Jamal Karsli:
Ein latenter Antisemit schrieb ein Buch
Von Max Brym
Jamal Karsli
ist immer noch Landtagsabgeordneter in NRW. Im Jahr 2002 wurde dieser Herr
durch antisemitische Ausfälle populär. In seinen bekannten Stellungnahmen
kritisierte er nicht bestimmte Maßnahmen der israelischen Staatsmacht,
sondern unterstellte Israel, "Nazimethoden" anzuwenden. Diese ungeheuerliche
Verharmlosung des Hitlerfaschismus führte ihn im Jahr 2002 an die Seite von
Jürgen Möllemann. Karsli gab daraufhin ein kurzes Gastspiel in der FDP.
Damals gab er
der rechtsradikalen "Jungen Freiheit" ein Interview, indem er erklärte: "Die
zionistische Lobby hat den größten Teil der Medienmacht in der Welt inne und
kann jede noch so bedeutende Persönlichkeit klein kriegen. Denken Sie nur an
Präsident Clinton und die Monika- Lewinsky- Affäre". Der
Argumentationsstrang war auf der intellektuellen Höhe Alfred Rosenbergs
angelangt. Karsli behauptete, dass die Welt von einer zionistischen
(jüdischen) Lobby regiert wird, der keine Tricks zu schmutzig sind, um ihr
Weltregime durchzusetzen. Im Herbst 2003 veröffentlichte Karsli ein Buch mit
dem Titel: "Maulkorb für Deutschland".
"Ein Held
kämpft für die Freiheit"
Das Buch ist ein
einziger Lobgesang auf den Autor selbst, der "tapfer" das politische
Testament Jürgen Möllemanns erfüllt. Sein Kampf richtet sich gegen eine
"allmächtige zionistische Lobby", die angeblich in Deutschland die
Meinungsfreiheit unterdrückt. In dem Büchlein wird der Eindruck erweckt, als
ob Michel Friedman und Paul Spiegel die eigentlichen Machthaber in
Deutschland seien, dagegen scheinen die Bundesregierung und die Deutsche
Bank politische Zwerge zu sein. Über Israel könne man in Deutschland
angeblich nicht frei diskutieren, ist die politische Message von Karsli. Der
Autor zitiert laufend Stimmen aus dem politischen Establishment, die sich
über Israel ähnlich wie Herr Karsli äußerten. Der "Zeit" Mitherausgeber
Helmut Schmidt (Ex- Bundeskanzler) verteidigte im Jahr 2002 Karsli, und Ex-
Arbeitsminister Blüm setzte die israelische Politik mit dem Naziregime
gleich. Blüm sprach in einem Sterninterview im Jahr 2002 von einem
"israelischen Vernichtungskrieg" und leistete damit einen "würdevollen
Beitrag" zur Rehabilitierung des Nazismus, denn der Begriff
"Vernichtungskrieg" ist zurecht bis dato der nazistischen Kriegsführung in
Osteuropa vorbehalten.
Amüsanterweise
belegt Karsli in seinem Buch laufend selbst, wie abstrus seine Thesen
sind. Er zitiert alle möglichen Quellen und Politiker, die seine Meinung
teilen. Diesen Leuten sind entgegen anders lautender Gerüchte keine
"zionistischen Killerbanden" auf den Fersen. Karsli belegt in seinem
Büchlein ausgezeichnet, wie weit der Antisemitismus in der Mitte der
bundesdeutschen Gesellschaft angekommen ist. Er zitiert zustimmende
Artikulationen zu seinen Positionen aus dem Handelsblatt, der FAZ, aber auch
aus dem Internetorgan Kalaschnikow. Seitenlang druckt Karsli einen Artikel
des angeblich linken RA Dieter Elken aus Berlin ab, in dem Herr Elken
Möllemann in Schutz nimmt und die Möllemannsche These: "Niemand fördert den
Antisemitismus so wie Herr Friedman und Herr Sharon" verteidigt. Dass der
Antisemitismus ein Wahngebilde auf selbständiger Basis ist, ist weder den
Herrn Karsli, Elken oder Blüm geläufig. Nach Jamal Karsli gibt es gar keinen
Antisemitismus.
