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Auf dem Klageweg

Die "Bund der Vertriebenen"-Vorsitzende Erika Steinbach klagt gegen taz-Korrespondentin Gabriele Lesser. Und macht sich damit noch unbeliebter.

VON CHRISTIAN SEMLER

Gabriele Lesser, Korrespondentin der taz und einer Reihe von Regionalzeitungen in Warschau, ist eine streitbare Kollegin. Sie hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass das vom Bund der Vertriebenen (BdV) in Berlin geplante Zentrum gegen Vertreibungen ein politisch schädliches, wissenschaftlich zweifelhaftes und moralisch einseitiges Unternehmen darstellt. Und sie hat diese Auffassung mit guten Gründen untermauert.

Erika Steinbach, Vorsitzende des BdV, passen dergleichen Urteile nicht, weshalb sie eine Korrespondenz Lessers in den Kieler Nachrichten zum Anlass nahm, ein juristisches Exempel zu statuieren. Ihr Klagebegehren auf Unterlassung richtet sich gegen drei Sätze in Lessers Text, der Streitwert ist auf 60.000 Euro hochgeschraubt, wobei die Absicht offenkundig ist, sich das Fehlen einer mächtigen, für Lesser einstehenden Verlagsgruppe zunutze zu machen.

Worum geht es bei der politischen Substanz von Lessers Korrespondenz? Erstens darum, dass der BdV gerne die Anerkennung von Schadenersatzansprüchen der Vertriebenen zur Voraussetzung des EU-Beitritts Polens gemacht hätte und auch nach dem Beitritt Polens zum Schaden des deutsch-polnischen Verhältnisses solche Ansprüche weiter verfolgen wird. Zweitens, dass der BdV Gesten der Versöhnung wie das Wort der polnischen Bischöfe "Wir vergeben und bitten um Vergebung" von 1965 nicht beantwortete, die ausgestreckte Hand nicht ergriff. Drittens, dass das Projekt des Zentrums gegen Vertreibungen im Zusammenhang mit dem Mahnmal für die ermordeten Juden Europas entwickelt wurde. Die beiden ersten Thesen sind zeitgeschichtlich unstreitig, die dritte ergibt sich aus der vom BdV selbst vorgebrachten Argumentation.

Statt einer Auseinandersetzung um den Kern von Lessers Thesen zieht Steinbach den Klageweg vor, um unter Hinweis auf angeblich falsche oder falsch zusammengefasste Zitate die Glaubwürdigkeit von Lesser zu erschüttern. Nur ein Beispiel aus der Klageschrift: Es wird moniert, Lesser habe, Steinbach zitierend, von "westlichen" Werten gesprochen, denen Polen im Bezug auf die deutschen Vertriebenen folgen müsse, statt von den Menschenrechten, wie es im Orginal heiße. Dabei hatte Gabriele Lesser referierend "westliche Werte" in Anführungsstriche gesetzt, um einen gebräuchlichen Begriff zu kennzeichnen. Sie hat damit Steinbachs Argumentation wahrheitsgemäß zusammengefasst. Die ganze Klageschrift stellt nichts als den Versuch dar, mittels solcher Finessen die politische Argumentation Lessers unglaubwürdig zu machen.

Die Reaktion in Polen auf die Anschuldigung war heftig, zahlreiche prominente Politiker und Publizisten eilten in der katholisch-progressiven Zeitschrift Tygodnik Powszechny herbei, um Lesser in einer gemeinsamen Erklärung zu unterstützen. Sie forderten Steinbach auf, auch sie zu verklagen, weil sie sich mit Gabriele Lessers Auffassungen identifizierten. Dieser Schritt ist bermerkenswert, denn Lesser hat mehrfach nicht mit Kritik an nationalistischen Ausbrüchen in der polnischen Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem "Zentrum gegen Vertreibungen" gespart. Die eindrucksvolle Solidarisierung zeigt, dass die Klage Steinbachs als politisches Indiz für eine generelle Konfrontationspolitik gegenüber Polen genommen wird, nicht zuletzt seitens der CDU, auf der in Polen große Hoffnungen ruhen. Deren Vorsitzende hat sich jüngst entschieden hinter Steinbachs Zentrumsprojekt gestellt.

taz Nr. 7288 vom 19.2.2004, Seite 14, 117 TAZ-Bericht CHRISTIAN SEMLER, in taz-Frankfurt, -Köln, -NRW, -Ruhr S.18

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haGalil onLine 20-02-2004

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