbeschluß die Benes Dekrete
bestätigte, brannten bei den offenen Revanchisten sämtliche Sicherungen
durch. Anschaulich demonstrierte dies der "Bund der Vertriebenen" anläßlich
einer Kundgebung am 23. April mit "seiner kaiserlichen Hoheit" Otto von
Habsburg am Münchner Marienplatz.
"Computervirus in der Gemeinschaft"
Die "Union der Vertriebenen in der CSU" verteilte an die
Kundgebungsteilnehmer in München ein nationalistisches Flugblatt. In dem
Zettel wird vor der Tschechischen Republik als "Cumputervirus" gewarnt.
Bekanntlich geht man mit einem Virus kämpferisch um. Der tschechische Virus
sollte beseitigt werden, ist die Botschaft. In dem Aufruf ist zu lesen: "Mit
dem Beitritt der Tschechischen Republik wird das Virus Vertreibung und
Völkermord in das Netzwerk der EU eingespeist". Ergo, die unverbesserlichen
Tschechen begreifen einfach ihre "Verbrechen" in den vierziger Jahren nicht,
sie bestehen auf den Benes Dekreten. Die deutsche Geschichte wird entsorgt
und deutsche Gebietsansprüche geltend gemacht.
Die Union bedauert, dass das Europaparlament nicht dem
"Antivirusprogramm" der CSU gefolgt ist und die Tschechische Republik in die
EU aufnahm. Zudem ist in dem CSU Blatt zu lesen: "Das Computervirus
Vertreibung und Völkermord ist damit am 09.04.2003 in das EU-Internet
eingespeist worden, seine Adresse sollte lauten:
www.Tschechische-Republik-Völkermord Spezialist.CR,?"
Schöne Aussichten für ein friedliches und demokratisches
Europa. Ein Teil der CSU betreibt offenen Geschichtsrevisionismus und
diffamiert einen Nachbarstaat. Die Verbrechen des Hitlerfaschismus werden im
schwarz-braunen Nebel aufgelöst und die wahren Täter damals wie heute, bei
anderen Nationen gesucht. Auch eine spezielle Seite nationalistischer
Verblendung hatte die Union der Vertriebenen zu bieten: "Angeblich
inspiriere die Tschechische Republik die Israelis beim Umgang mit den
Palästinensern". Dieser obskure Blödsinn entbehrt nicht einer gewissen
Komik. Nach dem Blatt sind plötzlich die Tschechen schlimmer als die
"Juden", letztere sind von den "Böhmen" animiert. Dennoch hat auch dieser
Unsinn in deutschen Landen Platz, hat doch jede historische Schuldzuweißung
gegenüber anderen Nationen die Funktion, den Nazismus zu entlasten.
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft und das "Münchner
Abkommen"
In einem offiziellen Heftchen der Sudetendeutschen
Landsmannschaft wird der Hitlerfaschismus und das von ihm erzwungene
Münchner Abkommen offen verteidigt. Die SL formuliert: "Dieser Vorschlag
(Münchner Abkommen) wurde von der Tschechoslowakei am 21.09.1938
angenommen". Die Schlußfolgerung ist klar, das Münchner Abkommen, worin die
mehrheitlich deutsch besiedelten Gebiete der damaligen Tschechoslowakei an
das nazistische Deutschland kamen, soll völkerrechtlich gelten. Lobend
erwähnt die SL die Initiative Hitlers und den damaligen britischen
Vermittler Runciman. Entgegen aller Erkenntnisse des Nürnberger Prozesses
wird die Kriegsdrohung Hitlers ignoriert und die Politik der Anpassung durch
England und Frankreich gerechtfertigt. Das Prinzip Ursache (Unterstützung
Henleins und Hitlers durch die Mehrheit der Sudetendeutschen) und Wirkung
(Aussiedlung der Sudetendeutschen) ist der Landsmannschaft fremd.
Arrogant wird in Bezug auf die nazistische Großeuropapolitik
genommen und die eigene Schuld anderen in die Schuhe geschoben. Nazistische
Machtpolitik muß nach dem Diktum der Landsmannschaft bis heute gültig sein
und die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges sollen geändert werden. Es genügt
der Landsmannschaft nicht, dass Deutschland heute mit 8 Milliarden Euro
Direktinvestitionen (FTD-26.04.04) der größte ausländische Investor in
Tschechien ist und die deutsche Textilindustrie Tschechien als bevorzugten
Produktionsstandort nützt. Es scheint auch nicht auszureichen, wenn die
Passauer Neue Presse eine große Rolle am tschechischen Zeitungsmarkt
einnimmt. Offensichtlich soll das Prinzip gelten, ökonomische Macht ist
politische Macht, diesem Prinzip hat sich auch die Geschichte und ihre
Interpretation zu beugen.
hagalil.com
28-04-2004 |