Karsli, der
"Rassenbiologe"
Herr Karsli
erläutert bereits im Vorwort, dass sein Sohn Sami heißt, was soviel bedeutet
wie Semit. Demzufolge schlußfolgert Karsli: "Ich kann gar kein Antisemit
sein, denn ich bin Semit". Im Buch zitiert er aus einer Enzyklopädie, um den
Nachweis zu führen, "dass es zwar keine reinen Rassen mehr gebe, aber Herr
Sharon und Herr Friedman sind mit Sicherheit keine Semiten". Karsli betreibt
ganz im nazistischen Stil Blut und Ahnenforschung. Die politische
Begrifflichkeit Antisemitismus leitet er nicht von seiner konkreten
Entstehung im vorletzten Jahrhundert ab, sondern er vertritt im
"rassenbiologischen Diskurs" eine etwas andere Gewichtung. In Wahrheit ist
Karsli ein übler Trickser, der Juden mit allen Elementen des Antisemitismus
angreift, ohne das Ganze antisemitisch zu nennen.
Karsli und
die USA
Am Anfang des
Buches gesteht Karsli noch kleinlaut ein, "dass er in der Debatte im Jahr
2002 nicht immer die richtige Wortwahl hatte". In seinem aktuellen Pamphlet
läßt er sich jedoch sehr deutlich aus. So behauptet er, dass in den USA die
"US- Israelis" die Macht hätten, seitenlang betreibt er Ahnenforschung bei
US Politikern, um den Beleg dafür zu liefern. Sowohl bei den Demokraten wie
bei den Republikanern ziehen "US- Israelis" die Fäden. Mit keinem Wort
versucht Karsli, die US Politik auf der Basis ihrer ökonomischen Probleme
und Interessen zu erklären. Nicht das doppelte Leistungsbilanzdefizit der
USA belastet Karsli in seiner "Untersuchung", sondern immer nur der ach so
mächtige Zionist (sprich Jude). Die Kernaussage seines Buches ist, sowohl in
den USA wie auch in Deutschland hätten Juden die Macht. Diese eingebildete
Macht geht von haGalil onLine über Friedman zu Paul Wolfowitz. Nachdem der
"Held" Karsli diesen Nachweis führte, distanziert er sich vom historischen
Judenhass, "denn damals hätten die Juden keine Macht gehabt".
Da hätten ihm
die Herrn Richard Wagner, Schönerer, Henry Ford und Hitler entschieden
widersprochen. Der Antisemit sah sich immer als unschuldiges Hascherl, der
einen heldenmütigen Abwehrkampf gegen die "jüdisch bolschewistisch
plutokratische Weltverschwörung" führt. Für den Antisemiten, der nicht
versucht, sich ein modisches Mäntelchen umzuhängen, waren die Trotzki und
Rothschild eine existentielle Bedrohung. Heute ist für Karsli Sharon der
Weltbösewicht, er wäre es für Karsli aber auch, wie für jeden Antisemiten,
wenn Sharon kein rechter Likud Politiker, sondern Kommunist wäre.
Mißbrauch und
Tricksereien im Buch
Jamal Karsli
versucht in seinem Buch, einige israelische Liberale und Linke für sich zu
vereinnahmen. Er druckt Aussagen von Uri Avnery oder von Moshe Zuckermann
ab, um für seine Position zu werben. Das Kirchenlicht Karsli bemerkt dabei
nicht, dass sowohl Avnery wie auch Moshe Zuckermann sich klar gegen die
antisemitische Kampagne von Möllemann und seiner selbst wandten. Dennoch
druckt er ihre Aussagen ab und versucht, aus der Kritik an der israelischen
Staatspolitik zu profitieren.
Das sind üble
Machenschaften, die auf den schwachen Verstand bestimmter Leser setzen.
Anders liegt der Fall bei einer Frau Felicia Langer, die das Buch des Herrn
Karsli wärmstens empfiehlt. Natürlich darf der in rechten Kreisen beliebte
Shraga Elam aus Zürich nicht fehlen, letzterer ist ein erklärter Karsli
Freund und verteidigte ihn bereits im Jahr 2002, nebenbei setzt sich Elam
für die Freiheit "Geschichtsrevisionistischer Literatur" ein. Demzufolge für
Literatur, in der die Shoa geleugnet und die Opfer verhöhnt werden.
hagalil.com
25-02-2004 |