Antisemitismus laut Akin:
Gegen linke Gemeinplätze und Halbwahrheiten
Von
Karl Pfeifer
In einer Aussendung der
Wiener linken Gruppe Akin* las ich eine Stellungnahme zur
Antisemitismus-Debatte von "Walter Stern", der u.a. auch einige unter
Linken oft geäußerte Gemeinplätze und Halbwahrheiten von sich gibt.
"Vor
dem Antisemitismus kann man nicht flüchten."
Gerade in Österreich
haben viele Linke das Mittel gefunden, um sich davor zu flüchten. 1) Indem
man Antisemitismus lediglich auf den nazistischen Massenmord, deren
Befürwortung bzw. auf physische Angriffe gegen Juden beschränkt. 2) Indem
man Antisemitismus nur beim jeweiligen politischen Gegner entdeckt, niemals
aber in den eigenen Reihen. 3) Indem man Antisemitismus als Randerscheinung
der Gesellschaft verharmlost bzw. diesen total leugnet.
"Antisemitismus richtet sich nicht nur gegen Juden, sondern gegen alle
Menschen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt werden."
Antisemitismus richtet
sich ausschließlich gegen Juden. Die Verschleierung ist ein Teil des
Problems.
Wenn heutzutage in
Frankreich von der Gesellschaft ausgegrenzte junge Moslems, Juden angreifen,
jüdische Institutionen abfackeln, dann richten gerade diese ausgegrenzten
Menschen ihren Hass gegen Juden. Es ist leicht für "Walter Stern" zu
erklären, "Angst [vor dem Antisemitismus] ist dumm."
Wer als Jude in einer
HLM (Sozialwohnung) in Frankreich wohnt und von jungen gewaltbereiten
Moslems angepöbelt wird, dessen Angst ist nicht dumm. Denn da wurden schon
Juden ermordet.
Dumm und gemein
hingegen ist die Haltung derjenigen Linken, die diesen Antisemitismus
fördern oder für ihn Verständnis hegen.
Noch ein Beispiel aus
der österreichischen Geschichte nach dem "Anschluss", als nach dem
beispiellosen Raubzug an Juden ("Arisierung"), bis dahin von der
Gesellschaft ausgegrenzte "arische" Menschen, die von Juden geraubten
Wohnungen erhielten, konnte man ja nicht sagen, dass sich der Antisemitismus
allgemein gegen "Ausgegrenzte" richtete. Diese Bemerkung ist eine
Verharmlosung österreichischer Geschichte.
"Organisationen der Arbeiterbewegung haben den Antisemitismus immer
abgelehnt"
Dieses Ammenmärchen
wird auch durch häufige Wiederholung nicht wahr. Ich gehe hier nicht auf die
gesamte Geschichte der Arbeiterbewegung ein, nur auf die Geschichte dieser
in Österreich nach 1945.
Da gab es 1947 im
Herbst eine von Kommunisten organisierte antisemitische Demonstration gegen
jüdische Flüchtlinge in Bad Ischl (1). Da erklärte Staatskanzler Dr. Karl
Renner (SPÖ) in einer Kabinettsratssitzung vom 29. August 1945: "Ich finde,
dass wir in Bezug auf die Behandlung des Naziproblems in eine kritische
Situation kommen.... aber die Sache ist nach meinem Gefühl doch so, dass
alle diese kleinen Beamten, diese kleinen Bürger und Geschäftsleute bei dem
seinerzeitigen Anschluß an die Nazi gar nicht weittragende Absichten gehabt
haben – höchstens, dass man den Juden etwas tut – vor allem aber nicht daran
gedacht haben, einen Weltkrieg zu provozieren."(2) Ganz zu schweigen von der
bekannten Erklärung des damaligen Innenministers Oskar Helmer (SPÖ) zur
Entschädigung der Juden, die auch im Titel von Knights Dokumentation erwähnt
wird. Es wurde auch nicht bekannt, dass in der SPÖ ein Sturm der Entrüstung
stattgefunden hätte, als Bruno Kreisky und seine Anhänger ein Kesseltreiben
gegen Simon Wiesenthal betrieben.
Ein Blick in die
"Volksstimme" der Jahre 1951-53 und man findet dort in Bezug auf den
Slansky-Prozess in der CSSR und die Ärzteaffäre in der UdSSR massive
antisemitische Hetze, die allerdings als "antizionistisch" maskiert wurde.
Es ist mir nicht bekannt, dass deswegen die KPÖ von vielen Mitgliedern
verlassen worden wäre.
Und nun zu den
allerletzten Behauptungen von "Walter Stern":
"Terror wird von beiden Seiten eingesetzt"
Wir haben noch nie
gehört, dass jüdische Selbstmordattentäter in palästinensische Gebiete
gegangen wären, um sich dort unter Zivilisten zu sprengen, mit dem Ziel
soviel als möglich Zivilisten zu töten.
