Wann, Wo - - - Wer?
Das Leben auf den Toten
Jedioth achronoth, B. Michael
Eine ganze Nation versteckt sich jetzt scheu in einer
Ecke, wie ein Hündchen, das auf den Teppich gepinkelt hat, und wartet
ergeben auf den tödlichen Schlag, der da kommen wird.
Keiner zweifelt ja daran, dass der Schlag kommen wird. Die Frage lautet nur,
wo. Und wir wissen auch noch nicht, wer die lebenden Toten sind, die noch
unter uns weilen. Man hat vergessen, sie zu fragen, ob sie bereit sind, ihr
Leben auf dem Altar der Kriegsspiele der Generäle Sharon und Mofas zu
opfern.
Aber ansonsten - ein toller Erfolg, alle Achtung! Die Koalition ist wieder
vereint, Premier Sharon wird mit Leichtigkeit alle Misstrauensvoten
überstehen. In Zentralkomitee des Likud lacht man wieder zufrieden. Auch die
Siedler grinsen über beide Ohren.
Das "Gasah-Loslösungsprogramm" haucht seine Seele aus, noch
bevor es überhaupt den Leib seines Vaters verlassen hat, und es gibt auch
die Hoffnung, dass man es sich bei Staatsanwaltschaft und Polizei jetzt
zweimal überlegen wird, ob man wirklich weiter in den Akten des Helden
herumwühlen will. Des Helden, der eigenhändig den Mann im Rollstuhl
beseitigt hat. Perfekt, einfach perfekt!
Mit Ausnahme einer Kleinigkeit - der Terror. Dem ist nicht viel passiert.
Ehrlich gesagt, wahrscheinlich wird es ihm jetzt noch besser gehen.
Es hat überhaupt keinen Sinn, mit der Bande, die uns regiert, zu
diskutieren. Sie werden von ihrer Natur kontrolliert, und ihre Natur
widerspricht jeder Logik und jedem klaren Gedanken. Sharon bleibt Sharon.
Mofas bleibt Mofas. Ihre Natur kann genauso wenig geändert werden, wie man
ein Krokodil zum Vegetarier machen kann.
Man darf sich jedoch fragen, was in den Köpfen der Revolverhelden vorging,
als sie den Befehl erteilten, die Raketen auf den Rollstuhl abzufeuern.
Haben sie über die Leute nachgedacht, die dadurch zum Tode verurteilt
werden? Haben sie tatsächlich an die lahmen Ausreden geglaubt, dadurch könne
der Terror beseitigt werden?
Der Höhepunkt des Zynismus wurde mit einer lakonischen
Meldung erreicht, die die Berichterstattung über Jassins Liquidierung
begleitete: "Schutz und Bewachung unserer Regierungsminister und
Öffentlichkeitsvertreter wurden verstärkt".
Wir alle werden weiter mit dem Bus fahren, im Café sitzen und zum Einkaufen
gehen, aber die Bande, die beschlossen hat, uns in die Mitte der Zielscheibe
zu setzen, wird in gepanzerten Fahrzeugen fahren, schusssichere Westen
tragen und von Gorillas bewacht werden.
Wäre Sharon ein echter Führer, wäre Mofas ein echter Mann, dann würden sie
lautstark verkünden, dass auch sie in den nächsten Wochen nur Bus fahren,
nur in Restaurants essen und ohne Leibwächter ins Einkaufzentrum gehen.
Ihr Blut ist nicht dicker und ihr Tod nicht tragischer als der eines jeden
normalen Bürgers. Und es gibt keinen Grund, warum sie nicht mit dem Rest der
Bürger Israels das Risiko und das Blut teilen, das sie uns beschert haben.
Auch Feigheit und Arroganz haben Grenzen.
Israel Nachrichten [nahost-politik.de]
hagalil.com 25-03-2004 |