Abgesehen davon, wer
sich mit der Geschichte des palästinensischen Terrors auseinandergesetzt hat
(Der Akin-Schreiber hat das offensichtlich nicht getan) wird wissen, dass
wann immer Friedensinitiativen von Israel kommen oder es in Israel Wahlen
gibt und die "Gefahr" eines linken Sieges droht, der palästinensische Terror
stärker eingesetzt wird. Terrorismus wird eingesetzt um jede Bewegung zum
Frieden und einer Zwei-Staaten Lösung zu verhindern. Am Tag als Mahmud Abbas
als Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) vereidigt
wurde und ein paar Stunden bevor das road-map Programm bekannt gemacht
wurde, hat ein Selbstmörder eine tödliche Explosion bei einem Kaffeehaus in
der Nähe der USA-Botschaft in Tel Aviv durchgeführt.
Wenn "Walter Stern" mit
den verschiedenen Opferzahlen argumentiert, dann muss ihm entgegnet werden,
dass es ja nicht wegen palästinensischem Humanismus zu weniger jüdischen als
palästinensischen Opfer kommt. Wenn es nach den palästinensischen Führern
1948 gegangen wäre, dann hätte kein Jude den Krieg überlebt. Das gleiche
gilt auch für 1967.
Es geht einfach nicht
an, zu vergessen, wie es zu diesen Kriegen gekommen ist.
Wenn während der
letzten Jahre die Zahl der palästinensischen Opfer höher ist, dann hat es
nicht damit zu tun, dass die Terroristen sich eingebremst hätten, sondern
damit, dass viele ihrer Aktionen – leider nicht alle – von den israelischen
Sicherheitsbehörden verhindert worden sind. Das aber ist nicht den
Terroristen gutzuschreiben. Außerdem zählen die Palästinenser beispielsweise
auch die Selbstmordattentäter zu den Opfern.
Tatsächlich
unterscheidet "Walter Stern" nicht zwischen gegen Zivilisten gerichteten
Terror, dessen Ziel es ist ein Maximum an Zivilisten zu töten, und den
Reaktionen des Militärs, das gegen die Täter gerichtet ist.
Die Hintermänner der
Terroristen, die niemals ihre eigenen Söhne und Töchter für solch eine
Aktion einsetzen, spekulieren natürlich auf eine israelische Überreaktion.
Das war Arafats Überlegung als er die Offerten von Barak-Clinton in Camp
David und Taba 2000-2001 ablehnte. Die Weltöffentlichkeit begann sich wegen
der Ablehnung durch Arafat gegen diesen zu wenden. Das sollte sich nach der
israelischen Antwort auf den Selbstmordterror bald wandeln.
Einige palästinensische
Politiker und Hamas möchten mit Absicht die israelischen Wähler nach rechts
drängen. Sharon erhielt von diesen Palästinensern kostbare Wahlhilfe. Das
dritte Ziel des Selbstmordterrors ist, Israel Angst und Schrecken
einzujagen, dass es zur Kapitulation treibt. Der Terror befriedigt auch die
arabischen Massen, die bereits in den Schulen, in den Moscheen und Medien
gelernt haben, dass das Töten von Juden religiöse Pflicht sei.
Freilich sollte Israel
immer mit Bedacht auf Terroraktionen und zurückhaltend antworten. Doch es
ist ein Kardinalfehler anzunehmen, das würde den palästinensischen Terror
reduzieren.
Shimon Peres wollte die
Politik Jizchak Rabins fortsetzen, doch die PA und die mit ihr verbündeten
Terroristen (wie auch einige hiesiger Freunde der Palästinenser) erklärten,
dass es zwischen Sharon und Peres keinen Unterschied gäbe. Auch das muss
festgehalten werden, wenn Rabin als Beispiel hingestellt wird. Gerade zur
Wahl 1996 wurde eine Terrorwelle lanciert, damals wurde Netanjahu gewählt.
Das sollte sich bei den letzten Wahlen wiederholen, als Sharon die Wahlen
gewann und Barak gehen musste.
Wenn es wirklich zu
einer Vereinbarung zwischen Israel und Palästinensern kommen soll, dann
müssten diese sofort jede antijüdische Hetze in ihren Schulen, Moscheen und
Medien abstellen und zwar nicht nur aus moralischen Gründen, sondern weil
diese auch den friedfertigsten Israeli (Ausnahme sind ein paar "hinaus mit
uns" Israelis zu denen auch einige kleine antizionistische orthodoxe Gruppen
gehören, siehe auch Anmerkung 3) nicht überzeugen können, dass
Kompromisse lohnen.
* Akin-Pressedienst
11-03-2004
Anmerkungen:
1) "Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen" Wortprotokolle der
österreichischen Bundesregierung von 1945-52 über die Entschädigung der
Juden, Hgb. Robert Knight, 1988, S. 179.
2) Ibid, S. 114.
3) Ein solcher ist auch der angebliche orthodoxe Oberrabbiner
Moishe Arye Friedman, der Liebling der
rechtsextremen Wochenzeitung "Zur Zeit", der die Zionisten beschuldigt, sie
wären für den Holocaust verantwortlich.
hagalil.com
11-03-2004 |